Erstellt am: 28. 2. 2009 - 11:12 Uhr
Vorbildhafter Klamauk
Als der Chef des Wiener Filmmuseums, Alexander Horwath, im Fernsehen die Oscars kommentierte, betonte er immer wieder einen wichtigen Punkt. Dass nämlich das amerikanische Comedykino von den Kritikern viel zu wenig beachtet und geschätzt wird.
Dabei, meinte Horwath sinngemäß, befindet sich dieses Kino seit Jahren auf einem Höhenflug und sorgt für Filme, die den Mainstream oft radikaler unterwandern als viele bemüht seriöse Arbeiten.
Der Mann hat Recht. Wie auch an dieser Stelle immer wieder bemerkt, liefert zum einen das Fratpack rund um "Saturday-Nightlife"-Veteranen wie Will Ferrell, Ben Stiller oder Jack Black regelmäßig kleine Filmwunder, die für volle Kinokassen sorgen, aber auch den American Way Of Life bissig karikieren.
Zuletzt machten aber vor allem Seth Rogen, Jason Segel, Jonah Hill und die anderen begnadeten Bruhaha-Shootingstars aus dem Umfeld des Produzentengurus Judd Apatow von sich reden.
Deren Filme wie "Knocked Up", "Superbad" und vor allem mein Favorit "Forgetting Sarah Marschall" können fast alles: brutal derb unterhalten, bis zur Heulgrenze berühren (wenn man so nah am Wasser gebaut ist wie meine Wenigkeit) und gleichzeitig von der tristen Internetporno-Junkfood-McJob-Realität erzählen.
Warner Bros
Paul Rudd, bei uns noch ein unbeschriebenes Blatt, ist einer, der immer wieder in den Filmen der erwähnten Posses auftaucht: als schnauzbärtiger Machoposer in "Anchorman" zum Beispiel, als zynischer Yuppie in "Knocked Up" oder als bedröhnter Surferdude in "Sarah Marshall", alles unvergessliche Nebenrollen.
Jetzt steht der Vierzigjährige endlich im Mittelpunkt eines Films. In "Role Models" (bei uns: "Vorbilder") spielt Rudd einen Typen, den die Midlife-Crisis ganz fatal erwischt hat. Zurecht, denn Danny steckt wirklich in der Sackgasse. Beruflich fährt er mit seinem dumpfen Partner Wheeler (der eher dubiose, aber hier passend eingesetzte Seann William Scott) mit einem Minotaurus-Monster-Truck herum und preist in Schulen einen giftgrünen Energydrink an.
Das kann doch nicht alles sein, denkt sich Danny, nachdem auch seine Beziehung in die Brüche geht, und dreht eines Tages durch. Das Ergebnis des Amoklaufs: Er und Wheeler werden vom Gericht zu mehrwöchiger Sozialarbeit verdonnert.
Der frustrierte Misanthrop und sein Sexprotz-Kumpel müssen sich um benachteiligte Kinder kümmern. Und dabei stoßen sie bald an ihre Grenzen.
Wheeler bekommt einen kleinen afroamerikanischen Buben zugeteilt, der viel zu verdorben für sein Alter ist. Danny muss sich dagegen mit dem extrem nerdigen Augie (beklemmend echt: Christopher Mintz-Plasse) rumschlagen, einem Spezialisten für Rollenspiele.
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"Role Models" - der Originaltitel dieses Films spielt nicht nur auf die Vorbildfunktion der beiden Protagonisten an. Es geht in diesem höchst komischen Werk auch um die fremde und seltsame Welt der Rollenspiele.
Ausgerechnet der ultrazynische Danny, den Paul Rudd bewusst zurückhaltend anlegt, findet sich auf einem Spielplatz wieder, wo echte und ewige Kinder in infantile Fantasy-Kostüme schlüpfen, Burgfräulein und Ritter mimen und einen verkorksten König anhimmeln, der mit seinen Anhängern im Fastfoodladen residiert. Ich kenne mich nicht aus in diesem Universum, vermute aber, dass auch die heimischen Wälder voll mit falschen Elfen und Zauberern sind.
Natürlich gibt der Film die Rollenspieler anfänglich komplett der Lächerlichkeit preis, dabei sehr präzise und fast dokumentarisch genau beobachtend. Und klar zielen auch im Verhältnis von Wheeler und seinem Mini-Gangsta-Rapper etliche Gags auf den billigen Collegeboy-Humor.
Aber wenn ich sage, dass sich "Role Models" letztlich zu einem Pamphlet für Eigensinn und Versponnenheit wandelt und Danny an der Seite seines Schützlings Augie kämpft, verrate ich nicht zuviel. Denn genau diese Mischung aus XXX-rated Witzen, ernst zu nehmender Parteinahme für Außenseiter und echtem Humanismus macht die Größe des zeitgenössischen US-Comedykinos aus.
Dass ich eindringlich die Originalfassung empfehle, versteht sich auch von selbst.
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