Erstellt am: 24. 2. 2009 - 16:51 Uhr
Irland und das Filesharing
Interview vom Februar 2008 mit Rasmus Fleischer, einer der Gründer von The Pirate Bay
Quer durch Europa haben Industrie-Lobbies in den letzten Jahren versucht, Internet-Serviceprovider zum Sperren von BitTorrent-Trackern zu zwingen. Eircom ist jetzt die erste Firma, die dem Druck nachgibt. Die Musikindustrie hatte den irischen Telefon- und Breitband-Provider geklagt, um die Sperre von The Pirate Bay zu erzwingen. Geeinigt hat man sich nach einigen Tagen außergerichtlich: Falls das irische Gericht demnächst eine Sperre von Piratebay für gerechtfertigt hält und mittels "Court Order" verfügt, wird der Provider keinen Einspruch erheben. Die zuvor eingebrachte Klage gegen Eircom ist damit vom Tisch. Viele Kunden aber sind erbost und protestieren. Verständnis dafür hat Max Lalouschek, Gründer der Piratenpartei Österreichs, die lose mit schwedischen Internetaktivisten aus dem Pirate-Bay-Umfeld zusammenarbeitet. Lalouschek: "Es wird jetzt darauf ankommen, wie die anderen Provider in Irland reagieren. Wenn sie nämlich sagen 'Nein, wir beugen uns dem nicht', dann wird sich wieder einmal zeigen, dass solche Internetbockaden nur User vetreiben."

Radio FM4
Three Strikes Out
Bei Eircom beschwichtigt man heute angesichts der Proteste: Derzeit sei die Website The Pirate Bay ohnehin noch verfügbar. Dem eventuellen Court Order eines irischen Gerichts werde man sich aber widerspruchslos beugen. Der Grund: Mit einer gewöhnlichen Suchmaschine wie Google könne man Piratebay nicht vergleichen, es sei klar, worum es sich bei The Pirate Bay handle.
Die außergerichtliche Einigung Eircoms mit den Plattenfirmen ist allerdings nicht die erste Forderung der Unterhaltungslobby, der sich der irische Provider beugen möchte: Schon vor Wochen hat die Firma sich dazu bekannt, in Zukunft auch die Internet-Anschlüsse von Usern sperren zu wollen, wenn sie drei Urheberrechtsverletzungen begangen haben - wobei nicht ganz klar ist, ob es sich dabei um Uploads oder Downloads handeln soll, jedenfalls aber sollen die Eircom-User vom eigenen Provider mittels Software, die Filesharing-Aktivitäten erkennen kann, bespitzelt werden. "Three Strikes Out" heißt das höchst umstrittene Vorhaben. Max Lalouschek: "Internetuser grundlegend von der Verbindung zu trennen, ist ein so gravierender Einschnitt, dass die Politik hier Einhalt gebieten muss."
Fast wirkt das Verhalten der irischen Plattenindustrie so, als wäre man durch das wiederholte Nachgeben Eircoms auf den Geschmack gekommen: In einem Schreiben fordert die Musiklobby jetzt nämlich auch alle anderen irischen Internet-Serviceprovider auf, den Zugang zur Website The Piratebay widerspruchlos zu sperren: Außerdem möge man auch die "Three Strikes Out" Regelung einführen.
Max Lalouschek empfiehlt Usern, gegen solche Pläne energisch Stellung zu beziehen: "Es ist sehr wichtig, dass man direkt an den Provider schreibt und seinen Unmut kundtut. Es gab ähnliche Fälle bereits in den USA, zum Beispiel bei Comcast. Wenn genügend Kunden schreiben, dass sie strikt gegen jegliche Sperre von Inhalten sind, hilft das."
Auch in Schweden, dem Herkunftsland von The Pirate Bay, wird demonstriert für freien Datenverkehr und gegen Internetzensur. Ort der Demo ist die Straße vor dem Gericht, in dem gerade die Gründer von The Pirate Bay auf der Anklagebank sitzen. Kläger sind Dutzende Plattenfirmen, Spielehersteller und Filmfirmen, die Anklage lautet auf Anstiftung zur Urheberrechtsverletzung. Der politische Arm der schwedischen Suchmaschinenbetreiber aber kandidiert heuer bei den Europawahlen. Die österreichische Schwesterpartei PPÖ, 2006 gegründet, kandidiert hingegen nicht. Max Lalouschek: "Wir beobachten, wie sich die Lage entwickelt. Wir hoffen, dass der schwedische The Pirate Bay-Prozess und die Europawahlen, wo die schwedische und etwa auch die deutsche Piratenpartei kandidieren, mehr Aufmerksamkeit auf die Thematik lenken - dann können wir in Österreich vielleicht mit mehr Leuten etwas tun."
Wir werden in wenigen Wochen sehen, wie sich die Situation für irische Internetuser weiterentwickelt - und nächsten Mittwoch ist mit einem Ergebnis im schwedischen Pirate-Bay-Prozess zu rechnen. Erleben wir gerade das Ende des freien Internetzugangs in Europa, oder handelt es sich um sinnvolle Maßnahmen gegen Diebstahl geistigen Eigentums? Das Forum ist eröffnet.