Erstellt am: 21. 2. 2009 - 15:36 Uhr
Bärte!
Vor etwa drei Jahren tauchten sie zum ersten Mal in der Berliner Ausgehgesellschaft auf: Bärte. Lange, fusselige Vollbärte sah man vor allem bei den aus Nordeuropa und den Vereinigten Staaten zugereisten und dem Genre Weird Folk oder Antifolk angehörigen Neuberlinern. Nach einiger Zeit ebbte die Weird-Folk- und Bartmode wieder ab, fast hätte man diese Modeverirrung vergessen. Aber Ende Januar sah man auf der Berliner "Fashion Week" blutjunge, männliche Models entweder mit hingestylten "out-of bed"-Deppenfrisuren oder mühsam hochgezüchteten 14-Tage-Bärten. Zuvor schon hatte man auf der Transmediale vermehrt medienkunstinteressierte Fusselbärte aus dem Mittelmeer- und transatlantischen Raum getroffen und jetzt hat Joaquin Phoenix auf der Berlinale mit wildem Bartwuchs schockiert.

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Bei Phoenix ist der Fall eindeutig: Männliche Sinnkrise, er hat genug vom Showbiz und will Rap-Musiker werden. Aber Männer lassen nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch in Phasen konzentrierter Produktion die Gesichtshaare gern einmal sprießen, das zeigt dann, wie engagiert sie bei der Sache sind. Bei Jungsbands im Studio kann der Bartwuchs so zur kollektiven Erfahrung werden. Im männlichen Bekanntenkreis wird das Phänomen so erklärt:
Der junge Mann will grundsätzlich erfahrener und älter wirken und tappt so in die Bartfalle. Der über 35-Jährige wiederum nutzt die Gesichtsfrisur um jünger zu wirken, weil altersbedingte Hautveränderungen durch den Bart kaschiert werden können.

Fleetfoxes

Devendra Banhart
Vielleicht wollen auch allzu harmlose Jungs mit Hilfe des Vollbarts Gefährlichkeit vortäuschen und eignen sich unbewusst die Medienbilder des islamischen Fundamentalisten an? Auch das bekannte Shanty "Alle die mit uns auf Kapernfahrt gehen, das müssen Männer mit Bärten sein" deutet in diese Richtung. Das Faszinierende an der Vollbartmode ist, dass 25-Jährige damit wie 50 aussehen.
Deshalb ein Appell an alle jungen Bartträger:
Das Leben ist kurz, kann aber gleichzeitig auch sehr lange sein. Wer das Glück hat alt zu werden wird die überwiegende Lebenszeit nicht besonders jung aussehen. Warum sich also in den kurzen Jahren der Jugend künstlich alt machen?