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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

19. 2. 2009 - 20:37

Journal '09: 19.2.

Her mit der Schanze! Und her mit dem Lady-Bonus!

Heute begann die Nordische Ski-WM in Liberec - mit Wetterproblemen und demzufolge leider keinem Resultat im ersten Bewerb von Interesse. Und auch hier ist das (das Interesse, das der österreichischen Öffentlichkeit, das ziemlich exakt meinem entspricht, soviel Normalität, ein Wahnsinn oder?) mit den Disziplinen gekoppelt, bei denen Landsmenschen mitlaufen oder -hüpfen.
Heute wäre das einer der Bewerbe in der nordischen Kombination gewesen, die ja in der Post-Gottwald-Phase sowohl mit Alt (Mario Stecher, der sentimentale Favorit, ist wieder in Form) als auch Neu (Bieler, Gruber...) gut besetzt ist - aber ich will niemanden mit allzu amateurhaften Fan-Einschätzungen belästigen...

Wichtiger wäre auch morgen: da wird nämlich eine der letzten Barrieren der Gleichbehandlungs-Widerständler geknackt - man ermittelt die erste Skispringer-Weltmeisterin (so es Wind und Wetter zulassen). In einer Phase des gesellschaftlich ein wenig widersinnigen Backlashs (der dazu führt, dass man z.B. in männlich dominierten Sportangeboten keine Lock-Tarife für Frauen setzen darf - der Kurier nennt es den Lady-Bonus) ist das umso wichtiger.

Gleichbehandlung in der sportlichen Praxis

Die Skispringerin Daniela Iraschko

APA/Barbara Gindl

Und der Bewerb erfolgt auch ohne die im machoiden Skisport übliche Begleitmusik, das aus den Untiefenwitzen der sogenannten Volksmusik importierte depperte Gerede, das dieser Tage als "Witz" im Villacher Fasching verkleidet sein Zusatzunwesen treibt.
Was einerseits mit einem besonnenen Direktor wie Toni Innauer, andererseits aber auch der guten sportlichen Position der österreichischen Starterinnen zu tun hat.
Die eine, Daniela Iraschko, hat nicht nur stündlich andere bunte Haare, sondern auch die beiden letzten Damen-Springen gewonnen und gilt als eine der vier Favoritinnen, die andere, Jacqueline "Jaci" Seifriedsberger, ist als Junioren-Weltmeisterin eventuell für eine Überraschung gut.

Sportlerinnen wie diese, die hochgewitzten Buben-Kollegen wie Schlierenzaurer und Co, sprech-, denk- und reflektionsgewandte Figuren wie Wolfgang Loitzl und die entsprechenden Coaches und Funktionäre sorgen dann auch dafür, dass der nordische Skisport einfach um Eckhäuser sympathischer und g'scheiter daherkommt, als der immer deutlich angeberischere und verkrampftere Alpin-Sport.
Dort dominieren die Selbstzerfleischer à la Maier, die immer verkniffenen Gesichter von Raich und Walchhofer, dahinter anstrengende Ehrgeizler der Marke Schröcksnadel - hier hat man immer das Gefühl einer schlauen und schlagfertigen Buben-Bande bei ihren Streichen zuzuschauen - und jetzt lassen sie auch noch die Mädchen dazu, was Besseres kann gar nicht passieren.

Skispringer als reine Sympathler

Das hat alles mit der Entwicklungs-Erfolgsgeschichte des Sprungsports in den 70ern zu tun, als ein paar Tüftler aus dem Umfeld des Schigymnasiums Stams sich daran machten neue Trainingslehren und - methoden zu entwickeln und danach trachteten die klassisch dominanten Nationen dort (also im Systemischen) und in der Psychologie zu überholen.
Etwas, was der Alpinskisport bereits länger betrieb (weshalb es nicht diesen Post-Hippie-Spirit der Jünger von Baldur Preiml hat, von dem Innauer und seine Jünger heute noch zehren), etwas, was der leider von zu vielen Dummköpfen durchwachsene Fußball-Sport nicht und nicht begreifen mag.

Während also im tschechischen Liberec die Springer, die ebenso gut, sorg- und behutsam aufgebauten Kombinierer und auch die von den Wirrungen der Turiner Nachwehen gebeutelten Langläufer (die später einmal eine eigene Betrachtung wert sind) sowie jetzt eben auch die Springerinnen auf ihren Einsatz warten und sich sicher sein können, dass sie von allen, die ihnen zusehen, geliebt werden, wurscht wieviele Medaillen sie erreichen werden (auch so ein Unterschied zu den Alpinen, die sich die Liebe immer brutal "erarbeiten" müssen), lese ich heute im fernen Wien etwas, was mich kreischen macht.

KREISCHEN!

In der Presse schreibt ein Kolumnist mit dem schönen Namen "Pink" (okay, es steht ein Oliver davor...) heute darüber, dass ihm eigentlich eine Skisprung-Schanze fehlt, in Wien.
Und mich durchzuckt es wie der Blitz: Er hat recht, der Mann! Und jetzt, wo ich es weiß, fehlt sie mir auch!
Her mit der Schanze!
Her mit Schlieri, Wuff, Dani und Jaci! Auch Olli, Romoeren, Schmitt-Martin und Potter-Ammann sollen kommen!

Schließlich steht die vielleicht legendärste Sprungschanze der Welt in Oslo: der Holmenkollen. Und Deutschlands wichtigstes Langlauf-Rennen findet in der Schalke-Arena statt.
Am Schnee mangelt es (wie man merkt) nicht. Ein Plätzchen wird sich schon finden. Und der Publikums-Zuspruch wäre natürlich ein Hit.

Irgendwann während des Überfliegens merke ich, dass Pink diesen Text nicht an einen Mr.President schreibt, sondern ironisch meint. Ironisch. Ha. Ha.
Zudem: ein solches Thema rein ironisch zu verballern, ohne nicht eine kurze Zeit über die Möglichkeit nachzudenken - wie bussibussimäßig ist das denn? Ein Pausengag für den Opernball?

Ich denke, dass zwei, drei kluge Köpfe diesem Gedanken nähertreten und sich mit dem Wiener Bürgermeister (sicherheitshalber auch mit dem NÖ-LH, vielleicht lappt man ja in einen Vorort aus) kurzschließen sollten.
Die Sprungschanze in Wien - her damit!