Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Wir Panelproletarier II"

Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

15. 2. 2009 - 14:00

Wir Panelproletarier II

Drei Kongresse zum Thema "postökonomische Musik" hatte es in kürzester Zeit in Berlin gegeben. Am Wochenende war es bei "audio poverty" noch einmal um Musik und Armut gegangen.

Im Vorfeld hatte Kurator und Musiker Ekkehard Ehlers in einem Spex-Interview für Musik einen Umgang wie mit Kaffee und Gemüse gefordert - "Fair music". Also, nur noch Vinyl beim Plattenhändler um die Ecke, nichts bei Amazon und Co. kaufen.

Auch wenn das ein wenig überzogen scheint, hätte man sich in den Diskussionen der letzten Wochen doch etwas mehr Verständnis für die Musiker gewünscht. Die Querele zwischen Internet-Euphorikern und Digitalisierungsverlierern ist dabei nicht unbedingt ein Generationskonflikt - sondern einer zwischen auch jüngeren Produzenten und durchaus älteren Konsumenten.

Posthumes Mozart-Portrait von Barbara Krafft, 1819

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Einer der ersten freischaffenden Künstler und selber schuld am Ruin: Zuviel Geld für Billard und Klamotten ausgegeben.

Die Konsequenz aus dem unbezahlten Zugang zur Musik ist, dass sich viele Musiker die nächste Produktion nicht mehr leisten können. Von ihrer Musik leben konnten eh die wenigsten, das nebenher Arbeiten ist für uns normal. Die Verarmung der Musiker wird aber zu einer Verarmung der Musik führen: Weg von der Band und der Fülle, hin zum Soloartist bzw Singer/Songwriter-Duo. Der Sound wird weiter in Richtung Home Recording gehen, ein Studio kann sich kaum mehr einer ohne Major-Deal leisten.

Musik machen wird immer mehr ein teures Hobby werden, das sich nur noch die Rich Kids aus den besseren Verhältnissen leisten können. Aber auch die Musikerhoffnung "Kulturflatrate" zeigte sich beim Kongress als zweischneidige Angelegenheit. Schwärmten doch die Tonträgerlobbyisten Dieter Gorny und Marc Chung davon, wie man die Flatrate an Breitbandanbieter koppeln und dann den illegalen Downloadern einfach den Internetzugang abdrehen könnte. Der genauen Abrechnung wegen müsste man halt den allzu strengen Datenschutz lockern. Das kann es aber auch nicht sein.

Die Band Wolf Eyes bei einem Live-Konzert.

myspace.com/therealwolfeyes

Mike Conelly von der Band Wolf Eyes: "Everyone I know who has given their life over to music is certainly living far below the poverty line".

So sind wir Indiemusiker halt: Wir wollen keine Internetspitzelei, wir wollen nicht um staatliche Subventionen betteln, wir wollen aber auch nicht für Jägermeister und andere Gesöffe spielen. Nur jammern, das wollen wir. Und dann wollen wir noch, dass unsere Musik gehört und irgendwie gewertschätzt wird. Und wenn wir schon nicht davon leben können, dann soll sie uns wenigstens so viel einbringen, dass wir weitermachen können. Denn das ist der Unterschied zum Hobbymusiker: Wir können nicht anders. Wir müssen.