Erstellt am: 10. 2. 2009 - 21:27 Uhr
Im Museum
Vor kurzem habe ich bei einer Sonic Youth Geschichte in einem Posting erwähnt, dass ich mal mit Lee Ranaldo in einer Ausstellungsraum eingeschlossen war. Und weil die Phantasie wohl prächtige Blüten hervorzaubern kann, bin ich letzten Samstag bei einer Party nach Details gefragt worden. Eingesperrt im Museum - was da alles passieren kann ...
Täglich könnte man Geschichten davon erzählen, was sage ich, Bücher könnte man füllen.
Sascha Hommer/ Reprodukt
Seit 2007 erscheint "Im Museum" von Sascha Hommer und Jan-Frederik Bandel täglich in der Frankfurter Rundschau.
Im Herbst sind die Zeitungsstrips beim Comicverlag Reprodukt publiziert worden.
Und so ist es auch. Nein, nicht ich erzähle von Lee Ranaldo, sondern der Comiczeichner Sascha Hommer und der Literaturwissenschafter Jan-Frederik Bandel von einem recht eigenwilligen Geschwisterpaar.
Gutsav und Nifi
Ein Junge und ein Mädchen werden versehentlich in ein Museum geschlossen. Der Nachtwärter, auf den sie bereits in der ersten Geschichte treffen, lässt sie nicht raus, weil das gegen seine Dienstvorschrift verstoßen würde. Dienst ist Dienst, Pech ist Pech.
Und so beginnt für die beiden Kinder ein unendliches Abenteuer in einem bizarren Museum. Gustav, ein kleiner rundlicher Bub mit dicker Brille, der ständig seine Hände gelangweilt in den Hosentaschen hat und altkluge Kommentare von sich gibt und Nifi, die pubertierende Schwester, die genervt immer kurz vor dem Schreien ist.
Zeit und Raum spielen für die beiden keine Rolle mehr, sie durchwandern unterschiedlichste Abteilungen in dem Museum, sind einmal in der Hölle, dann wieder auf den Osterinseln und später bei Alice im Wunderland.
Auf ihrer ständigen Suche nach dem Ausgang wundern sie sich oft über komische Ausstellungsexponate, die sie mit gefährlichem Halbwissen herrlich beschreiben - etwa in der Religionsabteilung:
© Sascha Hommer / Reprodukt
© Sascha Hommer / Reprodukt
Für den Zeichner Sascha Hommer wichtig, dass zwei Kinder diese Welt erforschen, sind das doch "Menschen, die ganz naiv erst mal auf die Exponate blicken und das auch ganz naiv und selbstverständlich annehmen, dass die Exponate sich auch verselbständigen, dass sie ein Eigenleben haben, dass die Räume auch keine normalen Museumsräume sind, sondern unendlich weit und Phantasiewelten sich auftun."
© Sascha Hommer / Reprodukt
© Sascha Hommer / Reprodukt
Von Manson zu Sloterdijk
In diese Phantasiewelten treffen die Geschwister aber immer wieder auch auf bekannte Menschenfiguren, wie Fidel Castro, Charles Manson oder Ernst Jünger. Oder auch Kunsttheoretiker und Philosophen wie Peter Waibel, Sloterdijk oder Adorno. "Das alles in Comicform zu machen hat eine gewisse Pointe oder eine Ironie an sich – weil Comics ja derzeit viel stärker in die Museen wandern, weil es so einen Aufwertungsdiskurs gibt, was Comics angeht. Das halt gesagt wird, das ist aber auch Kunst, und wenn es auch Kunst ist, dann muss es auch in Museen hängen. Also damit so ein bisschen umzugehen, das zu Kontextualisieren, das zu Thematisieren, darum geht es in dem Buch." (Sascha Hommer)
© Sascha Hommer / Reprodukt
© Sascha Hommer / Reprodukt
Einfach ist was anderes
Das Herausragende und die Herausforderung ist die Erzählweise - es gibt eine große Fortsetzungsgeschichte, die sich Tag für Tag erweitert - in maximal vier Bildern. Diese müssen natürlich auch in sich eine gewisse Logik haben und funktionieren und sind dabei alles andere als auf plumpe Gags geschrieben.
Nicole Sturz
"Das Prinzip von unseren Strips ist auch so ein bisschen , dass wir aus ganz verschiedenen Musealen Kulturepochen Zitate heranholen. Also Literaturzitate oder auch Zitate, die nur so tun, als seien sie Zitate, die dann ins Leere führen. Also eigentlich muss man unseren Strip enträtseln, deswegen ist er ja auch auf der Rätselseite in der Frankfurter Rundschau. Man muss manche Begriffe googeln, um Scherze verstehen zu können, man muss akzeptieren, dass manche Scherze lediglich auf Unlogik beruhen und das manche Scherze nur so tun, als seien sie Scherze und dass eben viele Hints, die wir einbauen, auf bestehende Kontexte auch ins Leere führen." (Sascha Hommer)
Jajaja, da lachen wir dann doch gerne. Oder eben auch nicht.
© Sascha Hommer / Reprodukt
© Sascha Hommer / Reprodukt
"Beim Igelmord waren offensichtlich wirklich einige Leser empört, die Frankfurter Rundschau sei doch eine Zeitung die sich 'gegen Gewalt' ausspricht.
Als W. Kaninchen dann kurz darauf das 3. Reich verherrlicht, gab es keinen solchen Aufschrei. Ein für alle mal: wenn eine unserer Comicfiguren etwas tut, heißt das nicht zwangsläufig, dass wir dieses Handeln befürworten. Es kann auch sein dass z.B. W. Kaninchen aus inneren Zwängen heraus agiert, was wir nur verhindern könnten, indem wir die Tat verheimlichen, also nicht veröffentlichen. Sollen wir aber lügen? Eben." Soviel von Sascha Hommer zu den LeserInnenreaktionen.
© Sascha Hommer / Reprodukt
© Sascha Hommer / Reprodukt
Haha oder lol. Oder einfach nur nachdenken und sich wundern. Viel mehr muss der gute tägliche Comic gar nicht bieten.