Erstellt am: 3. 2. 2009 - 21:08 Uhr
Digitale Märchen aus Wien
Philipp ist immer da. Das "Elektro Gönner" in Wien Mariahilf ist sein Stammlokal. Kein Wunder: Es ist zehn Meter Luftlinie von seiner Wohnung als auch seinem Arbeitsplatz entfernt.
Anfangs sind die Gespräche mit ihm noch etwas rätselhaft. Philipp ist zuvorkommend, gewissenhaft und strebt nach höchster Präzision in seiner Wortwahl. Worum sich seine vielen Einzelausführungen aber genau drehen, weiß ich zunächst nicht so genau. Eines ist jedoch von Anfang an klar: Ich habe es mit einem ebenso kompetenten wie herzlichen Games-Afficionado zu tun, der gerne spielt als auch verspielte Software entwickelt. Mehrere Treffen später und das lange, interessante Gespräch mit Philipp ist bei einem abendlichen Elektro Gönner-Besuch nicht mehr wegzudenken.

Robert Glashüttner
Weil Philipp Märchen und mysteriöse Dinge liebt, werden Anfang 2008 seine Ausführungen wieder etwas vage. Da komme etwas, da würden Ideen in eine Firma gegossen, deutet er an. Die vielen kleinen Multimedia-Projekte, die Experimente mit interaktiven Inhalten - all das solle schon bald konkretere Form annehmen. Ich verstehe schon wieder nur Bahnhof.
Einige Wochen Kurzschlaf, Schweiß und Euphorie später erfahren die Welt und ich dann, was hinter der Ankündigung steckt: Ein Computerspiel-Startup mit dem Zungenbrecher-Namen "Bobblebrook" - ein Entwicklerstudio für originäre Flash-Games, die im sechs Wochen-Rhythmus veröffentlicht werden sollen.
Philipp und sein partner in crime Markus mieten sich ein gemeinsames Arbeitszimmer und gehen Ende April mit den ersten drei Titeln an den Start: Das zauberhafte Ziegen-Zeitreisenspiel A Good Hunch, das Kreislabyrinth-Game Twizzle und das bereits 2006 entwickelte Luftblasen-Manövrieren namens Drifts.
Besuch bei Bobblebrooks
Die letzten Monate habe ich Philipp nur sporadisch getroffen. Pläne meinerseits, das neue Startup näher unter die Lupe zu nehmen, wurden höflich vertagt. Auf einen Zeitpunkt, wo es mehr zu sagen und zu sehen gibt, hieß es.
Zwei Veröffentlichungen, einige lukrative Auftragsarbeiten und Monate der Einarbeitungszeit später ist es dann aber soweit. Ich treffe die zwei Bobblebrook-Firmengründer auf der Couch in ihrer Spieleecke zum Plausch über den Casual Games-Markt, originäre Spielideen, Produktionszyklen und Lizenzierungen an große Flash-Portale.

Robert Glashüttner
Der erste Hit ist den beiden bereits gelungen: Das brillante Pixel-Dreh-Spielchen mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen "Coign of Vantage" hat sich weitreichend im Web verästelt und herumgesprochen. Sogar die MitarbeiterInnen von renommierten japanischen Games-Entwicklern wie SEGA und Capcom kippen in ihren Mittagspausen darauf hinein, haben Markus und Philipp in ihren Online-Statistiken herausgefunden.
Der Fokus auf neuartige Spielideen und deren liebevolle Umsetzung würde sich langfristig lohnen, beteuern die beiden - das gilt für den schnelllebigen Flash-Markt ebenso wie für große Games-Produktionen. Statt an die virtuellen Türen der bekannten Portale zu klopfen, trommelt Bobblebrook bei einer neuen Veröffentlichung die Community lieber zuerst auf ihrer eigenen Site zusammen und wartet ab, bis die Interessenten von selbst auf sie zukommen. Das klappe bisweilen sehr gut, stellen die Jungunternehmer zufrieden fest.
Starke Konkurrenz
Für eine so junge Firma in einem so dicht umkämpften Markt sind die bisherigen Ergebnisse von Bobblebrook beachtlich. Einige weitere Prototypen werden schon bald als fertige Spiele online gehen, so dass die geplanten ersten zehn Games beim einjährigen Geburtstag der Firma am 1. Mai 2009 tatsächlich verfügbar sein könnten.
Langfristig planen Markus und Philipp den Sprung von kostenfreien, kleinen Flash-Spielen hin zu kommerziellen Titeln, die auch offline gespielt werden können und mehr Umfang bieten. Ob das für das Zwei-Mann-Team dann personell noch handhabbar sein wird, steht in den Sternen. Kleine Experimente, wie etwa Ausflüge auf die hervorragende Spiele-Plattform iPhone, sind aber bereits im Laufen.

Robert Glashüttner
Radiotipp
Heute (Mittwoch, 4. Februar 2009) gibt es in der FM4 Homebase (19-22 Uhr) mehr über Bobblebrook und Casual Games zu hören. Robert Glashüttner hat die zwei Firmengründer in ihrem Arbeitszimmer in Wien Mariahilf besucht, um näheres über ihre Vision und ihr Geschäftsmodell herauszufinden.