Erstellt am: 1. 2. 2009 - 16:08 Uhr
Fußball-Journal '09-2.
In Europa endet das winterliche Transfer-Fenster am 31.1., um Mitternacht.
Eigentlich.
Ein kleines Land leistet Widerstand gegen diesen bürokratischen, wohl von "Brüssel" oder sonstwem angeordeneten Willkür-Akt und verschiebt diese Frist auf den ersten Wochentag, also auf den Tageswechsel Montag/Dienstag (= 2./3.2.).
Es handelt sich dabei, richtig, um Österreich.
Die Bundesliga will damit wohl sicherstellen, dass etwas scheinbar Unplanbares wie ein plötzlich auftauchendes Wochenende kein Hindernis für die heimische Folklore der hysterischen Last-Minute-Transfers darstellt.
Das mit dem Transferschluss
Damit es dabei nicht zu Schwierigkeiten mit dem derlei kontrollierenden Dachverband (in diesem Fall: der FIFA) kommt, baut man vor: "Um Schwierigkeiten bei internationalen Transfers zu vermeiden, wurde den Klubs empfohlen ... Anmeldungen gemäß der FIFA-Bestimmungen bis spätestens 31. Jänner an die Bundesliga zu richten."
Wie jetzt?
Transfers bis in die tiefe Montag-Nacht oder doch - offiziell - bis zum 31.1.?
Denn: ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich bei dieser offiziellen Bundesliga-Empfehlung um die Andeutung handelt, dass man auf sowas wie Rückdatierungen zurückgreifen soll - nein, das ist denkunmöglich...
Willkommen also in Österreichs Fußball-Szene, ihren Schwierigkeiten mit FIFA-Bestimmungen (quasi dem fußballerischen "Brüssel") und ihrem Glauben an die Möglichkeit sich vom globalisierten Markt abzukoppeln.
Willkommen auch bei einer Liga, die keine Wirtschaftskrise braucht, um ihre Abstiegs-Fragen duch Pleiten und Pannen zu lösen: auch die diesbezüglichen Affären sind komplett hausgemacht.
Das mit Kärnten
Der Coach des Bundesligisten Austria Kärnten, Frenk Schinkels, hat es unlängst, in einer Art Hilferuf via Kurier, durchaus auf den Punkt gebracht: Er sieht die Chancen, dass sein Verein die Liga halten kann, drastisch schwinden - und zwar aus wirtschaftlichen, budgettechnischen und infrastrukturellen Gründen.
Schinkels meinte, dass er vor der Saison nicht wissen konnte, dass sich sein Kapitän Adam Ledwon umbringen würde, dass sein Mäzen, Jörg Haider, mit Promill-Hilfe in den Tod rasen würde und dass sein Präsident, Mario Canori, die Partei wechsleln würde (der Haider- und BZÖ-Mann widerstand den Verlockungen der Strache-FP ihn zum Spitzenkandidat bei der LT-Wahl zu machen, nicht).
Leider kann man Schinkels nur in zwei Punkten recht geben - einem politisch eingesetzten Statthalter jedoch ist jederzeit alles zuzutrauen - da ist er zu naiv gewesen. Und dass das BZÖ-Land Kärnten einen FP-nahen Verein nicht nähren wird, ist wohl sonnenklar. Der Ruin des Austria Kärnten-Vorgänger-Vereins FC Kärnten (auch einem Konstrukt der Haider-Regierung, ein populistischer Stimmungsbeschaffungsbehelf, der nach ausbleibendem Erfolg ausgehungert wurde) war da ein klarer Fingerzeig.
Das mit Leoben
Eine Liga tiefer erledigt die Finanzkrise einen Verein. Der DSV Leoben, vormals Alpine Donawitz, obersteirische Legende, Heimatverein von Walter Schachner, gibt den Profi-Betrieb auf und steht damit als Absteiger so gut wie fest. Hans Linz, Onkel des eben von Braga zum Zürcher Traditionsverein GC gewechselten Roland bzw. seine, ähm, Finanzberatungsfirma, ist pleite. Und damit fällt der Mann weg, auf den sich der Verein seit Jahrzehnten verlassen hat, finanziell. Linz war eine Heuschrecke, gegen die man deswegen ungern wetterte, weil er seine Gewinne in dieses ehrenhafte Hobby steckte.
Und weil sich in ökonomischen Krisenzeiten niemand findet, der sowas macht, ist's damit jetzt vorbei.
Auch Franz Grad, der seine Pasching-Lizenz an Haider verkauft hat, zieht sich dieser Tage (aus ähnlichen Gründen) komplett zurück. Seine Paschinger waren gut unterwegs in der OÖ-Liga, dort wird jetzt aber ein anderer Verein aufsteigen, auf den man sich jetzt bereits (!) festgelegt hat - aber das ist eine andere Geschichte, die hier morgen ausgeführt werden muss).
Und Vereine mit ähnlicher Struktur (also Komplett-Abhängigkeit von einem einzelnen Wirtschafts-Kapitän) gibt es genug: Wr. Neustadt (Stronach), Admira (Trenkwalder) auch Grödig und Vöcklabruck... da kann noch viel passieren...
In der obersten Spielklasse, der Bundesliga, sind diese Abhängigkeiten indirekter. Natürlich gehören etwa Altach, der LASK oder Mattersburg letztlich einem Einzelnen - die ökonomische Basis ist aber eine breitere.
Das mit den Panikkäufen
Trotzdem sieht man anhand der Transfer-Tätigkeiten, die ja bis morgen noch (irgendwie halt, man weiß es nicht sooo ganz genau) ablaufen dürfen (aber nix der FIFA sagen!), wo die Handkassen der Mäzene offenstehen.
Altach etwa leistet sich einen zusätzlichen neuen Cheftrainer, der daraufhin einkaufen darf und sich mit alten Kumpeln und anderen alten Knochen, äh, verstärkt. Interessant wird es sich die Arbeit von Georg Zellhofer mit der von Paul Gludovatz zu vergleichen. Der kommt in Ried nämlich mit (rechnet man Zu/Abgänge zusammen) dem aus, was Zellhofer zu wenig war.
Auch interessant, was der LASK seinem Ex-Vizepräsidenten, dem Ex-Teamkeeper und Ex-FP-Kandidaten Klaus Lindenberger an Verstärkungen zugestand. Noch interessanter, was in Mattersburg abgeht: Dort werden die beiden nach außen bislang als tolle Transfers abgefeierten Ungarn durch zwei Slowaken ersetzt.
Mit-Abstiegs-Konkurrent Kapfenberg hat sich - nach anfänglicher Hysterie und wohl mangels finanzieller Mittel - zurückgehalten und koopiert mit den armen Leobner Nachbarn, ja, und in Kärnten gehts ein bissl drunter und drüber, da weiß man noch nicht so recht, wie der Kader aussehen wird; es ist ja auch Wahlkampf, das ist wichtiger.
Das mit den Regeln der Finanzkrise
Die Großen haben sich nicht sehr bewegt.
Salzburg hat Janko gehalten (ist ein Fehler von ihm, wenn er im Frühjahr zurückfällt, kann er sich England abschminken), Ried den grandiosen Ulmer weggenommen und ein paar Bankldrucker angebracht. Sturm Graz hat ein paar (gute) Entscheidungen für den Sommer jetzt schon fixiert und auch den Abgang von Marco Stankovic nach Italien (dafür ein Bravo!) kompensiert. Und die Wiener Vereine haben sich schlauerweise überhaupt rausgehalten.
Investition in der Krise mag nämlich das Gebot der Stunde sein: hysterisches Nachrüsten ohne Plan aber ist der erste Schritt im Untergangs-Szenario der kleinen Mitspieler.
Dass all die sportlichen Verstärkungen und die allfälligen Auswirkungen auf das Ranking nach Saisonschluss keine Auswirkung haben werden, dieses Basis-Problem der sportlichen Wertlosigkeit der heimischen Meisterschaft, in der Red Bull als Sieger, die anderen Großen als Infighter um die internationalen Plätze, der Mittelstand im Mittelfeld und die politisch initiierte und wohl auch politisch bereits beerdigte Mannschaft als Absteiger allesamt bereits feststehen, ist wieder ein andere Geschichte.
Morgen: Fußball, Wirtschaft und Politik, Teil 2: der ÖFB.