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Pinguin

Hinweise zur geistigen Selbstverteidigung in Wirtschaftsfragen. Hauptwohnsitz: Zeitschrift Malmoe

30. 1. 2009 - 17:41

Rettet die Banken?

Warum hilft der Staat den Banken? Kommt jetzt auch noch die "bad bank"?

Ein wie ein Dach zusammengefalteter 5-Euro-Schein

Henry

Foto: Henry

Die Banken in Europa haben Probleme. Einige haben sich in den vergangenen Jahren in der Immobilieneuphorie in den USA und Europa (v.a. Großbritannien, Irland, Spanien) verspekuliert und müssen nach dem Zusammenbruch der „Blase“ große Verluste verkraften. Andere haben im biederen Kreditgeschäft in einzelnen schnell wachsenden Regionen massiv expandiert (z.B. österreichische Banken in Osteuropa), und müssen jetzt mit bedeutenden Kreditausfällen rechnen, weil die Wirtschaftskrise auch die langjährigen Wachstumsvorreiter in diesen Regionen trifft.

Die Herbst-Aktion

Im Oktober 2008 haben deshalb die meisten Industriestaaten Pakete geschnürt, um die betroffenen Banken zu retten. Drei Maßnahmen wurden gesetzt: Erhöhung der Einlagensicherung, Garantien für Kredite zwischen Banken und Rekapitalisierungsmaßnahmen. Was bedeutet das konkret?

  • Einlagensicherung: Damit verängstigte KundInnen nicht aus Angst vor Bankenzusammenbrüchen ihre Einlagen plündern und damit den Zusammenbruch erst hervorrufen, den sie befürchten, hat der Staat zur Beruhigung die Einlagen bis zu einer gewissen Höhe garantiert (EU-weit mindestens 50.000 Euro, einige Staaten wie Österreich sprachen sogar unbegrenzte Garantien aus).
  • Garantien: Damit die Banken sich zumindest untereinander wieder Kredite gewähren, versprach der Staat, diese Kredite zu garantieren, also einzuspringen, falls Rückzahlungen ausfallen. So soll verhindert werden, dass gegenseitiges Misstrauen zu Kreditzurückhaltung führt.
  • Rekapitalisierung: Mit Kapitalzufuhr des Staates an die Banken sollte dem Finanzsektor ein Puffer verschafft werden, mit dem er Verluste verkraften kann. Damit sollte erreicht werden, dass die Banken weiter Kredite an Unternehmen und Haushalte vergeben, statt Geld zu horten, um anlaufende eigene Verluste aufzufangen.

Was macht Banken so besonders?

Warum ist der Staat so großzügig und hilft ausgerechnet den Banken, während für Gesundheitswesen, Unis, Sozialausgaben und andere Wirtschaftsbereiche, die durch die Wirtschaftskrise in Not geraten, angeblich kein Geld da ist? Das Argument ist, dass das Bankensystem eine herausragende Funktion für die Volkswirtschaft erfüllt – die Kreditvergabe. Die Pleite einer großen Bank würde diese Kreditvergabe beeinträchtigen, und weitere Banken in die Tiefe reißen, wenn sich angesichts des Ereignisses Panik breit macht. Wenn die Kreditvergabe stockt, dann ist das Gift für alle anderen Bereiche der Wirtschaft. Die Bankenhilfspakete werden mit dem Argument bereitgestellt, die Kreditvergabe zu sichern.Wenn man dieses Argument akzeptiert, stellt sich die nächste Frage:

Wer zahlt?

Jahrelang haben Banken gute Geschäfte und Gewinne gemacht. In der Krise soll nun der Staat helfen und Steuergelder sollen die Verluste auffangen: Das sieht ein wenig nach unfairer Lastenteilung aus… Darum wurde rund um die Bankenhilfspakete heftig gestritten, welche Auflagen den Banken erteilt werden, wenn sie Staatshilfe in Anspruch nehmen: Entschädigungszahlungen an den Staat, Mitspracherechte für den Staat, Dividendenausschüttungs-Verbot, Verzicht auf Bonuszahlungen und überhöhte Gehälter, Mindestsummen verpflichtender Kreditvergabe etc. Auch in Österreich sind nach anfänglichem Zögern solche Auflagen zumindest als Möglichkeit im Gesetz vorgesehen, und die EU-Wettbewerbsbehörde mahnt ihre Verwirklichung ein. Dass die Umsetzung der Hilfen bislang noch recht zögerlich ist, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sich die Banken zieren, harte Bedingungen zu akzeptieren.

Frühlings-Feuerwehr?

Inzwischen kommt es noch dicker. Derzeit sieht es in EU und USA so aus, als würden die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht reichen. Die Garantien des Staates bringen die Banken nicht dazu, einander ausreichend Geld zu borgen. Vermutlich weil sie es horten, um damit drohende eigene Verluste abzudecken. Und die bisherigen Kapitalzuschüsse des Staates werden womöglich bald von den eintretenden Verlusten bei den Banken aufgefressen. Geld auch von privaten InvestorInnen wäre für Banken deshalb dringend nötig, ist aber derzeit nicht zu bekommen, weil das im Moment kein lukratives Geschäft scheint: Tolle Gewinne sind im Bankensektor in nächster Zeit nicht zu erwarten. Außerdem haben InvestorInnen Angst, dass die Banken noch viele „Leichen im Keller“ haben (also faule Kredite und Wertpapiere, die letztlich wertlos sind), und deshalb weitere Verluste auf sie zukommen. Deshalb können Banken am Markt derzeit kaum Kapital auftreiben.

Um diese Angst zu zerstreuen, drängen die Banken allerorts ihre Regierungen, sie von ihren Wertpapier-Leichen zu befreien. Eine staatliche bad bank könnte gegründet werden, in der alle Problemfälle aus den Bankbilanzen abgeschoben werden, so die Forderung. Eine Art Auffangbecken für unverkäufliche Wertpapiere.

Für die Banken wäre das super: Sie wären dann ihre Probleme los und könnten unbelastet weiterarbeiten. Der Staat würde die dubiosen Wertpapiere übernehmen und so lange verwalten, bis sich die Märkte erholen und sie sich wieder verkaufen lassen. Oder er würde die Verluste schlucken, wenn die Papiere sich endgültig als unverkäuflich erweisen. Die steuerzahlende Öffentlichkeit ginge damit ein ziemliches Risiko ein. Darüber hinaus stellen sich eine Reihe kniffliger Detailfragen: Soll der Staat die betreffenden Wertpapiere kaufen oder nur versichern? Wie soll der Preis festgelegt werden, den der Staat den Banken für die Problem-Wertpapiere zahlt (bzw. die Gebühr im Fall einer Versicherungslösung). Wenn's nach den Banken geht: möglichst hoch; wenn's nach SteuerzahlerInnen geht: möglichst niedrig. Welche Wertpapiere kommen in Frage? Werden die Banken an den Verlusten irgendwie beteiligt oder trägt der Staat das ganze Risiko?

Nächste Ausfahrt Verstaatlichung?

Die Lage der Banken verschlechtert sich also, und sie fordern immer neue Hilfen vom Staat. Einige Ökonomen sehen darin nur eine unnötig verlängerte und teure Hinauszögerung des Unausweichlichen: der Verstaatlichung. Damit wäre die permanente Unsicherheit über kommende Verluste und mögliche Pleite einzelner Institute beendet. Interessenkonflikte zwischen Bank (will Verluste sozialisieren und Gewinne privatisieren, Handlungsautonomie behalten) und Staat (will Kreditvergabe ankurbeln und eigene Ausgaben gering halten) wären damit weitgehend beseitigt. Die Regierungen in den Industriestaaten sind zwar ganz und gar nicht heiß darauf, sich diese Verantwortung aufzuhalsen. Denn als Bankeigentümer würde der Staat mit Forderungen konfrontiert, Kredite nach anderen Kriterien zu vergeben, als Banken das üblicherweise tun: Nicht Bonität, sondern Bedarf. Doch wer weiß, wie lange sich die Staaten dieses Szenario noch vom Leib halten können.