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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

23. 1. 2009 - 11:08

Ich und ... WhoMadeWho

Die viel zitierte Reise von Gitarrenrock nach Disco: Bei der dänischen Tanzkapelle läuft sie reibungslos und unaufdringlich.

Best of Both Worlds, mindestens

Heute, nach etwas über zwei Jahren, ist sie schon ordentlich angestaubt, die Ansage, die Erlend Øye im November 2006 der damals noch Kölner Spex zu Protokoll gab. Øye, die norwegische Personalunion aus fragilem Folker, singendem DJ und überhaupt allgemeinem Weltenverknüpfer, meinte da, er und seine Band The Whitest Boy Alive würden an der Schnittstelle von gitarrenbetriebener Indiedisco und Dance-Club, Aszendent House und Techno, operieren. Hier vermögen fast ausschließlich Hits und Altbekanntes die Tanzfläche zu füllen, da, auf der anderen Seite, der nahtlos verwobene Mix, der ewige Fluss, der anonyme Beat.

Als das dänische Trio WhoMadeWho 2005 sein Debütalbum - ebenso wie die Band selbst nach dem Klassiker von AC/DC benannt - veröffentlichte, war die ganze Angelegenheit mit dem Aufweichen der Genregrenzen, mit der Zusammenführung von Clubmusik und Punk auch schon ein bisschen eine durchgekaute: Ein, zwei, drei Jahre zuvor schon war - allen voran vom New Yorker Dreigestirn aus LCD Soundsystem, The Rapture und !!! - vorgemacht worden, wie er denn klingen kann, der richtig große, vornehmlich auf Spätsiebziger/Frühachtziger-Postpunk, No Wave und Disco zurückgreifende Stilcrossover: The Cure auf Acid, der Minimalfunk von ESG und Liquid Liquid, das Wissen um House, The Fall in love mit Brian Eno.

Die Drei von WhoMadeWho in Domino-Kostümen

Sacha Maric

Analoge Super Dance Band

Live:

WhoMadeWho spielen am Samstag beim FM4 Geburtstagsfest in der Wiener Arena

WhoMadeWho spielen Tanzmusik mit den Mitteln einer Gitarrenband, bringen den Funk zurück in den Funk und den Groove zurück in den Rock. Ein beliebtes Modell, immer noch: Die Combo, die mit real angreifbarem Instrumentarium von Hand Disco-Tracks zusammenklopft, anstatt an Sampler, Drummachine und Powerbook die Finger krumm zu machen. Da lässt sich etwas blauäugig der freigeisternde Ansatz von WhoMadeWho schon aus den Biografien der Mitglieder herauslesen. Drummer Tomas Barfod hat solo unter dem Namen Tomboy vertrackte Beatspielereien für Gomma, das Münchner Heimatlabel von WhoMadeWho, gebastelt und für die Berliner Disco-House-Schmiede Get Physical produziert, Bassist und Sänger Tomas Höffding entspringt der lederjackenspeckigen Welt des Garagen-Rock, im Lebenslauf von Gitarrist Jeppe Kjellberg blitzen Abstecher in die Avantgarde-Jazz-Szene New Yorks - was immer das auch heißen mag.

More Cowbell!

Cover des Debütalbums

WhoMadeWho

Im Gegensatz zu vielen ihrer auf ähnlichem Terrain agierenden Kollegen muss bei WhoMadeWho aber nicht gleich die gesamte Musikgeschichte umarmt werden, auf ihrem Debütalbum finden die Verschmelzungen im Kleinen statt. Im Zentrum der Stücke steht da meist ein entschlacktes Rhythmusgerüst, getragen von trockenem Drumsound und einer galoppierenden Bassline, gerade so wie von den Discogöttern Chic höchstselbst geborgt. Tomas Höffding verdingt sich mit sprödem Falsett als Prince im Stimmbruch, immer wieder verschieben eingestreute Bluesriffs und die eine oder andere Surfgitarre die Paramater Richtung Rock - das hat gar der Königin der Steinzeitköniginnen Josh Homme schon soviel Freude bereitet, dass bisweilen das WhoMadeWho-Stück "Space For Rent" als Coverversion ins eigene Liveprogramm geschummelt wird. Hie und da darf es dann doch elektronisch fiepsen, blubbern und bleepen, derweil bearbeitet Drummer Barfod ausgiebig die Kuhglocke - das musste vor drei, vier Jahren schon noch sein. Die Kuhglocke: die kürzeste Halbwertszeit ever?

Ich und ...

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Das war nicht neu, das hat keine Welt mehr aus den Angeln gehoben, vielmehr: "WhoMadeWho", das Album, das war der unaufdringliche Brückenschlag zwischen großer Party und feinem Popsong. WhoMadeWho, die Band, das ist vor allem live der Schweiß unter der Discokugel und die Glut auf dem Dancefloor. Das zweite, im März wieder bei Gomma erscheinende Album der Band wird "The Plot" heißen und stärker Richtung Gitarrengedaddel und Progrock, komplett mit Fagott- und Oboenuntermalung, segeln. Ohne dabei freilich den Funk zu vergessen. WhoMadeWho, drei Herren für die stilvoll durchtanzte Nacht.You Shook Me All Night Long.