Erstellt am: 4. 1. 2009 - 06:07 Uhr
Neujahrskonzert
Das Neujahrskonzert in der Volksbühne ist schon eine der besseren Berliner Traditionen zum Jahreswechsel. Wenn die Silvesternacht anstrengend und doch enttäuschend verlaufen war, so hat man am 1. Januar immer noch eine zweite Chance, irgendwie würdig ins neue Jahr zu kommen. Denn ein Naturgesetz sagt, dass die Neujahrkonzerte in der Volksbühne immer ausverkauft und gut sind. Bernd Begemann, Funny van Dannen, Tocotronic, Britta und Gustav spielten hier am 1.1. und so wurde das Volksbühnenkonzert zum ersten gesellschaftlichen Anlass des Jahres.
Der Neujahrsmittag wäre ganz grau und trüb gewesen, hätte sich nicht in der Nacht ein weißer Puderzuckerschnee auf die Straßen gelegt. Und wer sich für's neue Jahr vorgenommen hatte, alte ungute Geschichten hinter sich zu lassen, der konnte das als Orakel deuten und sich einbilden, das neue Jahr sei ein weißes weites Feld, in dass man ganz neue eigene Fußspuren drücken könnte. So freute man sich tagsüber auf den Abend: Peterlicht in der Volksbühne.
Unspektakulär und fein

Motor
Peterlicht, eine Kunstfigur, deren konsequente Weigerung, das Gesicht zu zeigen, schon zu kopflosen Auftritten bei der Harald - Schmidt - Show und einer exaltierten Kameraführung bei der Übertragung des Klagenfurter Literaturwettbewerbs geführt hatte, dieser nur halbscheue Inszenierungskünstler hatte in einem Interview gesagt: "Ich bin total uninteressant". Wer ihn auf der Bühne gesehen hat, muss ihm recht geben. Das Wort "unspektakulär" könnte direkt für sein Aussehen erfunden worden sein. Aber wer so schöne Lieder hat, muss ja nicht noch unbedingt spektakulär aussehen. So sang er vom Kapitalismus, der endlich tot ist, und von der Sonne, der gelben Sau, sang auch arg alberne Lieder und las zwei längere Texte vor.
Und die Musik, die auf der aktuellen CD "Melancholie und Gesellschaft" stellenweise zu belanglos und seicht klingt, die empfand der eigene geschundene Silvesterkopf jetzt als ganz angenehm plätschernd. Begeistert und wohlwollend hing auch das Publikum in den Sitzen und drängte sich im überfüllten Saal bescheiden auf den Treppenstufen. Peterlicht zeigte sich als feiner Mensch, seine Band spielte, wenn man etwas bekritteln wollte, ein wenig zu uninteressant - muckermäßig - aber wer will denn schon am 1. Januar allzu kritisch sein?