Erstellt am: 21. 10. 2015 - 18:00 Uhr
Only Happy When It Rains: Neues Altes von Garbage
Manche von uns haben ja die Garbage-Singles gesammelt. Mit ihren poppigen Covern machten nicht nur die Songs an sich Freude, sondern auch deren Verpackung in buntem CD- oder Vinylformat. Andere unter uns wiederum waren vielleicht noch gar nicht geboren, als Garbage ihr gleichnamiges Debütalbum veröffentlichten und haben die Songs von Shirley Manson, Butch Vig und Co erst später entdeckt - oder man entdeckt "Stupid Girl", "Only Happy When It Rains" etc. überhaupt erst jetzt, anlässlich des 20. Geburtstags dieser Songs und ihrem Re-Release.

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"I do miss hearing from the fragile and the broken and the dark and the twisted. I feel like in the 90s that was given some breathing room, it was given ear space, it was supported by the media, and now it´s not." - Shirley Manson, Garbage, 2015.
Vage Erinnerungen an ein damaliges Garbage Konzert in Wien. Es muss die längst verblichene Libro Music Halle gewesen sein, die das Konzert der Band aus den Staaten mit schottischer Sängerin hostete. Natalie Brunner, die ebenfalls dabei war, hilft mir auf die Sprünge und wir beamen uns zurück zu diesem Garbage-Auftritt, an den ich mich komischerweise wenig erinnere, außer an den "Glaskäfig", den Drummer Butch Vig rings um sein Schlagzeug aufgebaut hatte - um einen "sauberen" Studiosound live hinzubekommen, damit die Konzert-Trommeln nicht allzuheftig in alle Mikrofone auf der Bühne fahren -, und ich erinnere mich an eine gewisse "Grelligkeit" von Sängerin Shirley Manson. Garbage, meint Natalie Brunner, das war "konzeptuell hinterfotziger Bubblegum Pop".
Shirley Manson, die mit echtem Namen tatsächlich so heißt, was man damals aber auch durchaus als Künstlernamen interpretieren können hätte: Shirley, wie der 30er-Jahre US-Kinderstar Shirley Temple, und Manson wie Charles Manson, auf den sich die alternative Rockmusik der 90er Jahre ja gern bezog, etwa Trent Reznor von Nine Inch Nails.
Das Debütalbum von Garbage war mit vier Millionen verkaufter Exemplare ein Post-Grunge Hit. Mit seiner Elektronik im Sound, dem Drummer, der der Architekt hinter diesem Sound war, und mit seiner Frontfrau, die diese gut gebauten Popsongs als eine Art Shirley Manson Show verkaufte, begann der überraschende Star-Status von Garbage. Eric Weisbard, in den 90ern renommierter Musikritiker beim US-Musikmagazin Spin, schrieb über das Debütalbum von Garbage: "Butch Vig´s genius as an alternative rock producer is the ability to make avant-pop´s sonic distortions ring out like cash registers." Was Weisbard - und anderen - besonders gut gefiel: "Rarest of all for American guitar music, dance beats proliferate everywhere here, with Techno and dub equally strong influences. (...) Hits aside, Garbage is a powerfully abstract vision from a producer the equal of Brian Eno."
Wer ist Butch Vig?

PIAS
Schon in den frühen 80er-Jahren gründete Butch Vig in seiner Heimtstadt Madison, Wisconsin - im Mittleren Westen der USA - ein Tonstudio. Das Sub Pop Plattenlabel in Seattle - später für Nirvana und Grunge berühmt - wurde später auf seine Produktionarbeiten für diverse Undergroundbands aufmerksam. Butch Vig hatte außerdem begonnen, sich einen Namen im aufkommenden Geschäft des Remixens zu machen. Er fertigte etwa Remixes für NIN an, für Depeche Mode oder auch U2. Daraus entstand dann die Idee, Garbage zu formieren:
"I wanted to take that Remix sensibility and somehow translate it into all of the possibilities of a band Setup", erklärte Butch Vig einmal den Beginn von Garbage. Eine Sängerin suchten sie, so Vig, die nicht schrie, wie andere Vokalistinnen damals, und die auch keine "girly" Stimme hatte. Auf MTV lief eines Tages ein Song der schottischen Band Angelfish - mit der Sängerin Shirley Manson. Da stand für Butch Vig, Steve Marker und Duke Erikson fest, das würde die Sängerin ihrer Band werden. Butch Vig, der sich inzwischen einen Namen als Mischpultmeister in Form des Producers für das "Siamese Dream" Album von den Smashing Pumpkins und natürlich Nirvanas "Nevermind" gemacht hatte, traf Shirley Manson erstmals face to face in London, an jenem Tag, an dem später Kurt Cobain starb. Ein Ende und ein Anfang gewissermaßen für Butch Vig.
Garbage veröffentlichten nach ihrem Debüt ein weiteres sehr erfolgreiches Album, samt Grammynominierungen und dem James Bond Song "The World Is Not Enough". Mit dem dritten Album war der kommerzielle Erfolg der Band aber dann schon weitaus geringer, und beim vierten Longplayer schien gar nichts mehr zu gehen. Eine Retrospektive folgte später: "Absolut Garbage" und dann vor drei Jahren wieder ein neues Album: "Not Your Kind Of People".
Zum 20. Geburtstag des Garbage-Debütalbums wurden die Songs von den analogen Original-Tapes einem neuen Mastering unterzogen, also vom Sound her "aufgefettet", und einige bisher unveröffentlichte Songs von damals wurden dem Album neu hinzugefügt, oder auch etwa Single-B-Seiten von damals wie "The Butterfly Collector", das eine der beiden B-Seiten von der Single "Queer" war; "The Butterfly Collector" ist eine Garbage-Coverversion von Paul Wellers erster Band, den punkigen Britpopvorläufern The Jam.
"Queer", "Only Happy When It Rains" oder "Stupid Girl", sie alle waren moments in time. Und damit dieser time warp, den wir da mit Garbage machen, komplett ist, warten wir nur noch auf ein Konzert der Band in unserer Nähe. Garbage bringen ihr Debütalbum ja neuerdings komplett auf die Bühne, wo angeblich eine nicht groß gealterte Shirley Manson noch immer ihre Frau steht. Übers Garbage-Konzert in Dallas, Texas schrieb etwa der Dallas Observer: "By the end of the night it was impossible to ignore the very clear influence Shirley Manson has had on current grungy girl rockers who have made waves in indie music over the past few years. The show´s opener, Torres, probably wouldn´t exist or make music in the way she does today without women like Shirley Manson demonstrating in the 90s that weird, badass women can sell pop records."