Erstellt am: 12. 3. 2015 - 10:54 Uhr
Evan "Lemonheads" Dando gestern live in Wien
Er kam....und spielte. Evan Dando, der stets leicht verwirrt wirkende Amerikaner, betritt die kleine Bühne des B72 in Wien, allein, nur mit akustischer Gitarre und legt los. Reden ist sein Ding nicht, jedenfalls nicht an diesem gestrigen Abend. "Manche Menschen denken", sagte Evan Dando vor wenigen Jahren in einem Interview, "dass ich etwas seltsam bin, ja, dass ich geistig ein wenig zurückgeblieben bin, nur dieses hübsche Gesicht von den Hochglanzmagazinen aus den 90er Jahren, das all zu viele Drogen nahm". Es mache ihn traurig, sagte Evan Dando damals, dass er so gesehen wird.
Stimmt, der 90er Poster-Boy lebt zu 120 Prozent für die Musik, auch wenn er es bisweilen alleine tut. I'm lazy, sagt Evan Dando gern. In seiner Garage macht er etwa stundenlang Mixtapes, von Songs aus der Zeit als die Welt noch in Ordnung war, oder so. Hank Williams ist etwa drauf auf diesen Mixtapes, der große Country-Mann, oder auch Victoria Williams, die US-Songwriterin, für deren Multiple-Sklerose-Fundraiser Evan Dando einmal einen Song von ihr coverte: "Frying Pan". Das Stück ist auch diesmal im Live-Set von Evan Dando, der im Februar seinen 48.Geburtstag feierte.
Simone Ehrlinger
Die Grunge-Haare wie eh und je, Evan Dando ist so schlecht nicht gealtert, trotz, ja, phänomenalem Drogenkonsum damals, als der Grunge-Pop abhob und Evan mit seiner Band The Lemonheads auf Tour von internationalem Flughafen zu Flughafgen zog. Manchmal hatte er den Pass nicht dabei, landete in Gewahrsam. Evan Dando ist gewissermaßen ein Chaot, bis heute, und nein, er ist nicht stolz darauf. Musik ist seine Sprache, der Song, der eine Geschichte erzählt, die das hyperaktive Kind nur in Form eines Liedes kommunizieren kann.
Als er das letzte Mal in Österreich spielte, mit den Lemonheads in der Szene Wien vor ein paar Jahren, war er auf der Bühne gesprächiger als diesmal. Fotos will er nach ein paar Nummern keine mehr, sagt Dando auf der B72-Bühne: "This bar has the rule of the first three songs only", feixt Evan Dando mit einem Augenzwinkern in Richtung die Zeit als er ein Rockstar war, denn diese dürfen meist ja nur während der ersten drei Songs eines Konzerts abgelichtet werden.
Sing us a song, Evan, einen nach dem anderen, lass sie ineinander übergehen, let us not waste time talking. "Down About It", "It's About Time" oder "It's A Shame About Ray" und wie sie alle heißen, die alten Lemonheads-Songs, die für immer Teil unseres Lebens sein werden, oder für die später Geborenen unter uns, Songs die es zu entdecken gibt. Thomas Hangweyrer, Sänger der Wiener Band The Boys We Know, ist einer der spätgeborenen Lemonheads-Bewunderer, und Thomas ist heute auch im Publikum.
FM4 hatte Evan Dando zu einer Acoustic Session eingeladen, und seine Tourmanagerin hatte auch zugesagt, am Morgen nach dem München-Konzert kam dann leider die Absage. Dando wäre zu spät aus München weggefahren. Vielleicht wollte er auch einfach nicht, nicht reden und spielen am Nachmittag, einfach Kräfte sammeln für den Abend.
Simone Ehrlinger
Ein paar der Höhepunkte - neben anderen Songs - bei diesem Konzert von Evan Dando im B72: "Stove" - ein Lemonheads-Song mit der Zeile "I shouldn't think about it, what's the point you say", "Frying Pan" - jenes Victoria Williams Cover, ein Duett mit der Kanadierin Sara Johnston, die auch als Opening Act an diesem Abend fungierte. Ich hab Sara leider verpasst, erinnere mich aber gerne an ihre Zeit mit dem Bandkollektiv Bran Van 3000, das einmal auf dem Plattenlabel der Beastie Boys veröffentlichte. Weiters: "Skulls" - wieder ein Cover, von der Punkband The Misfits. Hardcore und Punk waren es schließlich, die den Bostoner Anwaltssohn Evan Dando der Musik verfallen ließen. Mike Nesmiths (Monkees) "Beat Of A Different Drum" war ebenfalls sehr schön, oder auch "Impractical Joke" von der australischen Band Smudge, deren Songwriter Tom Morgan Evan Dandos Partner bei den Lemonheads war: "The furthest I could reach, waiting for the wind to change" heißt es im Song. Evan Dando forever and ever.