Erstellt am: 3. 3. 2015 - 18:51 Uhr
Parlez-vous français?
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MC Solaar und IAM sind die ersten Assoziationen, die ich habe, wenn man mich nach Rap-Musik aus Frankreich fragt. Nach langem Nachdenken kann ich eventuell noch ein paar mehr Namen aus dem Ärmel schütteln, mehr als gefährliches Halbwissen kommt dabei aber nicht heraus.
Nach einer längeren Autofahrt mit dem Linzer Rapper Average hat sich mein Wissen bezüglich Rap Francais vor kurzem vervielfacht. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit der französischen Sprache und hört fast ausschließlich französischen Rap. Das hat, wenn man genau hinhört, Spuren in seiner eigenen Musik hinterlassen.
Nachdem mir Average Musik von momentan relevanten Künstlern wie Soprano, Booba, Kaaris und vielen mehr vorgespielt hat, bin ich neugierig geworden. Immerhin haben deren Videos im Internet meist mehrere Millionen Views und laut Average kommen zu den Konzerten in Frankreich und in diversen afrikanischen Ländern tausende Menschen.
Soprano kommt aus Marseille und ist heute einer der bekanntesten MCs in Frankreich. Average hat ihn vor ein paar Jahren als Support-Act bei einer Tour begleitet und besser kennengelernt. Damals (bevor Soprano richtig berühmt wurde) ist sogar ein Track gemeinsam mit Texta entstanden, der auf deren Album "Grotesk" zu hören war.
Soprano ist identitätsstiftend für eine ganze Generation junger Menschen, die in Banlieus aufwachsen und außer einer Karriere als Fußballer bzw. Rapper wenig Perspektiven haben. In seinen Texten bezieht er sich immer wieder auf seine Wurzeln und vergisst nicht, woher er kommt. Seine Fans verehren ihn dafür.
Die Quotenregelung
In Frankreich gibt es eine Quotenregelung. Die lokalen Radiostationen müssen einen gewissen Prozentsatz französischsprachiger Musik in ihrem Programm spielen. Das hat dazu geführt, dass besonders französischsprachige Rap-Musik ein breites Publikum erreicht hat und lokale Acts zu nationalen Musikstars wurden.
Die Bandbreite reicht dabei von Underground-Künstlern, die über lokal relevante Themen rappen, bis hin zu eindeutig von Amerika beeinflussten Rappern, die sich einer ähnlichen Sound- und Bildästhetik bedienen.
Lokale Dialekte und Stilelemente
Französische Rap-Musik ist von lokalen Dialekten und Stilelementen geprägt. Wer - so wie ich - nur mäßig Französisch spricht, tut sich meist schwer, Zusammenhänge und Wortspiele zu verstehen. Es ist äußerst hilfreich, die Lyrics mitzulesen.
In Paris haben MCs zum Beispiel damit angefangen, Wörter umzudrehen und in ihren Texten bewusst verkehrt auszusprechen. Dieser Trend hat sich in ganz Frankreich ausgebreitet. Ein gutes Beispiel dafür ist der Künstler Stromae (eigentlich Maestro), dessen Name auf genau diesem Sprachspiel basiert.
Viele Rapper haben familiäre Wurzeln in Afrika und lassen diese sowohl musikalisch wie auch inhaltlich und sprachlich in ihre Songs einfließen. Themen wie Rassismus, Immigration und Bandengewalt kommen in französichen Rap-Texten oft vor. Der Bezug zur eigenen Herkunft und sozial-kritische Kommentare spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch bei den kommerziell erfolgreichen Stars der Szene.
Kaaris kennt man unter Umständen vom letzten Haftbefehl-Album, auf dem er als Gast zu hören war. Das ist kein Zufall, denn der Offenbacher Rapper wurde ganz eindeutig schwer geprägt vom Sound französischer Rapper. Genauso wie Genetikk aus Saarbrücken, die mir letztes Jahr in einem Interview erzählt haben, dass ihre Musik stark vom Sound aus Frankreich beeinflusst wurde.
Average arbeitet momentan an seinem Debüt-Album und der Linzer wird mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin Brücken nach Frankreich bauen und mit Künstlern von dort zusammenarbeiten. Wir halten euch auf dem Laufenden.