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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

18. 11. 2014 - 10:25

Foo Fighters unterwegs auf Sonic Highways

Das bereits achte Album von Dave Grohl und seiner Band Foo Fighters folgt einem ganz besonderen Konzept.

Es ist recht einfach, ein bisschen über Dave Grohl und die Foo Fighters zu schimpfen: Muskulöser Stadion-Pop/Rock, zwar gut gespielt, immer toll aufgenommen, aber auch stets etwas vorhersehbar. Und überhaupt, Kurt Cobain ruht seit zwei Jahrzehnten in seinem kühlen Grab, während sein Drummer als Sänger und Songschreiber mit Band ein erfolgreiches Album nach dem anderen macht. Darf er das denn? Darf er, sowieso, und insbesondere, weil Dave Grohl gewissermaßen doch ein Suchender ist.

Die Idee zum Album "Sonic Highways" hatten die Foo Fighters, als sie sich vermehrt mit der Geschichte der nordamerikanischen Musik zu beschäftigen begannen: An Blues und Country kommt man dabei nicht vorbei, und an den legendären Aufnahmestudios gewisser US-Städte ebenfalls nicht. Also entstand der Plan, in acht US-Städte zu fahren, samt Instrumenten, sich in ein Studio einzumieten, und einen Song entstehen zu lassen. Die Texte kamen erst ganz am Schluss der jeweiligen Aufnahmewoche hinzu, nachdem Dave Grohl eine große, oder jedenfalls für ihn interessante Musiker-Persönlichkeit getroffen hatte. Dave Grohl wurde zum Interviewer. Alles was der jeweilige Musiker ihm über seine Stadt erzählte, nahm er auf, wie ein interviewender Journalist, und daraus entstanden dann die Songtexte.

Auch als Regisseur hat sich Dave Grohl in Zusammenhang mit "Sonic Highways" neuerlich betätigt, nachdem er bei der Dokumentation "Sound City" - einem Film über das legendäre Sound City Aufnahmestudio in Los Angeles - erstmals Regie geführt hatte. Zu jedem Song von "Sonic Highways" konnte man im Oktober im US-Fernsehkanal HBO eine Folge sehen: wie die Band in die Stadt kam, wen Grohl dann dort interviewte etc. Erst danach wurde das Album "Sonic Highways" veröffentlicht.

Insgesamt waren die Foo Fighters also viel auf den Autobahnen der USA unterwegs, in jene Städte, die Dave Grohl und Co. ausgewählt hatten, Orte, die ihnen persönlich ganz besonders wichtig erschienen.

Dave Grohl: "Every City, I mean, there´s reasons why blues made its way to Chicago, there´s reasons why Nashville became a country music capital. A place like New Orleans, I mean, everything about that city - even the humidity in the air, it knocks the horns and the pianos out of tune and so the sound becomes kinda warbly. Everything from the accent to the tempo of the city, the landscape to the geography to the weather, just take Seattle, it rains nine months a year, so what do you do, you get to the basement and you write the most opressive music."

"Professor" Grohl erklärt, warum Grunge gerade in Seattle entstehen konnte, und nicht etwa in, sagen wir einmal, Miami, Florida. Welche US-Orte haben die Foo Fighters also ausgewählt, um ein neues Album entstehen zu lassen? Nein, Miami und sein House-Music Sound sind nicht dabei, Dave Grohl bleibt strikt im Gitarrenpop-Universum. Aber auch etwa nicht dabei ist Boston, Massachusetts, jener Ort aus dem die Pixies kamen, oder auch Dinosaur Jr, oder die Lemonheads. Dafür gibt es aber Arlington, Virginia, wo eine Band namens Scream zuhause ist - eine Hardcore Band, die Anfang der 80er Jahre gegründet wurde, bei der Grohl selbst einmal mitwirkte, und die sich später dann wieder zusammentat.

Von Chicago über Seattle bis nach L.A.

Chicago wird auf "Sonic Highways" verkörpert von einem gewissen Rick Nielsen, einem ewigen Säulenheiligen von US-Gitarrenbands, der in den USA mit seiner Band Cheap Trick so etwas wie immerwährenden Powerpop-Heldenstatus hat. Dave Grohl hat also in Chicago Rick Nielsen interviewt, und Rick spielt dann auch Gitarre auf der ersten Single von "Sonic Highways", dem Chicago-Stück "Something From Nothing". Das L.A.-Stück auf dem Album heißt "Outside" und wartet als Gast mit keinem Geringeren als Eagles-Gitarrist Joe Walsh auf. Walsh und die 70er Jahre Giganten The Eagles ("Hotel California", "Tequila Sunrise", "New Kid In Town" etc) verkörperten eine Zeit lang die kalifornische Popmusik.

Den New York Song auf "Sonic Highways" nennt Dave Grohl "I Am A River". Entstanden ist er zusammen mit der Producer-Legende Tony Visconti (David Bowie) und der Musikerin Kristeen Young, übrigens der einzigen Frau bei "Sonic Highways".

Albumcover Foo Fighters Sonic Highways

RCA/Sony

"Sonic Highways" ist bei RCA/Sony erschienen.

Weitere Stationen sind die Städte Austin, Texas oder Seattle, Washington. An letzterem Ort trifft Dave Grohl auf Ben Gibbard von Death Cab For Cutie und der Song "Subterranean" wird geboren. Als eine "Reise, um die Struktur unserer musikalischen Identität zu entschlüsseln" fasst Dave Grohl das neue Album der Foo Fighters zusammen. Einziger kleiner Haken, wenn wir schon nörgeln wollen: Wenn man die Hintergründe nicht kennt, hört man eigentlich das alles, worum es Dave Grohl geht, gar nicht so sehr raus. Weil er ja keinen Blues-Song gemacht hat, und keinen Country-Song, und keinen Grunge-Song, sondern alles viel subtiler einfließt. Aber jetzt, wo wir´s ja wissen, hören wir natürlich ganz anders hin, etwa auf den Text des superben "Congregation", das der Nashville-Song auf dem Album ist, zusammen mit einem gewissen Zac Brown.

"The voice upon the stage is the heart inside a cage, and they're singing like a bluebird in the round, there's mystery in this wood, and ghosts within these roots, that are tangled deep beneath this southern ground."

Sufjan Stevens wollte einmal alle amerikanischen Bundesstaaten "vertonen", von Alaska bis Florida. Er gab das ambitionierte Projekt jedoch auf. Dave Grohl ist es realistischer angegangen, außerdem haben er und die Plattenfirma mehr Budget, um so etwas umzusetzen. Insgesamt: Moderne intelligente Rockmusik. Well done, Dave Grohl.