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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

15. 9. 2014 - 18:20

This Is What It Feels Like

Smooth, sediert und steril - so klingt "Goddess", das Debütalbum von Banks.

Hello world! I like making connections outside of a computer screen. Twitter, Facebook and Instagram have never really been my thing. So my manager is going to run the Social Media stuff. If you ever want to talk, call me - (323) 362-2658 – BANKS.

Das steht in der Infobox von Banks' Facebook-Account.

Was zuerst als naive Spinnerei anmutet, ist eine Retourkutsche auf die Kritik, kein persönliches Live-Blogging zu betreiben. Es kann ja gar nicht sein, dass sich eine Künstlerin nicht in Persona vor den Facebook-Karren spannen lässt! Wo kommen wir denn da hin?

Die schüchterne Banks, die Monate lang nicht mal ihren Vornamen Jillian preisgeben wollte, ist auch ohne Social-Media-Strip ziemlich weit gekommen.

Banks

Jillian Banks

2013 hat sie ihre erste Single "Before I Ever Met You" veröffentlicht, einen Song über ihre Verletzlichkeit, getragen und unverwundbar gemacht von einem mächtig anwachsenden RnB-Gerüst aus Edelstahl, mit der Botschaft:

"Before I ever met you I never knew I could be broken in so many ways."

Der SOHN-Remix dieser Nummer hat sie natürlich in die richtigen Aufmerksamkeits-Kanäle geschleust und einen Hype generiert, der durch ihre Web-2.0-Verweigerung auch noch angefeuert wurde: Ein bisschen Mystery geht immer und passt auch zu ihrer Twilight-Poesie, dem Mosaik eines gebrochenen Herzens.

Diese erfolgreiche Verbindung mit SOHN hat Banks auf ihrem Debütalbum "Goddess" fortgesetzt, er hat die Songs "Alibi" und "Waiting Game" - produziert.

Banks

Mit SOHN teilt die 26-jährige Singer/Songwriterin aus Los Angeles nicht nur die Vorliebe für Future RnB, sondern auch den Fokus auf ein zeitgemäßes und intelligentes Design, das sich als Coporate Identity durch das Artwork zieht. Das Gesamtpaket muss stimmen – Bild und Ton verpackt in die mondäne Aura eleganter Schwarz-Weiß-Videos, deren Coolness auch in den Charts punktet.

Produzenten-Elite

Deshalb hat nicht nur SOHN, sondern eine Elite aktueller Underground-Produzenten – Jamie Woon, Tim Anderson, Totally Enormous Extinct Dinosaurs und Shlohmo - die Beats und Bässe wie Daunen aufgeschüttelt und zärtlich für Banks zurechtgelegt. Darauf bettet sie ihren Schlafzimmer-Pop und lässt ihn genüsslich ausbluten.

Shlohmo, der gute Left Field Hip-Hop-Produzent aus Los Angeles war für die intime Stimmung auf "Brains" verantwortlich – dem Song mit dem wahrscheinlich besten Text auf "Godess" – der das Katz-und-Maus-Spiel bei Flirts und Dates in Zeitlupe begreift:

I can see you struggling
Boy, don't hurt your brain
Thinking what you're gonna say
Cause everything's a game
Always trying to calculate
Trying to look smart but not too smart
To threaten anything they say

Banks hat als 15-Jährige mit dem Songwriting begonnen, das Klavierspielen hat sie sich damals selbst beigebracht. Auslöser war die Scheidung ihrer Eltern und seit dem schreibt sie höchst emotionale, unzensurierte Songs. Banks erzählt keine stringenten Geschichten, sondern entwirft Momentaufnahmen und skizzenhafte Tagebucheinträge über unerwiderte Gefühle, Ängste, Liebe, Leid und Scham.

Zu ihren Vorbildern gehört die großartige und im besten Sinne entrückte New Yorker Schmerzensfrau Fiona Apple, aber auch Lauryn Hill, Erykah Badu, Tracy Chapman und Aalyiah. Gewisse stimmliche Ähnlichkeiten mit Aalyiah verdeutlichen sich in Banks' Cover von "Are You That Somebody".

Die Messlatte für "Goddess" lag durch den Medienwirbel im vergangenen Jahr ziemlich hoch und konnte leider nicht erreicht werden. Dabei ist das Album nicht schlecht, nur gelegentlich ein bisschen steril und langweilig, denn mehr als die Hälfte der Songs kennt man bereits – sie wurden als Singles oder EPs veröffentlicht.

Das Album startet stark mit Songs wie "Alibi", "You Should Know Where I'm Coming From" und "This Is What It Feels Like", franst aber gegen Ende hin mit Hängern wie "Someone New", einer zahnlosen Ballade mit Akustikgitarre, aus.

"Goddess" ist selbstsicheres und gelungenes Debüt - leider ohne Überraschungen. Es ist sedierter und synthetischer Singer/Songwriter-Soul, der phasenweise an Lana Del Rey – allerdings ohne Vintage-Chic und passive Hausfrauen-Erotik einer Prinzessin Valium – erinnert.

Wer wirklich neuartigen, zukunftsweisenden RnB entdecken will, der auch beim Zuhören fordert, ist mit dem Debüt von FKA Twigs wahrscheinlich besser bedient.