Erstellt am: 15. 5. 2014 - 14:30 Uhr
Client sind zurück!
fm4.ORF.at/musik
Bandporträts, Albenrezensionen und Musiktipps
Gleich vorweg: Nein, Sarah "Client B" Blackwood (Ex-Dubstar) ist nicht mehr die Client-Sängerin. Eine neue Stimme? Wie wird das funktionieren? Das waren jedenfalls die ersten Reaktionen, als bekannt wurde, dass Client zwar wieder eine neue Platte gemacht haben, aber Kate "Client A" Holmes - sie komponiert die Client-Musik und schreibt auch die Songtexte - eine neue Sängerin engagiert hat.
Nicole Thomas heißt die Vokalistin aus Bristol, die schon mit Massive Attack, Roni Size oder Portishead gesungen hat. Und seit das Album draußen ist, gibt es gar Stimmen, die sagen, Nicole - "Client N" - klingt sogar besser als Sarah. Jetzt wollen wir die vorherige und die neue - sehr stimmstarke - Sängerin aber gewiss nicht gegeneinander ausspielen, sondern uns einfach freuen, dass es wieder eine Client-Platte gibt, die noch dazu gut gelungen ist.
"We drive along the factory line, we walk in silence through the trees, we´re falling through the autumn leaves", heißt es im Songtext zu "After Effect", einem übersinnlich anmutenden Stück mit Gothic-Effekt: moderne "Hexen"-Musik. Da ist noch das Urbane, die "factory", aber da ist auch die Natur in diesem Song, wahrscheinlich, unabsichtlich, inspiriert von Wales und seiner ursprünglichen Landschaft, in der Client-Mastermind Kate Holmes heute viel Zeit verbringt. Da knarren die Balken am Dachboden, da schleicht allerlei nächtliches Getier ums Haus und selbst Gespenster kann man sich hier gut vorstellen. Aus der Großstädterin ist - zumindest zum Teil - eine Art "Welsh witch" geworden.
Kate Holmes ist mit ihrem Bandprojekt Client eine britische Electro-Pop-Pionierin, der dafür - zumindest in Großbritannien - nie ganz der Respekt gezollt wurde, der ihr eigentlich gebührt. Dort hat man ja schließlich Alison Goldfrapp, und eine Electro-Frau ist ja wohl genug, etwas zynisch gesagt. Vor allem in Deutschland ist die Musik von Client aber immer gut angekommen. Das Harsche, das Düstere, gepaart mit einer stets sofort ins Ohr gehenden Popmelodie und einer gewissen ästhetischen Schönheit, das war immer die Spezialität von Client auf ihren bisherigen vier Alben. Dass Pete Doherty und Carl Barat von den Libertines auf dem zweiten Longplayer der Band Gastspiele hatten, schadete auch nicht. Und dass Client beim so bedeutenden Londoner Plattenlabel Mute Records veröffentlichten und mit Depeche Mode auf Tour waren, hatte sicher auch ein wenig geholfen.
Linzfest
Von 16. bis 18. Mai, unter anderen mit Shy, Stereo MCs, Wallis Bird und Sammy Deluxe
Nach vier Alben aber, sagen wir es ruhig, gab es die eine oder andere Unmutssituation in der Band, welche zwischenzeitlich auf ein (Frauen-)Trio angewachsen war. Client waren auch viel auf Tour - von den USA über Mexiko bis nach Österreich. Hierzulande kamen die Client-Auftritte immer besonders gut an. Ich erinnere mich an das Konzert im WUK, das in der Szene Wien, das im Chelsea, eines im Flex, dazu an Festivalauftritte und etwa auch an das Konzert bei einem ziemlich verregneten Linzfest, wo Client auf der FM4-Bühne standen. Weiters habe ich Client-Konzerte in Rom oder Basel in bester Erinnerung. Bei letzterem war DAF-Legende Robert Görl als Drummer dabei. Außerdem ist Kate Holmes Mutter einer kleinen Tochter; sie wollte da auch Pflichten wahrnehmen. Also, genug Tour-Hektik und Festivalregen - Pause erst einmal nach vier Platten.
Niemals niedlich
Ganze fünf Jahre sind seit dem letzten Client-Album verstrichen. "Command", der letzte Longplayer, war insgesamt wieder mehr back-to-basics für den Client-Sound, weniger opulent als der Vorgänger "Heartland". Verstärkt minimalistisch zeigten sich hier Client wieder. So minimalistisch wie die Modelinie, die Kate Holmes nun zu designen begonnen hatte: die Army-Jackets, die Kleider und Sonnenbrillen. Client war nun so etwas wie ein "brand" geworden, eine Marke, nicht unkommerziell, aber dennoch fest in einem Popculture-Underground verwurzelt.
Was Client auf der Bühne trugen - Mäntel von alten DDR-Uniformen inspiriert, oder Blusen und Röcke, die an Flugbegleiterinnen-Uniformen erinnerten - verkaufte Kate Holmes nun via Online-Shop. Und wer kaufte die Sachen? Naja, neben mir und vielleicht ja auch dir, unter anderen etwa auch die Sängerin des Londoner Duos Aluna George, die englische Musikerin Laura Mvula und auch Pixie Geldof oder, sogar äh, Miley Cyrus. Trotzdem hatte Kate Holmes - sie ist studierte Flötistin und spielte, als sie ganz jung war, bei der englischen Band Frazier Chorus - das Musikfieber schließlich wieder gepackt.

OutOfLine
Und so ist zusammen mit dem in Bristol lebenden Musiker/Producer Dave Francolini (The House Of Love, Julian Cope, Dragons, Strangelove etc.) das neue Album entstanden. Es heißt "Authority", kommt mit stylischen Videos von "You Can Dance" und "Refuge" daher, und ebensolchen Fotos; darauf inszenieren sich Client als Mafia-Witwen. Kate Holmes hält sogar eine, ah, Pistole in der Hand. Nun ja, das tat zuletzt auch Madonna. Nein, wir fürchten uns nicht, denn Kate meint das ja "tongue in cheek", wir denken eher an Dolce & Gabbana, die sich, eh klar, niemals Pistolen zeigen trauen würden. Auch das Video zu "Refuge" ist "italienisch": der Fotograf und Regisseur Carlo Roberti hat es in Rom gemacht.
Das Video zu "You Can Dance" haben die beiden ModespezialistInnen und Multimedia-KünstlerInnen Vin & Omi aus England gemacht; im Song selbst geht es um den Dancefloor und die ihm meist automatisch zugeschriebenen Hilfsmittel Drogen und Alkohol.
Ein schöner Wechsel insgesamt von Client, von ihrem bisherigen "cold war" Electro-Chic weggehend, hin zu weniger "Sterilem". Im Song "Nocturnal Eyes" etwa heißt es "The seven stars, the seven lights, the two nocturnal eyes, the conqueror,... an elixier reversing into youth." Sehr schön. Client, they still command authority.
Jetzt hoffen wir nur noch, dass Client auch mit dem neuen Album "Autority" wieder in Österreich spielen werden. Wie löst Kate Holmes das auf der anstehenden Tour, dass die alten Songs so mit Sarah Blackwood verbunden sind? Wird Nicole Thomas sie einfach singen? Zuerst, so Kate Holmes, werden wir das neue Album spielen und nur ein oder zwei von den Client-"Klassikern" als Zugabe, und diese zum Teil etwas umarrangiert, und dann werden Nicole und ich einfach weiter sehen. Denn eigentlich ist Kate Holmes selbst fast ein wenig erstaunt darüber, wie gut dieses Client-Comeback ankommt, wie gut die Platte international gleich aufgenommen worden ist.