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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

2. 4. 2013 - 19:00

Black Rebel Motorcycle Club sind zurück

Das US-Trio Black Rebel Motorcycle Club meldet sich drei Jahre nach dem letzten Album "Beat The Devil´s Tattoo" wieder zurück mit einem neuen Longplayer samt Tour, die auch nach Österreich führt.

"Specter At The Feast"
Das neue Album von Black Rebel Motorcycle Club im FM4 House Of Pain, am Mittwoch, den 3. April (22-0 Uhr)

BRMC
Die Band ist am Donnerstag, den 4. April, bei Radio FM4 für ein Interview zu Gast und spielt eine Akustik Session

Die Älteren unter uns drehen jetzt das Rad der Zeit ein wenig zurück und erinnern sich mit leichter Nostalgie an die Anfänge der kalifornischen Band Black Rebel Motorcycle Club, vielleicht etwa auch an ein Festival-Konzert des Trios in Wiesen im Burgenland. Über zehn Jahre liegt das zurück. Den Spätergeborenen unter uns, die die Band - gern kurz als BRMC bezeichnet - damals nicht miterlebt haben, darf ich den sogenannten "Backcatalogue" des BRMC empfehlen, etwa das vor ziemlich genau zwölf Jahren erschienene Debütalbum "B.R.M.C.", samt der Single "Whatever Happened To My Rock 'N' Roll", oder "Howl", den 2004er Longplayer von BRMC.

US-Trio Black Rebel Motorcycle Club

UNiversal

Mineralwasser in Leahs Hand? Hey, what happened to my rock´n´roll? ;-)

Black Rebel Motorcycle Club sind benannt nach der Motorrad-Gang aus dem Film "The Wild One" mit Marlon Brando, 1953.

Robert Been, Peter Hayes und Nick Jago wurden damals via Großbritannien zu mittleren Rockstars. Die Karriere von US-Bands nimmt ja immer wieder mal den Ausgang in England, so etwa auch geschehen mit den Strokes, zu deren Sound der BRMC damals übrigens einen guten Counterpart bildete. Während sich in den Staaten kaum eine Menschenseele schert und eine an die Nieren gehende Tour quer durch das Land längst noch keinen Erfolg garantiert, da scharen sich britische Popjournalisten gern mal um so eine hoffnungsvolle junge Band. Die Musik-Wochenzeitschrift New Musical Express, kurz NME, baut rasch einen sogenannten Hype auf, oder Radio-DJs wie John Peel - Gott hab ihn selig - bringen Musik on the airwaves, die gewöhnlich im mehr oder weniger Mainstream-Radio nichts verloren hat. Ja und so hat alles begonnen mit den drei in schwarzem Leder gekleideten Rockern, die sich in San Francisco getroffen hatten und am Punk von Iggy & The Stooges, aber auch an den Doors orientierten, vor allem aber an britischen Bands aus der jüngeren Vergangenheit wie The Jesus & Mary Chain oder Spacemen 3.

Der Gitarrist, Songschreiber und Sänger Pete Hayes war bei Anton Newcombes gefürchtet dysfunktioneller Neo-Psychedelik-Band The Brian Jonestown Massacre gewesen, Robert Turner, der Songwriter, Sänger, Bassist und Gitarrist, kam aus einer musikalischen Familie, mit der er jedoch nicht wirklich in Verbindung gebracht werden wollte und Drummer Nick Jago war mit seiner Familie aus dem beschaulichen südwestenglischen Devon nach Kalifornien gezogen.

US-Band Black Rebel Motorcycle Club

Black REbel Motorcycle Club

Black Rebel Motorcycle Club zogen nach Los Angeles, wo sie - nach erstem Musikindustrie-Interesse - in Eigenregie ihr Debütalbum aufnahmen. Durch den Erfolg in Großbritannien, und auch wegen Visa-Problemen von Nick Jago, spielten BRMC das nächste Album, "Take Them On, On Your Own", in London ein. Als der von Anfang an mit Drogenproblemen belastete Schlagzeuger jedoch wieder in die Staaten einreisen durfte, übersiedelte die Band zurück nach Los Angeles.

Michael Been

Bono, der anscheinend allmächtige U2-Sänger, hatte vermittelt. Bono? Was hat jener Bono-Superstar mit dem Black Rebel Motorcycle Club zu tun? Nun ja, Robert Turner heißt eigentlich Robert Levon Been und sein Vater, der US-Musiker Michael Been, hatte eine Band namens The Call und auf einem ihrer Alben sang Bono mit. Irgendwann in den 1980er Jahren hatte man sich getroffen. Michael Been kannte viele und spielte mit vielen Musikern, etwa mit dem Briten Peter Gabriel. Bei The Call wiederum spielte ein gewisser Garth Hudson mit, der bei Bob Dylans legendärer Begleitband The Band ("The Big Pink") war. Dort war auch ein gewisser Levon Helm tätig, nach dem Michael Been seinen Sohn Robert Levon benannte. Mit dem Vater, einem sauguten Musiker samt 80er-Jahre MTV-Hit ("When The Walls Came Down"), wollte der Sohn nicht in Verbindung gebracht werden. Erst mit dem dritten BRMC-Album, "Howl", benannte sich Robert Turner um in Robert Been.

Darüber, dass sein Vater ein Multiinstrumentalisten- und Produktionskaliber mit einem eindrucksvollen CV war, sprach Robert Been aber stets weiterhin kaum. Auch, dass Michael Been in Martin Scorceses "Last Temptation Of Christ" mitspielte, verschwieg er gern. Been Senior schlüpfte in "Die letzte Versuchung Christi" in die Rolle des Apostels Johannes. Oder auch die Tatsache, dass jener offizielle Wahlkampf-Song, für den sich Al Gore entschieden hatte, als er im Jahr 2000 zum US-Präsidenten kandidierte, aus der Feder seines Vaters stammte, trug Robert Been nie vor sich her. "Let The Day Begin" hieß das Stück.

Warum ich das alles erzähle? Weil es gewissermaßen interessant ist und weil Robert Been nun erstmals mehr oder weniger direkt über seinen Vater spricht bzw. singt. Weil die Lead-Single vom neuen Album des Black Rebel Motorcycle Club eine Coverversion von einem Song von The Call ist, von ebenjenem "Let The Day Begin". Und weil BRMC nach dem letzten Album beinahe aufgaben, durch einen Tod so richtig aus der Bahn geworfen. Den Tod von Michael Been.

Michael Been, Peter Hayes - US-Musiker

Been

Michael Been und Peter Hayes

Robert Beens Vater war rasch zum Betreuer der Band seines Sohnes geworden, vor allem bei den Plattenaufnahmen und dann als Sound-Techniker bei den BRMC-Konzerten. Nachdem die Band eine Zeit lang ihre liebe Not mit Live-Mixern hatte, rief Robert Been den Vater zu Hilfe. Immer wieder spielte der ältere Been auch als viertes Bandmitglied auf der Bühne mit. Michael Been war eine beeindruckende Erscheinung, in jeder Hinsicht. "He is more rock´n´roll than I am", sagte Robert Been noch beim letzten FM4-Studiobesuch vor drei Jahren. Nach dem Konzert von Black Rebel Motorcycle Club beim belgischen Pukkelpop-Festival im August 2010 starb Michael Been. Er hatte einen Herzinfarkt erlitten, kurz bevor die Band von der Bühne kam. Herbeigerufene Notärzte konnten nichts mehr für den erst 60 Jahre alten US-Amerikaner tun. Black Rebel Motorcycle Club spielten die Tour noch zu Ende und flogen zurück in die Staaten. Dann setzte das Trauma ein.

Robert Been: "Music began as the best way to escape what was out there, all the shit in the world that feels false, everything you want to say against it. But when a loss like this is so close to music, it turns everything upside down. Music becomes the one place where you can´t escape."

Wie die Band dann doch wieder Hoffnung geschöpft hat, wie man aus der Dunkelheit ans Licht gekrochen ist, erzählt Robert Been so: "The only thing that helped was just getting together and plugging in. It was kind of this therapeutic process, playing with no set plan, and just feeling this energy. No one would talk, we´d just play day in and day out."

US Band Black Rebel Motorcycle Cub

Universal

"Specter At The Feast" von Black Rebel Motorcycle Club ist bei Abstract Dragon/COOP/Universal erschienen.

Der Albumtitel kommt von der Shakespeare-Tragödie "Macbeth", in der der ehemals königliche Heerführer zum König von Schottland wird. Als prophezeit wird, dass Banquos Nachkommen einmal den Thron besteigen würden, lässt der Tyrann Macbeth seinen ehemals besten Freund Banquo ermorden. Bei einem Festmahl tritt der Geist des Toten auf, ein Schatten, für alle sichtbar, außer für Macbeth. Spectre oder specter bedeutet Geist.

Leah Shapiro, die Drummerin des Black Rebel Motorcycle Club, eine gebürtige Dänin, die erst seit 2008 dabei ist und den glücklosen Nick Jago ersetzt, hat nun ihren fixen Platz in der Band gefunden, obwohl ihre Rolle keine einfache war, neben und mit diesen beiden fast schon Blutsbrüder-artigen Freunden Robert Been und Pete Hayes. Vor allem Letzterer ist seinem Freund aus Kindheitstagen beigestanden, als die Düsternis vollständig um Robert Been zu greifen drohte, ein Schatten von Shakespeare´scher Größe ihn umgab, und es tatsächlich kein weiteres BRMC-Album mehr zu geben schien. In den Bergen nahe Santa Cruz vergrub sich Pete Hayes in einem kleinen Aufnahmestudio, das früher einmal ein Postamt gewesen war. Nur einen Steinwurf weg von jenem Ort, an dem Robert Been die ersten sieben Jahre seines Lebens verbracht hatte, rackerte Pete Hayes praktisch Tag und Nacht, um den Karren namens Black Rebel Motorcycle Club wieder zum Fahren zu bringen.

Robert Been: "Peter would spend all day and night up there. Leah and I would go and check on him every few days, and he´d show us these incredible textures and guitar lines that he built."

Pete Hayes: "I´ve never seen the sunrise so many times. I´d work all night on these songs, trying to get them right."

Grief Transforming To Joy

Die durchgearbeiteten Nächte haben sich ausgezahlt. Dave Grohl lud die Band dann ein, in sein Studio 606 in Los Angeles zu kommen, wo sich nicht nur das legendäre Sound-City-Mischpult befindet, sondern wo etwa auch das "Nevermind"-Album von Nirvana entstanden war und wo Black Rebel Motorcycle Club ihr Debütalbum aufgenommen hatten. Ein Kreis schließt sich also gewissermaßen mit dem neuen Longplayer "Specter At The Feast", der dann auch den ersten Alben näher ist als etwa die späteren BRMC-Songs.

Robert Been: "It was a nice sense of return, we were grateful to Dave to afford us the chance to get back on that board again, to go back to the place where it all began for us."

Einige der neuen Songs nahmen Black Rebel Motorcycle Club dann auch im Rancho De La Luna Studio auf, das sich in Joshua Tree befindet, in der östlich von Los Angeles gelegenen Wüstengegend, wo sich etwa Queens Of The Stone Age oder auch Calexico zwischen Kakteen und Yucca-Palmlilien den Desert-Wind um die Ohren streichen ließen. Dort legte dann auch kein Geringerer als Stonerrock-Vater Chris Goss Hand an das BRMC-Musikmaterial.

Black Rebel Motorcycle Club spielen am 4.4.2013 im Gasomter in Wien und am 5.4.2013 in der Muffathalle in München.

Die Songs von "Specter At The Feast"

"Fire Walker": Der Album Opener; Robert Been singt nach einem zweiminütigen Intro "Your eyes have wept a thousand tears, you never needed mine." Herrlich kristalline Harmonien.

"Let The Day Begin": Gleich als zweites Stück am Album kommt dieser 89er-Song von Michael Been und seiner Band The Call, neuinterpretiert und vom Eighties-Sound-Gewand befreit. Robert Been: "This song was one of my earliest memories of my father´s music."

"Returning": Ein schöner Song, wieder inspiriert vom Tod des Vaters von Robert Been, samt der Textzeile "Part of you is gone. I will follow you to the other side..." Tolle Orgel.

"Lullaby": Sehr schön. Guter Flow.

"Hate The Taste": Im Stück heißt es "I hate the taste, but I´d do it all again. BRMC kämpfen sich durch all den Scheißdreck. Toller Bass von Robert Been.

"Rival": "My soul´s on fire", heißt es im Text. Das härteste Stück am Album.

"Teenage Disease": Auch eines der "rotzigen" Stücke am Album, samt Kettensägen-Gitarre.

"Some Kind Of Ghost": Wunderbar atmosphärisch.

"Sometimes The Light": Intim.

"Funny Games": Ein Stoner-Rock-Stück.

Sell It": Sehr intensiv.

"Lose Yourself": Ein superschöner Song, der das Album perfekt abschließt. "You can´t even scream, you hold it in your heart...Why won´t you lose yourself", singt Robert Been.

Vielleicht kann uns Musik ja tatsächlich retten. Oder zumindest sagen, in darkness there can be light. Wie heißt es doch in einem der Songs? "I will follow you till we all return, till we know our souls survived." "Specter At The Feast" ist ein großes Album, das beste das Black Rebel Motorcycle Club bisher gemacht haben. Keep carrying the torch for rock ´n´roll!