Erstellt am: 7. 3. 2013 - 13:30 Uhr
Der neue Chakuza

Four Music
Es ist ein langer und außergewöhnlicher, von künstlerischen Höhen und Tiefen geprägter Weg, den der gebürtige Linzer Peter Pangerl aka Chakuza in den letzten Jahren zurückgelegt hat.
Der gelernte Koch war schon in den 90er Jahren gemeinsam mit DJ Stickle und Big J als "Verbale Systematik" auf Bühnen diverser Kulturvereine und Jugendzentren in Oberösterreich zu sehen. Doch irgendwie war das nicht seine Welt. Chakuza konnte sich nie so richtig mit der heimischen Hip Hop-Szene identifizieren. Bei Jams in der Linzer Kapu oder in Freestyle-Cyphers war er eher selten anzutreffen. Die Rucksack tragende "Studenten-Rap"-Fraktion, Breakdance und Graffiti waren nicht sein Ding, obwohl Hip Hop für Chakuza ein perfektes Medium war, um seine kreative Persönlichkeit außerhalb der Küche auszuleben. Denn im Schreiben von Texten und Produzieren von Beats und Songs war Chakuza von Anfang an sehr talentiert. So hat er damals gemeinsam mit DJ Stickle das "Beatlefield"-Studio in Linz Urfahr gegründet und unabhängig von anderen österreichischen Künstlern sein eigenes Süppchen gekocht.
Mit Bushido in die deutschen Charts
Die Geschichte wurde bereits oft erzählt, daher hier die Kurzfassung: Während einem Konzert in Linz landet eine CD mit Beats von "Beatlefield" in den Händen von Bushido, jenem umstrittenen Rapper, der in den darauffolgenden Jahren zu einem der erfolgreichsten Rapper im deutschsprachigen Raum wird und eine neue Hip Hop-Ära in Deutschland einläutet: harte, explizite Texte, erzählt aus der Perspektive von Immigranten-Kids, die in sozialen Brennpunkten aufwachsen und sich mit Kleinkriminalität über Wasser halten. Dass Bushido ins Gymnasium ging und im Vergleich zu Gangster-Rappern aus Amerika eher behütet aufgewachsen ist, tut nichts zur Sache.

Four Music
Bushido erkennt das Talent von DJ Stickle und Chakuza, deren Perspektiven in der österreichischen Musiklandschaft eher bescheiden sind und lädt sie nach Berlin ein, um mit ihm an seinem neuen Album zu arbeiten.
Ab dann geht alles sehr schnell: Chakuza und DJ Stickle brechen ihre Zelte in Österreich ab und ziehen nach Deutschland. Sie unterschreiben bei Bushidos Label "Ersguterjunge" und werden Teil einer verrückten Erfolgsgeschichte, die sie an die Spitze der deutschen Charts, zu Echo-Verleihungen, The-Dome-Auftritten und in die Hip-Hop-Bravo führt. Der Kompromiss, den sie dafür eingehen müssen: Sie passen sich ihrem Umfeld optisch und inhaltlich an, tragen fortan Bomberjacken und Sonnenbrillen und schauen auf Pressefotos finster in die Kameras.
Chakuza ist plötzlich Teil der deutschen Gangster-Rap-Szene, wird von Fans belagert und gibt Interviews für MTV und Co. Zwar geschieht das alles im Schatten von Bushido, der nach wie vor den Ton angibt, aber für einen Rapper aus Linz verläuft seine Karriere in Deutschland atemberaubend gut. Immerhin landet sein erstes Solo-Album "City Cobra" im Jahr 2007 auf Platz 10 der deutschen Charts. Dass das Image des toughen Straßen-Rappers nicht so richtig zu ihm passt, merken nur seine echten Freunde und ehemaligen Wegbegleiter aus Linz.
Doch auch Chakuza fühlt sich immer unwohler in seiner Rolle. Die Beziehung zu Bushido und dessen Label wird immer angespannter. Der finale Durchbruch zum großen Popstar in Deutschland bleibt ihm verwehrt und so bricht er nach ein paar Jahren seine Zelte in Berlin ab und kehrt zurück nach Linz. Back to the roots.

Four Music
Chakuza erfindet sich neu
In Linz erlebt Chakuza ein paar herbe Enttäuschungen. Familiäre Schicksalsschläge, die Trennung von seiner Freundin, ein energieraubender Freundeskreis und künstlerische Orientierungslosigkeit bringen ihn fast dazu, seine Karriere als Rapper an den Nagel zu hängen.
Sein Partner DJ Stickle hat sich in der Zwischenzeit in Berlin als Produzent und DJ etabliert, er hat ein eigenes Studio aufgebaut und mit der Produktion am erfolgreichen Nummer 1-Album von Casper "XOXO" die Bushido-Ära hinter sich gelassen. Gemeinsam mit dem H-Blockx-Drummer Steddy arbeitet er in der so genannten "Krabbe" an neuen Beats. Bei einem Besuch in Berlin überreden sie den deprimierten Chakuza, einen Neustart zu versuchen. Die Vorzeichen für eine erfolgreiche Rap-Karriere in Deutschland haben sich in der Zwischenzeit erneut geändert: Casper, Marteria & Cro sind die neuen Stars im deutschen Rap-Zirkus. Ein guter Zeitpunkt für eine persönliche Platte.
Magnolia
Chakuza zieht von Linz abermals nach Berlin und wagt den künstlerischen Neuanfang. Die Bomberjacke lässt er im Kasten hängen.
In endlosen Studio-Sessions arbeiten Chakuza, DJ Stickle und Steddy an neuen Songs. Inspiriert von Künstlern wie M83 oder Clams Casino, werden Genre-Grenzen überwunden und die passenden musikalischen Stimmungen für Chakuzas introspektive, extrem persönliche Texte produziert. Gesungene Refrains mit Pop-Appeal, eingängige Melodien und Gastsänger wie Sebastian Madsen zeigen den Linzer Rapper von einer neuen, sehr authentischen Seite. Endlich.
Denn es scheint ganz so, als ob Chakuza nach jahrelanger Identitätssuche künstlerisch dort angekommen ist, wo er hingehört. Mit dem renommierten Four Music findet er außerdem ein neues Label, das seine Musik vertreibt und auf der seine neuen Kollegen Marteria, Dendemann und Nneka heißen. Keine schlechte Ausgangsposition für einen Neustart in Deutschland.
Mein persönliches Highlight auf "Magnolia" ist der Song "Hollywoodliebe", der auf einem Sample des Andy Baum-Songs "Slow Down" basiert.
Zu Gast im FM4 Tribe Vibes Studio
Chakuza besucht uns heute zum ersten Mal im FM4 Tribe Vibes Studio. Wir sprechen mit ihm über seine Karriere in Deutschland und hören exklusiv ein paar Songs seiner neuen Platte "Magnolia", die diese Woche offiziell erscheint. Heute (7.3.13) von 22 Uhr bis Mitternacht und ab morgen für 7 Tage on demand zum Nachhören im Stream.