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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

25. 4. 2012 - 19:10

Never change a winning team

Parov Stelar und der Swing gehen auch auf dem neuen Album "The Princess" untrennbar ihren gemeinsamen Erfolgsweg weiter.

Wer ist der erfolgreichste österreichische Musiker im Internet? Wer hat mit seiner Musik die meisten Klicks, Plays und Facebook-Fans? Falco, Mozart, Kruder & Dorfmeister, Christina Stürmer, Soap&Skin – alles falsch. Es ist Parov Stelar. Im August letzten Jahres hat das Magazin The Gap eine Statistik veröffentlicht, laut der der Linzer Musikproduzent mit 11,5 Millionen (mittlerweile sind es bereits 14!) der unbestrittene König der Klicks auf Last.FM ist und die Konkurrenz um einige Millionen locker hinter sich lässt.

Das sympathischste daran: bis vor einigen Wochen, als das Gap Parov Stelar in einem Interview zum neuen Album darauf ansprach, wusste er noch nicht einmal davon. Er ist also keiner dieser Musiker, die einen RSS-Feed mit ihrem Namen eingerichtet haben (etwas, ohne das die Schreiberin dieser Zeilen, wäre sie berühmt, wohl nicht auskommen würde), die sich den Kopf über jede einzelne Kritik zerbrechen und am Rechenschieber Facebook-Fans addieren. Parov Stelar muss sich nicht mit jeder Platte neu erfinden, er macht einfach, was sich richtig anfühlt, denn er hat seinen Weg gefunden. Der Erfolg gibt ihm Recht: jahrelange, quasi permanente Gigs von Paris bis Moskau und Thessaloniki, dazu Australien-Tour, US-Tour, Headliner-Slots auf internationalen Festivals neben Acts wie den Flaming Lips und Alanis Morisette, jubelnde Hallen voll 20.000 kreischender Fans.

Gute Laune, aber wirklich

Parov Stelar

Parov Stelar

Soweit zum Phänomen Parov Stelar. Der Musiker Marcus Füreder hat es durch eine ebenso simple wie geniale Idee möglich gemacht, durch die Verkettung von treibenden House-Beats mit Jazz-, Gipsy- und Swing-Ästhetiken aus den 20er- bis 50er-Jahren. Den Begriff Electro-Swing hat Füreder selbst in einem Interview mit einer französischen Zeitschrift vor einiger Zeit entwickelt. Noch im selben Jahr stieß er auf die erste Compilation, die unter diesem Stilbegriff firmierte. Mehr oder weniger parallel dazu dürften laut Wikipedia auch einige andere auf die Idee gekommen sein, loopbasierte Tanzmusik aus Swing- und Clubmusikelementen zu bauen.

Der Independent über das Phänomen Electro-Swing.

Parov Stelar hat damit einen Nerv der Zeit getroffen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die gute Laune, die von diesem Musikstil ausgeht, zeitlos ist. Immerhin gehen seit meinen ersten Party-Erinnerungen mit 14 bei diversen Remixen von "Bei mir bist du scheen" Hände in die Luft; genauso hatte aber das australische Duo Yolanda Be Cool erst letztes Jahr mit "We No Speak Americano" einen globalen Charts-Hit.

The Princess

The Princess Album Cover

Parov Stelar

"The Princess" von Parov Stelar ist am 20.4.2012 bei Etage Noir/Ordis/Soul Food erschienen.

"The Princess", das neue Album von Parov Stelar, ist - genau wie sein Vorgänger "Coco" - ein Doppelalbum. Für Füreder hat sich die Zweiteilung als ideale Form ergeben, denn während er auf CD2 seine Club-Tracks aus den vergangenen zwei Jahren aneinanderreiht, kann er sich auf CD1 dem Album als Königsdisziplin für Musiker widmen. Die pumpenden Beats sind hier zurückgenommen zugunsten leiserer Töne und klassischerer Songstrukturen - mehr Jazz und Pop als Swing. Die in den bisher erschienenen Album-Kritiken gemeinhin meist gelobte Nummer "Nobody´s Fool" ist neben der vielleicht herausstechendsten allerdings auch die aufgelegteste, wenn hämmernde Piano-Chords und Lyrics wie "No longer I´m gonna be your fool... I´ll be over you" sich zu einer schnöden I-will-survive-Hymne zusammentun.

Mit "This Game" oder "Dust in the summer rain" zeigt sich Parov Stelar aber auch als Produzent, der ganz ohne Trompeten mit Piano, Streichern und Gastsängern waschechte Drei-Minuten-Popsongs schreiben kann. Sogar ein einminütiger, kleiner Trauerwalzer hat sich zwischen den Liedern der ersten CD versteckt.

Parov Stelar mit Band

Parov Stelar

Seit mehreren Jahren bereits tourt Parov Stelar vornehmlich mit Band. Neben Sängerinnen und Live-Schlagzeug sind das vielleicht wichtigste Element in seinem winning team die Blechbläser. Denn es sind vor allem die Trompeten- und Saxophon-Läufe, die die Hallen zum Kochen bringen. Im nächsten Monat werden diese Hallen in Griechenland, Polen, in der Türkei und in Großbritannien stehen, aber auch den Rest des Jahres ist Parov Stelar unterwegs, um den Swing um die Welt zu tragen.