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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

8. 3. 2012 - 12:35

Pink Plastic Princess

Sex sells - auch in der Spielzeugabteilung

Paris Hilton kleineres format

Glenn Francis

Living the Barbie Way of Life

Barbie, die Plastik-Beauty von Mattel, polarisiert fast so sehr wie Rosinen im Apfelstrudel. Sie spaltet die Frauenwelt in Barbie-Gegnerinnen, die sie aufgrund des künstlichen Schönheitsideals, für das sie steht ablehnen, und in die, die so sein wollen wie Barbie und alles wofür sie steht (siehe Bild).

Lange Zeit befand sich Barbie im Zentrum der feministischen Kritik, da sie eine Vorstellung von Schönheit verkörpert, die nicht realistisch, unerreichbar ist. Doch im Kampf um Gleichberechtigung hat die Frauenbewegung an so vielen Fronten gekämpft, dass der Krieg gegen Barbie auf der Liste der Prioritäten scheinbar nach unten gerutscht war. Denn nach und nach hat sich in der Spielzeugbranche ein Trend breitgemacht, dem Barbie bloß den Weg geebnet hat.

Die Sexualisierung der Spielsachen

Unter der Flagge der Modernisierung wurden eine ganze Reihe von Spielsachen im Laufe der letzten Jahre redesigned: Sie wurden schlanker gemacht, Beine wurden verlängert, Lippen vergrößert, Taillen verschmälert (hier Wortwitz mit *plastischer* Chirurgie einfügen).

Troll Figuren

chocolate-bit.ch

Die guten alten Trolle - Vorher
die neuen Troll Figuren

Hasbro, Inc.

Und Nachher

Diese Entwicklung ist schleichend passiert. Nach und nach sind immer mehr Hersteller mitgezogen, damit ihr Produkt nicht plötzlich altmodisch daherkommt. Kürzlich brachte ein Tropfen das Fass zum Überlaufen und damit die Diskussion um sexualisiertes Spielzeug endlich wieder in Gang, nämlich als Lego deren neue Produktreihe vorstellte, die sich speziell an Mädchen richtet: Lego Friends.

Diese neue Produktlinie, in der alles pink, lila und pastellfarben ist, dreht sich um fünf Freundinnen, die nichts anderes tun als am Pool sitzen, sich die Haare machen lassen oder vielleicht mal einen Cupcake backen. In die selbe mariannengrabentiefe Kerbe schlagen die Bratz Dolls, Monster High oder Polly Pocket. All diese Figuren vermitteln Mädchen eine Ästhetik und einen Lebensstil, der vor allem aus Mode, Makeup und Handtaschen-Hündchen besteht. Die Spielsachen haben eine neue, betonte Körperlichkeit entwickelt. Die Figuren haben Sexappeal entwickelt.

Naja, und?

Der Look, der hier von der Spielzeugindustrie propagiert wird, wird für Kinder zur Norm, zum Maßstab dafür, was Schönheit ist - zumindest in Hinblick auf Spielzeug. Doch auch im richtigen Leben werden sie immer wieder mit diesem Plastic Look konfrontiert, den Frauen wie zum Beispiel Victoria Beckham verkörpern: perfekte Haut, perfekte Haare, perfektes Styling, size zero. Achja, und einen Ken an der Seite.

Ein verschwörungstheoretischerer Ansatz ist, dass die Mädchen zu späteren Konsumentinnen herangezüchtet werden sollen, die der Schönheitsindustrie hörig und willig all ihr Geld aushändigen, um eines Tages vielleicht doch dem Plastik-Ideal ihrer Puppe zu gleichen. Derart kulturpessimistische Denkweisen vertrete ich zwar nicht, aber ich würde meine Hand auch nicht ins Feuer dafür legen, dass daran kein Stück wahr ist.

Wie sich diese Eindrücke tatsächlich auf junge Mädchen auswirken hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Ich behaupte hier nicht, dass jedes Mädchen, das mit einer Barbie spielt, später mal eine Essstörung entwickelt. Wichtig ist aber, dass die dünnen, künstlichen, perfekt gestylten Darstellungen von Frauen nicht die Überhand nehmen, weder in den Medien, noch im Kinderzimmer. Es braucht auch Alternativen zum pinken Glitzer-Glamour. Mädchen dürfen zum Beispiel nicht länger den Eindruck bekommen, dass der Lego Technics Bausatz nichts für sie ist, nur weil er nicht in der Mädchenabteilung steht und die Schachtel nicht pink ist.

Aber die Mädchen wollen das doch!

Immer wieder tauchen Studien auf, die belegen wollen, dass die Mehrheit der Frauen beziehungsweise Mädchen von Natur aus Pink und Rot bevorzugen. Mag sein. Wenn die Wissenschaft das sagt ... Aber keine der Studien kann belegen, weshalb das so ist. Häufig werden dann wilde evolutionstheoretische Erklärungen vorgebracht wie "Frauen mussten in der Natur die Beeren sammeln, deshalb sind sie auf rote Farben sensibilisiert." Diese Erklärungen sind bestandlos. Solange die Testpersonen nicht in Kasper Hauser'schen Umständen aufgewachsen sind, lässt sich aus den Ergebnissen nur darauf schließen, dass Frauen von heute Pink und Rot bevorzugen. Und Frauen von heute sind natürlich vorbelastet. Von Geburt an werden Babys in blaue und pinke Strampler eingeteilt, bekommen unterschiedlich gemusterte Spielsachen, Anziehsachen, Bettwäsche etc., etc. Und kaum ein Kind ist heute nicht von klein auf der Werbung ausgesetzt. Gerade dort wird auf Geschlechterrollen gesetzt, inklusive einer ganz klaren Farbenlehre.

lego city

Lego Group

Buben. Blau. Polizei.
Lego friends

Lego Group

Mädchen. Lila. Cupcakes.

Menschen die in dieser Welt von Pink vs. Blau aufgewachsen sind, sind also für eine ernstzunehmende Studie über die farblichen Präferenzen der zwei Geschlechter unzulässig.

* Pink ist nahe an Rot, und das ist eine Farbe von Kraft, Kampf usw., Blau war häufig in Darstellungen der Jungfrau Maria zu finden

Übrigens gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass Pink Anfang des 20. Jahrhunderts die männliche Farbe und Blau die weibliche war*. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das geändert und die Farben wurden zu so etwas wie sichtbaren Geschlechtsmerkmalen.

Pink soll hier nicht diffamiert werden. Pink ist eh super. Und Lila auch. (Über Pastellfarben lässt sich streiten.) Aber besucht man in großen Spielzeugläden die so bezeichnete Mädchenabteilung, dann bekommt man leicht Augen-Diabetes. Die Mädchenwelt die dort in den Regalen wiedergespiegelt wird, hat eine überaus beschränkte Farbpallette und die Themenschwerpunkte sind Puppen und Schmuck. Bei den Burschen hingegen, da gibt's die coolen Sachen: Roboter, Chemiebausätze, Lerncomputer und Lego, dass sich nicht nur um Cupcakes dreht.

Weil Mädchen sich selten in die Jungenabteilung trauen (und umgekehrt gilt übrigens dasselbe) ist es umso wichtiger, sie nicht in pinke Spielzeug Ghettos zu sperren, wo sie nur von falschen Schönheitsidealen umringt sind, denn sonst: