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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

20. 1. 2012 - 16:33

Sebastian Kurz

Vom leicht belächeltem Jungpolitiker im "Geilomobil" zum Jungstar der Regierungsbank? Der Integrationsstaatssekretär ist am Montag zu Gast bei FM4.

Als Sebastian Kurz vergangenen Frühling als Staatssekretär für Integration im Gespräch war und den Job dann auch bekommen hat, wurde heftig diskutiert. Kurz wäre zu jung (damals 24 Jahre alt), ein Schnösel (in Wien Hietzing geboren und wohnhaft), unqualifiziert (mit einem angefangenem Jus-Studium). Zudem war da noch ziemlich unklar, was so ein Integrationsstaatssekretär überhaupt machen soll und kann. Den Job gab es bis dahin nicht und Integration ist ein Kampfbegriff, der zwar alle betrifft, dessen konkrete Bedeutung - egal ob MigrantIn erster, zweiter, x-ter Generation oder ÖsterreicherIn - aber umstritten ist.

Hinter den schwachen Argumenten Alter und Herkunft sowie der in der Politik sonst ebenso selten geforderten wie erbrachten Qualifikation gab es aber auch weitere Argumente, die gegen Sebastian kurz als Mitglied einer Bundesregierung gesprochen haben: Er hatte einen Hang zu seltsamer Wahlwerbung zwischen sexuellen Anspielungen und Sexismus.

JVP Wien

JVP Wien

Sex sells?

"Wenn wir unseren Verkehr so planen, kommen wir nie in Fahrt..." - Mit diesem Spruch warb die JVP Wien 2009 für ihre Hauptforderung, die Nacht-U-Bahn am Wochenende, quasi als verfrühtem Auftakt für die Gemeinderatswahl im Herbst 2010. Dazu gab es das passende Sujet mit einer jungen Frau, die offensichtlich oben ohne ist.

Der Spruch und das Bild sind von Medien und anderen Parteien kritisch aufgenommen worden - das Thema Nacht-U-Bahn hingegen wurde von der SPÖ aufgegriffen, bei einer Volksbefragung 2010 abgefragt und später auch umgesetzt.

Im Gemeinderatswahlkampf 2010 hat Kurz dann noch eines draufgesetzt und ist mit dem Spruch Schwarz macht geil begleitet von leichtbekleideten Frauen im "Geilomobil" vor dem Wiener "Moulin Rouge", äh "Moulin Noir" aufgefahren.

Sebastian Kurz war als Bundesobmann der JVP für beide Aktionen verantwortlich. Für die Wahl dürften sie wenig gebracht haben: Die ÖVP hat in Wien fast fünf Prozentpunkte verloren und 14 Prozent der Stimmen erreicht. Und unter den jungen WählerInnen und Wählern war sie laut einer Umfrage vor der Wahl noch ein Stück schlechter aufgestellt.

Unvermuteter Erfolg

Innerparteilich geschadet hat ihm das aber nicht. Knapp ein halbes Jahr nach der Wahl hat Kurz seinen neuen Job als Staatssekretär für Integration aufgenommen - und sich seither völlig gewandelt. Keine Spur mehr von vielleicht zu lockeren Sprüchen, und MigrantInnenorganisationen gestehen ihm zu, dass er sich bemüht, das Bild des Ausländers, der Ausländerin positiv zu verändern.

"Integration durch Leistung" lautet die erste Devise von Sebastian Kurz, "Deutsch als Basis für Integration" die zweite. Zwei sehr breite Ansagen, die auch kritisiert werden, aber man kann nicht sagen, dass Kurz nicht versucht, sie zu füllen.

Sogenannte IntegrationsbotschafterInnen, hauptsächlich Prominente MigrantInnen, die das beschworene Leistungsprinzip versinnbildlichen. Sie erzählen in Schulen, Betrieben, Organisationen ihre Geschichte und sollen so dafür sorgen, dass "mehr und mehr Migrantinnen und Migranten nicht nur am Papier, sondern auch im Herzen Österreicher sind."

Daneben fließen aus seinem Budget über zwei Millionen Euro in Deutschkurse, ähnliche Beträge stehen für Projekte mit Kindern und Jugendlichen bzw. der Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz im Gespräch mit SchülerInnen

FM4 / Alex Wagner

Dafür wird Kurz von links wie rechts gescholten: Auf FPÖ-nahen Internetseiten wird er als "der Multi-Kuli-Euphorie verfallen" dargestellt. NGOs hingegen kritisiert ihn als "Meister der schönen Worte", als PR-Maschine, die kein echtes Gegengewicht zur Innenministerin Johanna Mikl-Leitner darstellt. Inwieweit der Leistungsbegriff, den Kurz als Vorbild herausstreicht, als Forderung zur Integration tauglich ist, wird ebenfalls in Frage gestellt. Gudrun Biffl, Ökonomin am WIFO und Dekanin an der Donau-Uni Krems interpretiert Kurz an dieser Stelle um: "Es ist klar, dass die österreichische Wirtschaft ohne die Migrantinnen und Migranten nie dorthin gekommen wäre, wo sie heute ist. Und so gesehen finde ich es nur fair, dass man anerkennt, welche Leistungen Migrantinnen und Migranten erbracht haben."

Kurz bei FM4

Kommenden Montag, 23.Jänner, ist Sebastian Kurz ab 17 Uhr zu Gast bei FM4.

Wir sprechen mit ihm über die Kritik an ihm und seiner Arbeit, Integration durch Leistung und was ÖsterreicherInnen zur Integration beitragen müssen.

Das Studiogespräch zum Nachhören gibt es hier.