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16. 12. 2011 - 17:12

Musik/Praxis: Verwertungsgesellschaften

Im dritten Teil der mica-Serie: Verwertungsrechte ermöglichen den Urhebern, mit ihren Werken Geld zu verdienen. Wie funktioniert das in der Praxis?

Rein theoretisch müsste jeder, der ein Werk auf eine der fünf Verwertungsarten nutzen möchte, den Urheber fragen, ob er das tun darf und mit ihm eine Vergütung dafür aushandeln. Nun ist es schwer vorzustellen, dass etwa ein Konzertveranstalter vor dem Konzert bei den auftretenden Musikern erfragt, welche Nummern sie denn zu spielen gedenken, danach im Fall, dass sie nicht nur eigene Werke spielen wollen, die Rechteinhaber dieser Werke recherchiert, sie kontaktiert und mit jedem einzeln verhandelt, was sie dafür bekommen sollen. Verwendet z.B. eine Privatperson Musik auf seiner Website oder seinem Anrufbeantworter, müsste natürlich auch sie die Rechteinhaber kontaktieren und verhandeln, vom Aufwand für TV- und Radiosendern, die hunderte Werke täglich nutzen, ganz zu schweigen.

Musik/Praxis

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Die naheliegende Lösung ist eine kollektive Rechtewahrnehmung.

Urheber haben sich zu so genannten Verwertungsgesellschaften zusammengeschlossen, die für sie gemeinsam gewisse Rechte wahrnehmen. In Österreich werden diese Rechte, soweit sie musikalische Urheber, insbesondere Komponisten und Texter, betreffen, von der AKM (das steht für Autoren, Komponisten und Musikverleger) und der Austro Mechana (Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Gesellschaft m.b.H.) wahrgenommen. Solche Verwertungsgesellschaften gibt es in sehr vielen Ländern und sie haben gegenseitig Verträge abgeschlossen, die es nun z.B. der AKM und der Austro Mechana für Österreich erlauben, beinahe das gesamte geschützte Weltrepertoire der Musik anzubieten.

AKM

Die AKM ist zuständig für Aufführung, Sendung und Zurverfügungstellung, die Austro Mechana für die mechanischen Rechte, also Vervielfältigung und Verbreitung (Herstellung von Tonträgern). Ein Veranstalter eines Konzerts muss also z.B. von der AKM eine Lizenz gegen Bezahlung erwerben, um geschützte Musik öffentlich aufführen zu dürfen. Dieses Geld wird nach Abzug des Betriebsaufwands der AKM (derzeit ca. 12%) nach festen Regeln an die Komponisten und Textautoren verteilt.

Damit die AKM weiß, an wen sie das Geld verteilen soll, gibt es Programm-Formulare, in denen die Titel der Stücke und der Komponist sowie (wenn vorhanden und bekannt) Bearbeiter, Arrangeur und Verleger einzutragen sind. Das ist zwar grundsätzlich Aufgabe des Veranstalters, da dieser aber meist gar nicht weiß, welche Stücke gespielt wurden und von wem sie sind, sollten die Musiker sich unbedingt selbst darum kümmern und diese Programm-Formulare ausfüllen und rechtzeitig (es gibt Einsendefristen, die man der Website der AKM entnehmen kann) an die AKM übermitteln (das geht online über die AKM-Website, per E-Mail, Fax oder Post).

Damit man Geld von der AKM bekommen kann, muss man entweder Mitglied der AKM oder einer ausländischen Verwertungsgesellschaft sein, die sich um die Wahrnehmung dieser Rechte kümmert. Es wäre also z.B. auch möglich, Mitglied der deutschen GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) zu sein und über diese die von der AKM von einem Veranstalter in Österreich einbezahlten Gelder zu bekommen. Macht das Sinn? Wohl nur dann, wenn man mehr Tantiemeneinkünfte aus der Nutzung seiner Werke in Deutschland erwarten kann. Denn natürlich zieht sich auch die GEMA etwas für ihren Betriebsaufwand ab, je mehr Stellen in die Weiterleitung der Gelder involviert sind, desto weniger bleibt also den Urhebern.

Es ist aber auch möglich, Mitglied bei mehreren Verwertungsgesellschaften zu sein. Man kann z.B. in seinen Wahrnehmungsverträgen mit AKM oder Austro Mechana Deutschland ausnehmen (unter dem Punkt Besondere Vereinbarungen bzw. Sondervereinbarungen) und mit der GEMA (dann aber nur für Deutschland) ebenfalls direkt einen Vertrag abschließen. Das bedeutet natürlich mehr Verwaltungsaufwand, kann aber von Vorteil sein. Wenn man etwa in Deutschland eine Charts-Platzierung hat und sehr viele Tonträger verkauft, live aber vor allem in Österreich präsent ist, würde diese Ausnahme im Wahrnehmungsvertrag mit der Austro Mechana Sinn machen.

Wie werde ich Mitglied von AKM und/oder Austro Mechana und was bedeutet das?

Mitglied kann jeder Urheber eines musikalischen Werkes werden, das im laufenden Jahr oder im Vorjahr öffentlich aufgeführt, im Radio oder TV gesendet, im Internet zur Verfügung gestellt oder auf einem Handelstonträger vervielfältigt wurde (eine Nutzungsart reicht aus) - Staatsbürgerschaft, Wohnsitz oder Ähnliches spielt keine Rolle. Die Mitgliedschaft kostet derzeit bei der AKM einmalig € 78.- (€ 12.- für Schüler, Lehrlinge und Studenten bis zum 20. Lebensjahr), bei der Austro Mechana € 55.-, laufende Kosten gibt es keine. Der Aufnahmeantrag kann einfach online abgeschickt werden. Man bekommt nach Prüfung des Antrags Beitrittsformulare geschickt, darunter den Wahrnehmungsvertrag der AKM und der Austro Mechana, in denen der Urheber die Verwertungsgesellschaften mit der Rechtewahrnehmung für alle seine Werke beauftragt.

Mit "alle" sind sämtliche Werke gemeint, die der Urheber bisher geschaffen hat und alle, die während der Vertragslaufzeit entstehen. In dem Vertrag verpflichtet man sich auch, alle seine Werke anzumelden. Es ist also weder möglich, manche Werke auszunehmen, noch würde es einen Unterschied machen, wenn man gedenkt, Werke unter anderem Namen zu veröffentlichen. Wenn man nun die Verwertungsrechte an seinen Werken übertragen hat, bedeutet das auch, dass man selbst auch nicht mehr darüber verfügen kann, denn man überträgt die Rechte exklusiv.

AustroMechana

Möchte also z.B. ein Label eines meiner Werke auf Tonträger veröffentlichen, dann kann ich nicht einfach zustimmen und irgendeinen Betrag (oder auch gar nichts) dafür verlangen, sondern das Label muss sich an die Austro Mechana wenden. Ich darf dann auch nicht meine eigenen Werke verschenken, wie bei einer nicht-kommerzielle Nutzung (z.B. für eine Werbung der Caritas), selbst wenn ich das wollte. Ich kann auch meinem besten Freund nicht versprechen, dass ich auf seinem öffentlichen Fest gratis meine eigenen Songs live spielen werde (der Teil geht natürlich schon) und ihm daraus keine Kosten entstehen, denn er wird für die Nutzung meiner Songs eine Lizenz bei der AKM erwerben müssen.

Dafür bekomme ich dann aber auch meist eine Vergütung, wenn eines meiner Werke genutzt wird. Die Verwertungsgesellschaften sind in der Lage, mit einer Vielzahl von Musiknutzern Vereinbarungen abzuschließen und kontrollieren etwa auch in Lokalen, ob geschützte Musik abgespielt wird. Für den einzelnen Urheber wäre es völlig unmöglich, eine so umfassende Vergütung aus der Nutzung der Verwertungsrechte zu erzielen.

In der Praxis zahlt sich das für mich aus, wenn ich öfter live auftrete und meine eigenen Werke spiele (oder jemand anderer spielt meine Werke), wenn Werke von mir in größeren Radiostationen oder TV-Sendern gespielt werden (bei den Kleinen erfolgt keine werkweise Tantiemenausschüttung, also keine genaue Abrechnung nach einzelnen Werken) und wenn meine Werke auf Tonträgern veröffentlicht werden. Für viele Komponisten und Texter, die das Musikschaffen halbwegs professionell betreiben, stellen die Tantiemen der Verwertungsgesellschaften einen nicht unerheblichen Teil ihres Einkommens dar. Es ist also ernsthaft zu überlegen, ob man auf dieses Geld verzichten will.

Was man tun muss, wenn man bei einer Verwertungsgesellschaft ist und selbst seine eigenen Werke nutzen möchte, darum geht es im nächsten Teil von Musik/Praxis, der am 23.12. erscheinen wird!