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30. 4. 2011 - 06:00

Yasuní: Artenvielfalt oder Geld

Der Nationalpark Ecuadors birgt nicht nur die größte Artenvielfalt der Welt, sondern auch ein gewaltiges Erdölvorkommen.

Filmvorstellungen mit anschliessender Diskussion mit Lisa Stern (Regieasstistenz, Gesang) & Eric Spitzer -MARLYN (Produzent, Sounddesigner)

Wien: Freitag 27.5., 17.30 Bellaria Kino
St. Pölten: Montag 30.5., 20.00 Cinema Paradiso
Horn: Dienstag 31.5. , Mittwoch 1.6. , 20.00 Stadtkino Horn

von Mariella Kogler

Ecuador ist eines der ärmsten Länder der Welt – nach Bolivien das zweitärmste Südamerikas. Reich ist Ecuador "nur" durch seine Vielfalt, die es in sich birgt – sei es topographisch, ethnisch oder auch klimatisch. Reich ist Ecuador auch an Bodenschätzen. Mehr als die Hälfte der Exporte des Landes bestehen aus dem Verkauf von Erdöl. Ein Drittel des gesamten Erdölvorkommens Ecuadors lagert im Yasuní Nationalpark im Osten des Landes.

Der Yasuní Nationalpark ist nicht nur der größte Nationalpark Ecuadors, er gilt auch als einer der an Artenvielfalt reichsten der Welt. 1.130 Baumarten und zwischen 567 und 630 Vogelarten sind dort beheimatet. Klingt nach purer Idylle – wäre da eben nicht das Erdöl, das im Boden lagert.

Nationalpark in Ecuador

Yasuni

Ein unmoralisches Angebot oder ein erster Schritt in eine erdölfreie Zukunft?

Im Ölfeld von Ishpingo-Tiputini-Tambococha (ITT), das im Osten des Yasuní-Nationalparks liegt, wird fast eine Milliarde Barrel Rohöl vermutet (1 Barrel = 159 Liter).

Am 5. Juni 2007 machte Präsident Rafael Correa der Welt ein außergewöhnliches Angebot: Ecuador erklärt sich dazu bereit, das Erdöl nicht zu fördern und im Boden zu belassen. Zum Schutz des Regenwaldes, zur Erhaltung der Artenvielfalt und auch zum Schutz der indigenen Völker, die in diesem Gebiet leben. Im Gegenzug dazu verlangt es aber Ausgleichszahlungen von den Industriestaaten. Erpressung - könnte man meinen, doch Präsident Rafael Correa erklärt, es gehe nicht um Wohltätigkeit, sondern um die Anerkennung der internationalen Gemeinschaft für die gemeinsame Verantwortung, Yasuní als Schatzkammer der Artenvielfalt zu erhalten.

3.500 Millionen Dollar (2,8 Milliarden Euro) im Laufe von 13 Jahren – so lautet die Forderung der ecuadorianischen Regierung. Das entspricht in etwa der Hälfte jenes Betrages, den Ecuador als Ertrag des Verkaufes des Erdöls zu erwarten hätte. Das Geld würde in den Schutz der Natur und in erneuerbare Energien fließen.

Karte von Ecuador

Yasuni

Einige Länder wie Spanien oder Chile haben bereits ihre Unterstützung zugesichert. Deutschland, das ursprünglich sehr angetan war von Correas Idee, hat 2010 einen Rückzieher gemacht. Das Modell Kompensationszahlungen als Entwicklungshilfe zu verlangen, könne Schule machen und werde daher nicht unterstützt, so der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel damals.

Obwohl 2010 bereits ein Vertrauensabkommen mit der UNO unterzeichnet worden ist, bleibt die Zukunft des Projektes ungewiss. Die Vorbereitungen für eine etwaige Förderung des Öls laufen nach wie vor. Und wenn bis Ende des Jahres 2011 nicht genügend Geld für Ecuador zur Verfügung steht, dann droht Präsident Rafael Correa mit den Bohrungen zu beginnen.

Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Yasuní und sein Ölfeld von Ishpingo-Tiputini-Tambococha (ITT) wäre aber nicht die erste große Zerstörung im ecuadorianischen Regenwald. Seit Jahrzehnten wird in der Amazonasregion Erdöl gefördert. Es ist dabei immer wieder zu Betriebsunfällen gekommen, bei denen Rohöl in den Urwald und in die Flüsse gedrungen ist und diese verseucht hat. Erst im Februar dieses Jahres wurde der US-Ölmulti Chevron dazu verurteilt, Schadensersatz in Höhe von rund acht Milliarden Dollar (das sind ca. sechs Milliarden Euro) für massive Umweltschäden im Amazonas-Gebiet zu bezahlen. Zu Beginn der 90er-Jahre hatte sich der Konzern aus Ecuador zurückgezogen und Verwüstung hinterlassen.

Der Film: "Yasuní – dos segundos de vida"

Ab heute ist der Film in ausgewählten Kinos in Wien, Linz und Graz zu sehen.

Regisseur Leonardo Wild hat sich in seinem Dokumentarfilm „Yasuní – two seconds of life“ dem Nationalpark und seiner Bewohner angenommen. Er beleuchtet dabei das Problem von allen Seiten – von jener der Ölkonzerne genauso wie von der des indigenen Volkes „Waorani“, das in den Regenwäldern des Amazonasbeckens im Osten Ecuadors lebt.