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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

14. 3. 2011 - 14:52

Ausgehen in Salzburg

Ambitioniert, abwechslungsreich und ausverkauft. Die erste "Große N8 Musik" zeigt, das Vielfalt und Jugendkultur in Salzburg kein Widerspruch sein muss.

Salzburg war am Samstag Abend auf den Beinen und pendelte zwischen Rockhouse, ARGEkultur, Jazzit und dem Dreigestirn in der Altstadt per Shuttlebus hin und her. Acts wie Austrofred, Effi, Fiva MC, Mono & Nikitaman und Camo & Krooked sorgten für ein spannendes Programm, das in Salzburg fehlt wie das Salz in der Suppe.

crowd

Daniela Derntl

Ausgehen

Für "Ausgehen" hat Barbi MarkovicThomas Bernhards Text "Gehen" remixed und für die Clubbingszene adaptiert.

"Wenn wir in die Clubszene hineinschauen, wofür es einer Person wie mir von Zeit zu Zeit nicht an Mut fehlt, haben wir vor uns ein riesiges Clubbing, genauer gesagt: ein im Stadtzentrum versteutes, aber in Wirklichkeit ist das keine Clubszene. Die Clubszene ist eine Clublüge."

"Was wir Ausgehen nennen, hat überhaupt nichts mit Konzept zu tun."

"Das sogenannte Clubbing-Konzept, ist immer nur ein sogenanntes Pseudo-Konzept, auch ein Alles-wurscht-Konzept."

crowd

Daniela Derntl

Wenn Barbi Markovic so über das Belgrader Nachtleben schreibt, spricht eigentlich Thomas Bernhard aus ihr, und seine bzw. ihre Worte können auch nahtlos auf den Status Quo der Salzburger Clubszene übertragen werden. Um für die notwendige Abwechslung zu sorgen, haben Daniel Weissenböck und Peter Zeitlhofer das Konzept der "Großen N8 Musik" entwickelt: 6 Locations, 20 Acts, 1 Ticket. Ein Mini-Festival in der Festspielstadt, in der es abseits der Hochkultur für die Jugendlichen eher mager aussieht.

Dabei war es den beiden Veranstaltern auch ein Anliegen, das für "Jedermann" etwas dabei ist: der stilistische Spannungsbogen reichte von Hip Hop über Indie-Pop zu Techno und Drum´n´Bass.

Austrofred

Daniela Derntl

21.00 Jazzit - Austrofred

Die Maxime von mindestens zwei verschiedenen Musik-Genres pro Location sorgte für eine gute Publikumsdurchmischung. Besonders auffällig war diese im Jazzit, wo Austrofred mit seiner Championshow und "Radio GaGa" unplugged den Abend eröffnete. Das Altersspektrum reichte dort von 14 bis 64. Austrofred war bereits vor dem Konzert in Salzburg unterwegs und unterhielt die Menge vor dem Republic Cafe mit einer gewohnt scharfzüngigen und launigen Rede zur Lage der Austro-Pop-Nation, bei der er prognostizierte, dass die "Große N8 Musik" für Salzburg wichiger werden wird, als die Kleine. Seine umfassende Mozart-Expertise verleiht dieser Aussage natürlich doppeltes Gewicht.

trouble over tokio

Daniela Derntl

Auf Grund des großen Andrangs bildete sich vor dem Jazzit, wie auch vor allen anderen Lokalen eine sehr lange Besucherschlange, die bei einigen für Verärgerung sorgte. Beides war zu erwarten und bestätigt das enorme Interesse der Salzburger an diesem Event, zu dem auch Besucher aus München oder Wien extra angereist waren.

Von "Trouble over Tokio", sehe ich leider nur den Drummer, der Austrofred bei "Schifoan" unterstützt. Danach mache ich mich mit dem Shuttlebus auf den Weg ins Rockhouse. Meine Sitznachbarin mit dem selbstgezeichneten Party-Stundenplan ist etwas gestresst, denn die Tickets sind in einigen Locations bereits ausverkauft.

effi

Daniela Derntl

22.30 Rockhouse - Effi

crowd

Daniela Derntl

Großes Gedränge im Rockhouse, dennoch bleibt das Publikum freundlich und höflich. Die Salzburger erzählen mir, dass, verglichen mit einem normalen Samstag Abend, eine ungewohnt gute und fröhliche Stimmung herrscht, weil sich alle auf die Konzerte freuen.

Effi, gewohnt charmant, verzaubert vor allem seine vielen weiblichen Fans in den ersten Reihen mit den Songs seines Debütalbums "Astronaut". Doch damit auch die hinteren Reihen nicht zu kurz kommen, macht Effi mit seiner Ukulele kurzerhand einen Ausflug auf dem Bar-Tresen, wo er "Eleven" singt. "Dann danke" und weiter geht´s in den großen Saal und Fiva MC und DJ Phekt.

fiva mc

Daniela Derntl

23.30 Fiva MC & DJ Phekt

Fiva MC ist eine ganz Große, nicht körperlich, sondern wegen ihrer Freestyle-Skillz. Exterm schlagfertig und mit sichtlich viel Spaß setzt sie das Mikrofon unter Strom, während DJ Phekt als Turntable-Wizard die Beats vorgibt.

00.30 Elektro Guzzi

Während nebenan Fiva noch rappt was das Zeug hält, wird in der Bar der wabernde Techno-Teppich von Elektro Guzzi verlegt, der dort auf fruchtbaren Boden fällt. Die Stoische Motoren-Musik hypnotisiert die Zuhörer - den kreisenden Oberkörperbewegungen mit geschlossenen Augen zufolge haben sich hier einige in die Kopfnicker-Disko zurückgezogen, bei der Elektro Guzzi ihre Gehirnwindungen aufs Neue verdrehen.

elektroguzzi

Daniela Derntl

camo krooked

Daniela Derntl

01.00 Camo & Krooked

Heimspiel für Camo, der Salzburger Hälfte der FM4-Amadeus Award Gewinner 2010. Die Menge rastet aus, vom üblichen Testosteron-Überschuss wie bei anderen Drum´n´Bass Partys ist zum Glück nichts zu merken, einzig und allein Euphorie und erhobene Hände liegen in der Luft.

Camo&Krooked haben nicht umsonst so eine große Fan-Base, geschickt verknüpfen sie Drum´n´Bass mit Dubstep-Elementen und weniger harten, housigen Versatzstücken, die mit weiblichen Vocals (kein MC-Terror, zum Glück) gespickt sind. Alle 2 bis 3 Nummern drosseln sie das Tempo, um dann mit noch größerer Vehemenz dem Publikum den nächsten Endorphin-Schub zu verpassen.

crowd

Daniela Derntl

02.00 Jazzit - Ogris Debris

Perfektes Timing, als ich eintreffe, spielen Ogris Debris gerade ihren Hit "Miezekatze", leider vor lichter gewordenem Publikum. Mau! Doch angesichts der Überfüllung im Rockhouse ist es der ideale Zeitpunkt, um die klaustrophobischen Hemmschuhe bei dem gelungenen Set von Ogris Debris wegzutanzen.

Ogris Debris

Daniela Derntl

03.30 Half Moon + Soda Club

Wohin jetzt? Gudrun von Laxenburg geht sich sowieso nicht mehr aus, deshalb eine kurze Beisltour in der Altstadt. Alles ist nach wie vor gut gefüllt, sowohl in den Lokalen als auch davor. Scharenweise ziehen die Leute weiter in die ARGEkultur, wo Zanshin aka Gregor von Ogris Debris bis 6 Uhr früh auflegt.

Beim Pizzastand erzählen mir die Leute von den Konzerten von Mono & Nikitaman, Grosstadtgeflüster und Bilderbuch, die ich verpasst habe. Vor allem Mono & Nikitaman wird gelobt, die anderen schimpfen über die Organisation, weil sie wegen Überfüllung Konzerte verpasst haben. Aber eigentlich sind alle froh, dass die "Große N8 Musik" Salzburg aus dem Dornröschen-Schlaf gerissen hat. Solche rhythmischen Schlafstörungen und Musenküsse könnten ruhig öfters stattfinden und werden bereits angedacht.