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17. 12. 2010 - 12:18

Compilation of the Day

Wir nutzen die letzten Wochen des Jahres, um euch täglich die besten Sampler von 2010 vorzustellen.

Between the Lines Vol. 4 - Find Shelter

Susi Ondrusova

Between the lines 4 find shelter

Geco

Vor Ewigkeiten hat mir mal ein britischer Musiker folgenden Witz erzählt: "What´s the difference between a puppy and a singer/songwriter?" Hm? "The puppy stops whining at some point!" Es ist ein leichtes, sich das Klischee des selbstmitleidigen im Herzumbruch befindlichen Sängers mit umgehängter Gitarre und pathetischer "Ich Ich Ich"-Lyrik als Humor-Zielscheibe auszusuchen. Der Witz hat allerdings sein Ablaufdatum schon längst erreicht, denn im Singer/Songwriter Genre tut sich viel, wie die Vienna Songwriting Association Jahr für Jahr mit ihrem internationalen Bluebird Festival und mit der festivalbegleitenden Veröffentlichung des "Between The Lines" Samplers beweist. 2010 steht Between The Lines Volume 4 unter dem Motto "Find Shelter". Auf zwei CDs finden sich 40 Songs, die genau dieses Versprechen einlösen und einen warmen Schutzmantel in Songformat anbieten. Für jeden, der den feinen Unterschied von Indiepop, Country, Americana oder Folktronic zu schätzen weiss oder näher kennenlernen will. Unter anderem mit Tiny Vipers, Frightened Rabbit, Sir Tralala, Scout Niblett, Wilco, Marianne Dissard, Kristofer Aström, Townes Van Zandt.

Kitsune Maison Compilation

Derntl Daniela

Kitsune Maison Compilation 10

Kitsune.fr

Im November erschien bereits die zehnte Ausgabe des Samplers "Kitsune Maison Compilation" und das französische Label Kitsune feiert das Jubiläum mit einer Doppel-CD namens "The Fireworks Issue", die sich wirklich sehen lassen kann. 25 unterschiedliche Tracks, von Indie Rock über Disco zu Electro Pop. Die New Rave Haudegen von Digitalism steuern ihren brandneuen Track "Blitz" bei, Black Strobe, Yelle, Two Door Cinema Club sowie Justus Köhnke und der Hot Chip-Sänger Alexis Taylor sind auch darauf vertreten. "The Fireworks Issue" bringt euch sicher durch die kalten Tage, denn Tanzen ist die wärmste Jacke.

Wienmusik 2010

Andreas Gstettner

Wienmusik 2010

Monkey Music

Wien, Wien, nur du allein... Jetzt haben die "Großkopferten" auch noch ihren eigenen Sampler, hör ich schon das kritische Raunzen. Ja eh, aber trotz allen Vorbehalten muss man dieser Stadt eingestehen, dass sie neben ihrem alten Liedgut, ihrer Infrastruktur und ihrem geografisch zentralen Ankerpunkt eine große, junge Szene beherbergt und dem abgegriffenen Austro-Pop die Vormachtsstellung abgerungen hat. Wienmusik 2010 ist eine Art musikalischer Schnappschuss, wobei der Auslöser zeitgleich mit dem im Mai stattgefundenen Pop Fest gedrückt wurde. So versammelt diese Kompilation achzehn unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler, die sich selbst zum Walzerkönig oder Oaschloch ernannt haben, die über die Dächer blicken, auffordern, die Stadt zu verlassen oder gar im Begriff sind, sie anzuzünden. So verschieden wie die Motive, so verschieden ist auch die akustische Spiegelung dieser "grantelnden" Metropole. Von akustischem Gitarrengezupfe über punkigen Lärm bis zu frickeliger Elektronik schmiegen sich hier die Nullen und Einsen aus Wien aneinander. Ja, zum Raunzen gäbe es genug, wär die hier zusammengestellte Musik nicht so großartig, dass man darüber fast diese unsere Lieblingsbeschäftigung vergessen könnte.

Tradi-Mods Vs. Rockers: Alternative Takes On Congotronics (Crammed Discs)

Philipp L´heritier

Tradi-Mods vs. Rockers

Crammed

Erst im März dieses Jahres zierten Konono °1 das Cover der englischen, in allen Belangen an der vordersten Kante des Musikgeschehens forschenden Magazins WIRE. Seit einem Re-release von Material der seit den 70er-Jahren operierenden Gruppe aus der Demokratischen Republik Kongo im Jahr 2004 haben die so genannten Congotronics Produzenten von elektronischer Musik gleichermaßen wie experimentierfreudige Indie-Rocker beeinflusst. Die vorliegende Compilation zeigt nun wie sich zeitgenössische Acts dem Sound der Congotronics annähern: Stücke von eben Konono °1 oder auch anderen kongolesischen Musikern wie den Kasai Allstars werden geremixt, gecovert oder als bloßes Ausgangsmaterial verwendet. Mit dabei auf zwei CDs u.a. das Animal Collective, Deerhoof, Andrew Bird, Micachu & The Shapes, Shackelton oder die Österreicherin Lonely Drifter Karen. Ein extrem vielfältiger Einstieg in eine immer noch zu wenig erforschte Soundwelt.

Operation Pudel 2010

Susi Ondrusova

Cover von Operation Pudel

staatsakt

"Hinter den Bergen der Gewöhnlichkeit rauchen die Pudel seit schon 21 Jahren nicht zu knapp! Hier reiten sich die Schusterjungen und Hurenkinder wieder das Fleisch warm. Genau dafür hängen die Fühlfäden an der Decke. Genau dafür baumelt gleich die Musik rein." Soviel und noch mehr wird über den Hamburger Golden Pudel Club erzählt, einer dieser Clubs, für die das Attribut "Legendär" erfunden wurde. 2010 feiert der Golden Pudel Club das 21-jährige Jubiläum. Wie die Jahre zuvor kann die dazugehörige Club-Compilation als schönes Nachtleben-Souvenir verstanden werden, denn "Operation Pudel" ist der musikalische Stempel einer langen Party-Gästeliste. Unter anderem mit den Goldenen Zitronen, Studio Braun, Superpunk, Harald Sack Ziegler, Efdemin, Porky, Pollyester, Hans Unstern.

We Were So Turned On: A Tribute to David Bowie

Christian Fuchs

Albumcover

Manimal Vinyl

Songs des monumentalen David Bowie zu covern, der glamouröses Superstardom und futuristische Innovation miteinander vereinte wie kein anderer, ist eigentlich ein unmögliches Unterfangen. Zumal wenn es um seine Klassiker aus den 70er und 80er Jahren geht. Eine ganze Menge Musiker, hauptsächlich aus diversen Indieszenerien, versucht es jetzt dennoch. Und das mit dem persönlichen Segen des Großmeisters himself. "We Were So Turned On" heißt eine Dreifach-CD-Compilation, auf der viele kleine Wunder geschehen. Denn so unterschiedliche Acts wie die Dreampopper Warpaint und Chairlift, die Neo-Shoegazerocker A Place To Bury Strangers oder Folkmusiker wie Keren Ann oder Devandra Banhart mit seinem Projekt Megapuss, sie schaffen es tatsächlich. In oft bewusst verlangsamten, verhuschten oder experimentell angehauchten Versionen erstrahlen Geniestreiche wie "Ashes To Ashes" in neuem Licht. Auch Mainstreamstars wie Carla Bruni oder Duran Duran beteiligen sich an der ungewöhnlichen David Bowie-Hommage für einen guten Zweck. Gehen doch die Einnahmen der Compilation zur Gänze an die Organisation War Child, die Kindern in Kriegsgebieten und Krisenzonen hilft.
Große Highlights darauf: Das britische Electrotrio We Have Band mit einer Zeitlupen-Tribalversion von "Let's Dance", das junge Duo Exitmusic aus Brooklyn mit einer Dronepop-Variante von "Space Oddity". Und auch der beste Song aller Zeiten, "Heroes" nämlich, funktioniert in der Neudeutung von VOICEsVOICEs. Tolles Teil, für alle melancholischen Electrofolkpopper mit Bowie-Affinität. We are heroes just for one track.

„F*<k Dance, Let’s Art! Sounds From A New American Underground” (k7!)

Philipp L´heritier

Albumcover

!K7 Records

Der Titel klingt als Konzeptspender ein wenig vage. Was die meisten hier versammelten 18 Acts neben ihrem Nordamerikanischen Wohnsitz – nicht selten Brooklyn – eint, ist ihr musikalisches Einsatzgebiet: Die Schnittstelle von Lo-Fi-Indie-Pop und im Schlafzimmer produzierter, verwaschener Elektronik. Vieles, was es auf „F*<k Dance Let’s Art! Sound From A New American Underground” zu erleben gilt, kann locker unter die Mäntelchen von Chillwave und Witchhouse gepackt werden – oder in deren unmittelbarer Nachbarschaft gefunden werden: Toro Y Moi, Washed Out, Memory Tapes, Small Black - oder die Szene-Überväter vom Animal Collective. Neben den vergleichsweise großen Namen kann auch massiv Neues entdeckt werden wie beispielsweise so schön benannte Artists wie Baghdaddy, Balam Acab oder Truman Peyote.
Sehr guter Einstieg für Neuentdecker, aber auch Fundgrube für Alles-Checker.

"Ninja Tune XX Vols 1 & 2"

Ninja Tune

Natalie Brunner

Lasset noch einmal die Korken knallen für eines der großen Geburtstagskinder des Jahres 2010!
Das britische Label Ninja Tune feierte seinen Zwanziger. Die Ninjas operieren seit zwei Jahrzehnten an der Schnittstelle zwischen Hip Hop und Electronica. Nun ja das tun viele, aber was macht Ninja Tune so besonders, das seit 20 Jahren Fans jeden Release gespannt verfolgen? Zum einen haben sie immer ein Ohr in Richtung Zukunft gewendet und zum anderen, hat der Ninja Tune Definition nach, Innovation immer auch sehr viel mit Verspieltheit zu tun.
Mit größter Sorgfalt wird ausgewählt was veröffentlicht wird: Nicht nur im Hinblick ob die Musik für sich stehen kann, sondern auch ob sie in den Kontext des Labels passt.
Mit grafischen Highlights und sonstigen innovativen Gadgets erfreuen die Ninja Tunes Realese Aug und Ohr. Zu ihrem Geburtag: haben sie eine fette CD Box veröffentlicht, die sie Futurespective nennen. Junge frische Artists remixen Ninja Tune Klassiker.

Diplo, das Producer Wunderkind aus Philadelphia düst nun schon seit Jahren um die Welt, um lokale elektronische Musiken von Angola über Rio bis zu Gurdalajara einzusammeln und dann Gestalten wie Robyn mit seinen frischen Styles zu Erfolge zu verhelfen. Und ja ja, er ist auch der Producer von MIA. Sein Debüt Album "Florida" ist genau so wie seine Dancehall Varité Show Major Lazer auf Ninja Tune erschienen. Diplo ist neugierig. Eine der Hauptqualitäten eines Ninjas.

"Strange Games & Funky Things Volume 5"

DJ Phekt

Albumcover

BBE

Mit "Strange Games & Funky Things Volume 5" veröffentlicht das britische BBE-Label einen weiteren Teil seiner erfolgreichen Compilation-Serie. Verantwortlich für die Musikauswahl diesmal: DJ Spinna aus New York und das BBE-Soundsystem (Label-Gründer Peter Adarkwah & Jonathan Rau). Auf dem Cover steht „Smoking 70s Soul & Rare Grooves“ und das beschreibt den Sound dieses Samplers ganz gut. Da gibt es obskure Soul-Songs aus Philadelphia, entspannten Jazz-Funk aus Japan oder eine Instrumental-Version des O’Jays-Klassikers „For the love of money“, gespielt vom The Philly Armada Orchestra in den späten 70er Jahren, zu hören. Einige der Songs klingen vertraut. Das liegt daran, dass sie diversen Hip Hop-Produzenten als Sample-Basis für eigene Tracks dienten. So kennt man zum Beispiel die Melodie von The Ambassadors „I Ain’t got the love“ von einem Hit, den Pete Rock & CL Smooth in den 90er Jahren hatten.

Mit „Sweet Stuff“ ist ein eher unbekannter Track von Sylvia zu hören, die später unter Sylvia Robinson weltberühmt wurde. Und zwar als Gründerin des legendären Sugarhill Records-Labels. Davor versuchte sie sich selbst als Künstlerin. Der leider viel zu früh verstorbene Produzent aus Detroit J DILLA, hat sich an dem Track für seinen Song „Crushin“ bedient.

„DJ Spinna presents Strange Games & Funky Things Volume 5“ erscheint als Doppel-Vinyl mit schönem Gatefold-Cover oder als CD, plus Bonus-Mix-CD von DJ Spinna.