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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

30. 9. 2010 - 14:10

Schatzsuche 2.0

Abenteuer, Natur entdecken, die Stadt erkunden, Rätsel lösen - das alles und noch einiges mehr bietet Geocaching. Der Trend hat auch bei uns immer mehr Anhänger, aber auch Gegner.

Angefangen hat alles in den 1980ern in Finnland, als ein gewisser Nuuksion Metsäsissit, gelangweilt von der skandinavischen Winterdunkelheit, irgendwo in der Gegend um Helsinki eine kleine Box versteckte und seine Freunde dazu anhielt, die Box anhand von Koordinaten zu finden.
20 Jahre später wurde in den USA die künstlich erzeugte Ungenauigkeit von GPS-Positionsbestimmung abgeschafft. Das brachte Dave Ulmer auf die Idee, das finnische Boxen-Verstecken mit den Möglichkeiten der GPS-Technologie zu kombinieren und Geocaching ward geboren.

Was ist das?

Es geht darum, einen „Cache“ (von frz. cacher – verbergen) anhand seiner Koordinaten zu finden. Dieser Cache ist ein Behälter, der von Größe und Beschaffenheit sehr unterschiedlich sein kann. Die Koordinaten findet man im Internet. Es gibt einige Geocaching-Seiten, die größte davon ist allerdings www.geocaching.com. Auf dieser Seite muss man sich registrieren, damit man auf eine Karte zugreifen kann, auf der sämtliche Caches eingetragen sind. Die Koordinaten dieses Caches gibt man dann in sein GPS-Gerät (bzw. GPS-fähiges Smartphone) ein und begibt sich zum angegebenen Punkt. Die Koordinaten führen einen sehr nahe an den gesuchten Cache heran, trotzdem wird einem das Suchen nicht abgenommen. Das GPS-Gerät kann einen beispielsweise an die Waldlichtung führen, wo der Cache versteckt liegt, da es sich dabei allerdings oft um ein kleines Gefäß handelt, das sich irgendwo unter einer Wurzel oder in einer Baumhöhle befinden kann, dauert es manchmal durchaus länger, bis man fündig geworden ist.

Der durchschnittliche Geocacher
ist männlich, 36 Jahre alt, in einer Partnerschaft, hat ein Kind, höheres Bildungsniveau, hegt eine Affinität zu Technik und Natur und geht einmal pro Woche mit seiner Familie geocachen.

Allgemein gilt für das Geocachen, dass man sich sowohl bei der Suche, als auch wenn man den Cache dann gefunden hat, möglichst unauffällig verhalten soll. Zum Einen soll damit verhindert werden, dass Nicht-Cacher – sogenannte Muggles – den Cache finden und entwenden, leeren oder zerstören. Zum Anderen will man nicht, dass andere Cacher einen beobachten. Schließlich ist ein Fund eine Errungenschaft, die sich jeder selbst erarbeiten soll und will.

Was ist drin?

Im Cache-Behälter befindet sich immer ein Logbuch, in das sich jeder Finder einträgt, und zwar mit dem Username, unter dem er/sie auf der Geocaching-Homepage registriert ist. Das Logbuch ist also eine Art Gästebuch, in das die Finder Feedback eintragen können, wie ihnen das Versteck gefällt und wie schwer oder einfach sie den Cache gefunden haben.

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Tauschobjekte in einem Cache

In den meisten Caches findet man auch Tauschgegenstände. Das können diverse Gegenstände sein, wie Matchboxautos, Feuerzeuge oder anderer Kleinkram. Diese Tauschobjekte kann man entnehmen, sofern man dafür einen gleich- oder höherwertigen Gegenstand in den Cache legt. Was in Caches außerdem gefunden werden kann sind Travelbugs. Das sind Gegenstände, die mit einer Art Hundemarke gekennzeichnet sind und von Cache zu Cache wandern sollen. Aufgrund des Codes auf der Marke lässt sich der Weg, den ein Travelbug zurücklegt, übers Internet verfolgen. Oft haben die Gegenstände spezifische Quests, wie beispielsweise einmal die Welt zu umrunden.

Welche gibt’s?

Im Laufe der Jahre haben sich diverse Arten von Caches entwickelt. Neben dem traditionellen Cache, der sich einfach mit den Koordinaten aus dem Netz finden lässt, gibt es auch den Multistage Cache. Bei dieser Art geben die Koordinaten den Standpunkt eines Ersten Caches an, der dann die Daten des nächsten Verstecks enthält usw. Ein Multistage Cache kann den Sucher einen ganzen Wanderweg entlang führen. Besonders beliebt sind auch Mystery Caches, wo die Koordinaten des Caches erst durch das Lösen von Rätseln erlangt werden können. Nacht-Caches können nur im Dunkeln mit einer Taschenlampe gefunden werden, indem man einen Reflektor anleuchtet.

nanocache

Liz (perspicacious.org)

Ein Nanocache

Nano Caches sind besonders kleine Behälter, die dadurch oft speziell schwierig zu finden sind. In diesen Nano Caches befinden sich dann auch keine Tauschobjekte sondern nur ein winziger Papierstreifen der als Logbuch fungiert. Neue Arten von Caches kommen laufend dazu.

Wen stört das?

Mit GPS durch die Gegend zu marschieren und nach kleinen Boxen Ausschau zu halten klingt eigentlich sehr zahm, trotzdem erzeugt das Hobby bei einigen Leuten erheblichen Unmut. Jäger und Förster sind beispielsweise nicht besonders glücklich darüber, wenn in „ihrem“ Wald ein Cache versteckt wird, woraufhin ständig Leute durch das Dickicht streifen, das Wild aufscheuchen und Trampelpfade schaffen.

Durch ihr betont unauffälliges Verhalten erwecken Geocacher vor allem im städtischen Gebiet immer wieder einen verdächtigen Eindruck bei Polizisten. Da steht jemand in einer Telefonzelle oder bei einer Bushaltestelle, schaut sich ständig um und holt dann ein kleines Ding aus einem Versteck. Es kommt immer wieder vor, dass irritierte Zeugen und Anrainer dann die Polizei rufen und den Cacher in die schwierige Situation bringen, den Beamten das Prinzip des Geocachens zu erläutern.

Die deutsche Seite Die Anticacher ist eine Informationsseite für all jene, die sich von dem Schatzsucher-Spiel gestört fühlen. Als Argument gegen das Geocachen wird beispielsweise Besitzstörung angeführt, zu der es kommt, wenn Caches auf Privatgrundstücken ohne Genehmigung der Besitzer angelegt wurden. Auch die bereits erwähnten Trampelpfade bzw. das rücksichtslose Wüten mancher Cacher im Wald veranlasst den Betreiber der Seite dazu, eine Anticaching-Bewegung zu mobilisieren.
Was dabei außer Acht gelassen wird sind positive Aspekte des Cachens, wie die Cache-In-Trash-Out-Aktionen, bei denen ein stark vermülltes Gebiet gemeinschaftlich gesäubert wird und als Erinnerung daran ein Cache in dieser Gegend angelegt wird.

Wer will Geld damit machen?

Würde die Zahl der Geocacher in Österreich exponentiell weiterwachsen, würde bis 2019 jeder Österreicher cachen. Quelle: www.geocache.at

Nachdem die Zahl der Geocacher in Österreich stetig zunimmt versuchen auch immer öfter Unternehmen, den Trend zu Marketingzwecken zu nutzen. Gösser versuchte sich im Cachen und lockte die Community mit einem Jahresvorrat Bier, Sports Experts ruft zur Schatzsuche und auch Tourismus Niederösterreich versuchte auf den Zug aufzuspringen. Die fünf Caches die für Touristen angelegt und auf der Niederösterreich-Website beworben worden waren, stießen bei der Geocaching-Community allerdings aufgrund ihrer unprofessionellen Machart auf starke Ablehung.

geocaching konferenz

cip

Roman Temper erklärt auf der Konferenz "Geocaching - Gedankenaustausch" die Grundprinzipien des Cachens

Die Community sei sehr sensibel was Marketing angeht, meint Roman Temper. Er ist einer von drei Reviewern, die für die Plattform geocaching.com die Caches in Österreich kontrollieren und betreibt das österreichische Geocaching Forum . Temper hat das Hobby vor mittlerweile fünf Jahren für sich entdeckt und kennt alle Do’s & Dont’s. Die großen Dont’s sind seiner Aussage nach:

  • Gegenstände in den Cache zu legen die nicht für Kinder geeignet sind, also alles im Zusammenhang mit Drogen, Sex und Gewalt
  • Nahrungsmittel in den Cache zu legen, da dies dazu führen kann, dass Tiere das Behältnis finden und zerstören
  • Gegenstände hinein zu legen, die bei Temperaturänderung ihren Aggregatszustand ändern, wie Kerzen oder Seife

Und was Roman Temper und andere versierte Geocacher überhaupt nicht ausstehen können, ist

  • einen Cache zu verstecken, wenn man selber noch keinen gefunden hat.

Wie geht’s weiter?

Eine neue Variante des Cachens stellt Wherigo dar. In dieser Anwendung wird das Geocachen noch mit einer erzählerischen Handlung kombiniert. Die Entwickler wollen das Prinzip von Adventure Games wie Secret of Monkey Island oder Myst in eine reelle Umgebung versetzen. Während des Cachens kann man anhand von Wherigo mit fiktiven Personen und Gegenstände interagieren. Die Ausführung mag noch etwas roh wirken, aber die grundsätzliche Idee ist interessant. Bisher gab es e-Sports, wo Videogames nach sportlichen Parametern betrieben werden. Jetzt stellt Wherigo ein Beispiel für ein RealLife-Adventure dar, wo sportliche Betätigung nach Videogame-Maßstäben funktioniert. Diese Entwicklung lässt sich schon seit längerem in mehreren Bereichen der Spielebranche beobachten (ich sage nur Motion Controlled Gaming). Es bleibt abzuwarten, ob diese Caching-Art sich durchsetzen oder sogar andere Arten verdrängen wird.