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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

30. 6. 2010 - 16:20

Der Transgeniale Christopher Street Day

Mehr als Engelsflügel, nackte Hintern und Bratwurst.

In Berlin gibt es bekanntlich alles doppelt und dreifach: Oper, Fernsehturm, Zoo, Nationalgalerie, Universität. Interessanterweise gibt es aber auch zu jeder Großveranstaltung eine Gegenveranstaltung. Die Gegendemo zur kommerziellen Loveparade der Neunziger hieß mal Hate- dann Shit- und - Fuckparade, die “Giftgrüne Woche” richtete sich gegen die unökologische “Grüne Woche” und die Gegenparade zum Berliner Christopher Street Day, kurz CSD, führt seit 2006 als "Transgenialer CSD" durch Kreuzberg.

Der große CSD ist ein Touristenmagnet und großes Spektakel, das sich mit "Engelsflügel, nackte Hintern und Bratwurst" treffend umschreiben lässt. Sponsoren und Parteien von Ikea bis zur bis CDU haben da ihre Wagen. Seit der homosexuelle Mann als Werbegruppe entdeckt wurde, schmücken sich Firmen und Parteien gerne mit den Federn der Toleranz. Wowi, unser schwuler Bürgermeister Klaus Wowereit, läuft natürlich auch jedes Jahr samt Freund beim Umzug mit. Aber ein politischer Anspruch ist auf der Parade, die einst als Demo für Schwulen- und Lesben-Rechte begann, nicht zu spüren.

Christiane Rösinger

Gewaltige Zeiten, gewaltiger Widerstand das motto des diesjährigen trangenialen CDS

Dieses Jahr kam es zu einem Eklat: Die amerikansiche Feministin und Philosophin Judith Butler lehnte auf dem CSD den Preis für Zivilcourage ab, mit der Begründung, der CSD sei zu oberflächlich, kommerziell und würde sich nicht genug gegen Rassismus, auch in den eigenen Reihen, einsetzen. In iherer Begründung wies Butler noch einmal darauf hin, dass der CSD hauptsächlich von weißen, schwulen Männern organisiert sei, die sich teilweise rassistisch gegen Immigranten und Muslime geäußert hätten. "Queer" sei mehr als die eigene persönliche Freiheit, sondern es gehe "um ein breites Konzept von Freiheit, basierend auf sozialer Gleichheit". Dann rief sie dazu auf, am Transgenialen CDS teilznuhemen.


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Am letzten Samstag ging also der “Transgeniale CSD” wie ein symphatischer Dorfumzug nurch Kreuzberg und Neukölln und endete in der Kreuzberger Oranienstrasse, die mit ihren queeren Clubs und Cafes direkt neben traditionellen türkisch-arabischen Männercafes auch zeigt, wie man sich in Kreuzberg gegenseitig aushält. Es gab keine Sponsoren, keine Parteien, aber es waren mehr Transgender, mehr Frauen, als eine Woche zuvor auf dem großen CSD unterwegs.

Christiane Rösinger

Die Reden der Abschlusskundgebung gingen dann wegen schlechter Tonqualiät unter, lediglich, dass allerlei -ismen angeprangert wurden, konnte man so halb verstehen. Dann tanzten die Leute sämtlicher Geschlechter auf den Straßen, Caipirinha floss und Bratwurst gab es auch.