Erstellt am: 10. 4. 2010 - 18:00 Uhr
"Kabinenparty" als Nummer-Eins-Hit

skero
Wie bitte, was?
War das gerade Skero in den Ö3 Austria Top 40?
Auf Platz 32 der offiziellen österreichischen Verkaufscharts?
Tatsächlich.
Na, da gratulieren wir aber.
Sogar ein kleines Studiogespräch mit Ö3-Chartsmoderator
Gustav Götz ist dabei.
Kabinenparty!
Wie ist denn das passiert? Zu verdanken hat Skero das einer Facebook-Gruppe mit dem schönen Namen "Wir manipulieren die Charts - "Kabinenparty" als Nummer-Eins-Hit", die sich seit Wochen redlich bemüht, diese Tagline wahr zu machen. Der Leiter der Gruppe, User45, möchte anonym bleiben. Aber das hindert ihn ja nicht, mir einige erstaunte Fragen zu beantworten.
1. "Wir manipulieren die Charts - Kabinenparty als No.1 Hit", wie kam's?
Robert Rotifer zur Weihnachts-Single von Rage against the Machine in den UK Charts: Selling in the Name.
Die Idee kam mir letzten Dezember, als ich hörte, dass in England eine Facebook-Gruppe es schaffte, Rage Against The Machine auf Platz 1 der Charts zu pushen. Ich fragte mich, ob das hier auch funktionieren könnte.
Nach einigen Überlegungen kam mir der Gedanke in den Sinn, eine solche Aktion - mit einer politischen Ansage verknüpft - zu starten. Außerdem wollte ich österreichische Musik abseits des Mainstream darin einbinden - das war mir sehr wichtig.
Wie Martin Blumenau "Kaklakariada" zum ersten Mal gehört hat und was dann alles passiert ist.
Also gründete ich eine Facebook-Gruppe, die dazu aufrief, das Lied "Kaklakariada" von Attwenger sozusagen als Anti-Strache-Lied herunterzuladen.
Allerdings ging es da sehr schleppend voran - die Ohrwurmqualität von "Kaklakariada" ist auch nicht wirklich vorhanden -, also verwarf ich die Idee wieder.
Als ich dann aber bemerkte, dass das Lied "Kabinenparty" von Skero inzwischen überraschend große Popularität im Internet erlangt hatte, dachte ich mir, dass das die Gelegenheit sein könnte, einmal zu schauen, ob es in Österreich genauso funktionieren kann wie in England.
Außerdem ist diese Aktion eine gute Möglichkeit für Skero als von den Medien eher wenig beachteter Rapper, sich zu präsentieren - auch wenn das Lied nicht ganz seinen Stil widerspiegelt, wie ich meine.
Das Original: Skero mit Joyce Muniz auf der Wasserrutsche. Und FM4 La Boum Deluxes's Sebastian Schlachter als "Ich mein's wirklich ernst mit dir".
2. Was kann deine Kampagne schon an Erfolgen verbuchen ?
Bis jetzt haben sich ca. 1.400 bei dieser Kampagne eingetragen, aber die Gruppe ist laufend am Wachsen. Mir ist allerdings klar, dass sicher nicht alle aus der Gruppe den Track gekauft haben werden, sondern sich manche einfach beiläufig zu dieser Veranstaltung angemeldet haben. Ich schätze mal, dass das Lied sich sicher schon einige hundert Mal verkauft hat. Es ist gut möglich, dass die 1.000er-Grenze schon überschritten wurde, jedenfalls ist diese Aktion auf gutem Weg. In den offiziellen Charts von Ö3 und media control war die bisherige Höchstposition Platz 32, ich rechne allerdings damit, dass es nicht dabei bleiben wird. Auf iTunes laufen die Verkäufe von Tag zu Tag besser und diese Aktion erhält auch schon langsam mediale Resonanz. Das Lied wird mittlerweile auch schon auf mehreren Sendern gespielt. Sogar Ö3 hat sich durchgerungen das Lied außerhalb der Chartssendung zu spielen, was mich positiv überrascht hat.
Nicht das Original: Burschen covern "Kabinenparty".
3. Wie macht man so eine Kampagne? Ich habe gehört, du hast auch mit Skeros Fanclub zusammengearbeitet, und dann hab ich da auch diesen Artikel über "Kabinenparty" in der U-Bahn-Zeitung gelesen - das kann doch kein Zufall sein!
Also, diese Kampagne ließ sich sehr leicht organisieren. Nachdem ich die Seite auf Facebook erstellt hatte, suchte ich nach Möglichkeiten, die Aktion weiter zu verbreiten.
Da kam es mir entgegen, dass die "Kabinenparty"-Fansite auf Facebook und das YouTube-Video, das bereits fast 1 Million Aufrufe hat, sehr populär sind und ich hab mich auch gleich vernetzt.
Der Betreiber der Fansite unterstützte mich von Anfang an und versendete Einladungen an alle seine Mitglieder.
"Der Gute-Laune-Song schafft den Spagat zwischen Hip-Hop und Wienerlied, Booty Bass und Baile Funk, Spaß an der Freude und Freude am Spaß", macht dieser Artikel in "Heute" der erstaunten Straßenbahnfahrerin klar.
Da sich auch der Ö3-Moderator Gustav Götz in meiner Freundesliste befand, erfuhr er schnell von der Kampagne und unterstützte mich ebenfalls mit mehrmaligen Nennungen in seinen Sendungen, Blogs und Podcasts. So begann die ganze Sache zu laufen. Ich selbst war überrascht, als ich letzte Woche in der U-Bahnzeitung einen Bericht über den nächsten "Sommerhit" "Kabinenparty" sah.
4. Schneidest du jetzt immer die Ö3 Austria Top 40 mit? Was sagt Ö3-Chartsmoderator Gustav Götz eigentlich dazu, dass ein Baile-Funk-Stück mit Linzer Slang regelmäßig in den Ö3-Verkaufscharts auftaucht?
Ich schneide die Ö3 Austria Top 40 nicht mit, hab mir aber den Podcast gespeichert, in dem Gustav Götz sogar versehentlich meinen Namen nannte. Außerdem höre ich die Chartsendungen in letzter Zeit natürlich immer mit. Ich war froh, als man letzte Woche in der Sendung ein Interview mit Skero brachte.
Gustav Götz selbst bezeichnete "Kabinenparty" als "österreichisches augenzwinkerndes Gegenstück zur Atzenmusik" und ist, wie ich meine, sogar sehr begeistert.
Nicht das Original: Lustige Mädchen covern "Kabinenparty".
5. Hat Skero schon mit dir Kontakt aufgenommen und dir eine Gewinn(haha)beteiligung versprochen? Wie lange willst du die Aktion noch machen?
Skero hat bis jetzt noch keinen Kontakt zu mir aufgenommen, denke aber auch nicht, dass er das muss.
Das alles ist eigentlich ohnehin sein Verdienst, ich war in dem Fall sozusagen nur die Internet-Marketing-Abteilung von Tonträger Records, die seinen Hit unter die Leute gebracht hat.
Ich glaube, dass noch viel Käuferpotenzial vorhanden ist und die Aktion solange weitergehen wird, bis die Österreicher ihren ersten echten Hip-Hop-Act in den Top 40-Singlecharts kennenlernen. Ich bin überzeugt davon, dass das alles erst der Anfang war. Es kann gut sein, dass das Lied es noch auf Platz 1 schafft, dafür wären aber etwa 5.000 Verkäufe pro Woche nötig.
P.S.: Im Soundpark gibt jetzt einen "Kabinenparty"-Remixcontest... geht scho, gemma!