Erstellt am: 17. 10. 2015 - 13:44 Uhr
Chvrches - "Every Open Eye"
Das Debütalbum des Glasgower Trios war 2013 eines der wenigen Alben, das zu 100% selbst-produziert, selbst-aufgenommen, selbst geschrieben war und es in die Top 10 der UK Charts geschafft hatte.

Danny Clinch
Darauf waren Martin Doherty, Iain Cook und Lauren Mayberry ziemlich stolz. Sie hätten es sich leisten können, in ein flashy Studio in LA oder London zu gehen, um dort das Nachfolgealbum aufzunehmen. Stattdessen haben sie sich in ihrem basement studio verkrochen, sich auf kreative Winterreise begeben und an ihren neuen Songs gearbeitet.
Iain Cook erzählt im Interview, dass, wenn er und sein Kollege Martin Doherty allein für sich mit Kopfhörern von der Außenwelt abgetrennt an Songskizeen und Ideen arbeiten, es fast nie nach den Chvrches klingt. Denkt man an Iain Cooks Vergangenheit bei den großartigen Aereogramme oder The Unwinding Hour, glaubt man ihm das sofort. Das wirklich Schöne für die Musiker war, zu sehen und zu hören, dass ein unverkennbarer Chvrches-Sound entsteht, sobald sie zu dritt in ihrem Studiokeller stehen. Was er damit meint?
Schon beim Hören der ersten Takte der ersten Single "Leave A Trace" hebt man die Arme automatisch in die Höhe, wie das Tier, von dem man gar nicht wissen würde, dass es existiert, wenn es nicht jemand gekritzelt und davon ein Video ins Internet gestellt hätte (siehe hier). Das ist die Pose für die neuen Chvrches-Songs.

Chvrches/Universal
In manchen Kritiken war über das Debüt zu lesen: "The band wrote pre-choruses that were good enough to be choruses and when the chorus actually came, it was like the song had just unhinged a second pair of jaws." Über das neue Album wird unter anderem geschrieben "Every Open Eye glints like a freshly whitened smile."
Ja, es ist ein mega aufpoliertes Album. "Empty Threat" mit seiner Überdosis an Van Halen-Keyboards ist hervorzuheben oder "Make Them Gold". "High Enough To Carry You Over" ist der Song, den Justin Bieber gerne geschrieben hätte. Ecken und Kanten findet man in den eigenen vier Wänden, denn die Chvrches machen Pop. Und lieber Pop von einer feministisch aufgeklärten Band, mit der man sich über mehr unterhalten kann als nur über gebleichte Zähne, als Pop aus der Kaugummi-Fabrik.
Man könnte sagen, dass sich fast jeder Song auf "Every Open Eye" um verschiedene Stadien des Zusammenlebens dreht. Mit besonderem Fokus auf das Abschiednehmen. Auf das sich Stärken für die nächste Person, die um die Ecke kommt und vielleicht weniger Enttäuschung und mehr Liebe und Akzeptanz anzubieten hat. Wie in jedem guten Popsong geht es darum, diese Person nicht mehr loszulassen, wenn man sie gefunden hat. Oder sich einfach laut vor zu singen: "You'll meet me, you'll meet me."