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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

4. 5. 2015 - 18:30

"Danger In The Club": Palma Violets sind zurück.

Damit das Indie-Herz höher schlägt: Die in England als Retter des Rock´n´Roll viel beschworene Londoner Band Palma Violets hat den Hype überstanden und eine neue Platte gemacht.

Parma Violets sind Blumen, genauer Veilchen. Parma Violets sind aber auch kultige britische Zuckerl. Die Band Palma Violets spricht sich trotz "l" statt "r" genauso aus und ist wohl nach der Süßigkeit benannt. Ansonsten: ein Hut, ein Sakko, Chelsea Boots. Die Palma Violets haben zwei Frontmänner, die ein wenig wie David und Goliath wirken, einer baumlang, der andere dagegen fast zwergenhaft anmutend, und beide scheinen, auf der Bühne jedenfalls, gelegentlich gegeneinander anzuspielen, was letztlich aber ihre Form von Miteinander ist. Letzten November waren die Palma Violets etwa auch hierzulande live zu erleben, im Linzer Posthof beim Ahoi! Pop Festival, damit das Indie-Herz wieder einmal höher schlagen durfte, für alle unter uns, die noch immer nicht ganz über das Ende der Libertines hinweg sind.

UK Band Palma Violets 1.Album 2013

Rough Trade

"180", das erste Album der Palma Violets.

Dass die Palma Violets das Gitarrenpop-Rad nicht neu erfinden, wissen wir seit ihrem 2013 erschienenen Debutalbum "180", benannt nach der Hausnummer jener Südlondoner Straße, an der die Band zusammen lebte und (musikalischen) Krach machte, wo etwa Songs wie "Best Of Friends" oder "Step Up For The Cool Cats" entstanden sind. Auch mit dem Nachfolger "Danger In The Club" ist das so, macht aber gar nichts. Bei den Palma Violets wirkte bisher immer alles etwas chaotisch, so als ob das Gefährt gleich auseinanderfallen könnte. Das tut es noch immer, aber jetzt wissen wir, dass das so sein muss, geordnetes Chaos gewissermaßen. Die Gefahr aus dem Albumtitel ist also keine, sind ja nur Max und Moritz beim Streichespielen - gegen die Drums treten, das Tamburin zerschlagen und so, es sei denn der Indie-Club hat keine Feuertür, dann wird´s wirklich gefährlich. Obwohl: Wilhelm Buschs Max und Moritz waren ja wirklich böse Buben, könnte man jetzt sagen, bliesen Lehrer Lempel mit Schnupftabak in die Luft und stohlen Witwe Bolte ihr geliebtes, von ihnen erlegtes Federvieh aus der Pfanne. So etwas würden die Palma Violets niemals tun.

Jung sein, Spaß haben, Lieblingsmusik neu interpretieren - von Garagerock bis zu Morrissey und den Smiths, oder auch dem Punk von The Clash, einer Band die in einer Zeit lebte, als Rockmusik noch etwas Gefährliches an sich hatte, was die Palma Violets auch wissen.

Because We´re Young

Palma Violets Album 2015 UK Band Gitarrenpop

Rough Trade

"Danger In The Club", das neue, zweite Album der Palma Violets.

Die neue Platte der Palma Violets steht also zuallererst im Zeichen eines "Weil wir jung sind"-Gefühls. Auf dem Albumcover zeigt man sich wie schon am Debüt vor einer englischen Hausmauer, Red-Brick-Building versteht sich. Ganz so mühelos ist das alles natürlich letztlich nicht, auch wenn sich die Palma Violets mit ihrem zweiten Album nicht als etablierte Band zeigen wollen. Immerhin reichte die Aufmerksamkeit rund um ihr erstes Album jetzt für einen Produzenten, der beim Album half, und zwar ein sogenannter Big-Name-Producer, einer der bereits länger tätig ist, schon viele Bands (kommen und auch wieder gehen) gesehen hat. John Leckie heißt dieser Mann in dem Fall, ein Veteran von 66 Jahren, der einst in den Abbey Road Studios in London begann, wo er etwa mit John Lennon oder Pink Floyd aufnahm. Später produzierte John Leckie unter anderem das Debüt der Stone Roses, und auch an deren zweitem Album hatte er gearbeitet, letztlich aber das Handtuch geworfen, weil ihn die Band derartig in die Verzweiflung trieb; in den Rockfield Studios in Wales war das damals, und ebendort waren die Palma Violets nun mit John Leckie - oder sollen wir sagen, Leckie war dort mit den Violets?

Produzenten, so sagte schließlich Noel Gallagher kürzlich, halten sich heute für Rockstars, glauben, dass sie viel wichtiger als die Bands selbst sind, meinte Noel Gallagher; auch dass jede/r MusikerIn nur mehr SolokünstlerIn sein will, niemand mehr in Bands spielen will, beklagte Noel Gallagher zuletzt. Naja, die Palma Violets sind ja ein gutes Gegenbeispiel zu Noel Gallaghers Aussagen, und John Leckie, ja, der hat ja bloß geholfen, einer enthusiastischen Band wie den Palma Violets, etwas "Ernst" zu vermitteln, "Ernst" was etwa das Songschreiben betrifft. Was am ersten Album der Band etwas Skizzenhaftes hatte, ist nun zu richtigen Songs geworden. Alex Chilli Jesson und Sam Fryer sind zu richtigen Songschreibern herangereift, wie etwa auf dem Song "Coming Over To My Place" zu hören ist.

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Das neue Palma Violets Album "Danger In The Club" ist mit Songs wie dem an The Clash angelehnten "Girl, You Couldn´t Do Much Better On The Beach", "English Tongue" oder "Walking Home" - wollen wir letzteres Stück Pub-Rock nennen? - ein britisches Album, mit Songs wie "Secrets Of America" oder "Hollywood (I Got It)" ein internationales Album, samt meinen persönlichen Highlights "Danger In The Club" - tolles Piano! - und "The Jacket Song", einem zarten, zerbrechlichen Stück, über eine, ah, Secondhandjacke aus Japan, ein Kleid und eine zerstörte (Männer-)Freundschaft: "There she comes with a perfect seam line dress....We had a pact, but I was fucked, that´s how it goes". Tja.