Erstellt am: 24. 9. 2014 - 14:56 Uhr
Aufregung im Herzen: Dry The River sind zurück
Die Alarme im Herzen von Dry The River könnten Gefahren bedeuten, oder einfach nur eine leichte Beunruhigung sein, Warnmeldungen, herbeigeführt durch eine gewisse Aufregung. Dry-The-River-Mastermind Peter Liddle hat schon immer gern mit Worten gespielt, reimt "apple" auf "chapel", egal ob zarte, halb-akustische Ballade oder großer Rocksong, eine Nische war damit rasch gefunden. Dry The River sind nicht Mumford & Sons, trotz dem Folk im Rock, der am neuen Album insgesamt etwas mehr Rock in sich hat als Folk.
Den Albumtitel "Alarms In The Heart" klärte Susi Ondrusova dann zuletzt beim Reeperbahnfestival in Hamburg mit Dry The River: Peter Liddle las John Irvings 1978 erschienenen Roman "The World According To Garp" - "Garp und wie er die Welt sah" -, und darin schreibt Irving auch von Momenten, wo mitten in der Nacht jemand anruft. Er nennt sie "alarms in the heart", weil ein nächtlicher Anruf meist nichts Gutes verheißt. Peter Liddle begann über diese Momente in seinem Leben nachzudenken und schrieb einen Song.
Leave your pain
Dry The River sind: Peter Liddle, Matthew Taylor, Scott Miller und Jon Warren. Letzterer ist für die tollen Drums zuständig, was etwa auf dem Song "Hope Diamond" ganz besonders gut zu hören ist. Violinist Will Harvey hat in Freundschaft die Band verlassen, er ist nur mehr auf einem Song vertreten.
...in the garden of Gethsemane. Den zum Teil biblischen Einflüssen auf die Texte frönt Peter Liddle nach wie vor, etwa wenn er einen Song "Gethsemane" nennt, nach dem biblischen Ort, an dem Jesus zuletzt gebetet haben soll bevor er verraten wurde, und damit das Herzstück von "Alarms In The Heart" bereitstellt. Oder wenn er in "Vessel" - ebenfalls einem der besten Songs am neuen Album - vom brennenden Dornbusch singt: "Now the burning bush never speaks to me". Bibel hin oder her, wenn Peter Little singt, dann bewegt das nach wie vor, etwa sogleich mit dem Album-Opener, dem Titelsong, wo Matthew Taylor in die Keyboard-Tasten greift, bevor Peter Liddles Stimme dann unverkennbar einsetzt.
Auch wenn die Melodien jetzt nicht mehr gar bis in den Himmel fliegen und eine gewisse Ruhe die Band umgibt, Dry The River haben künstlerisch weiterhin große, enthusiastische Kraft, auch wenn sich der Musikkonzern, der Dry The River betreut hat, inzwischen verabschiedet hat - wegen, eh klar, nicht genug verkaufter Platten -, und die Band zuallererst wieder beim Londoner Independent-Plattenlabel Transgressive zuhause ist.
Zum Aufnehmen der Songs von "Alarms In The Heart" ging man dann auch nicht - wie beim Debüt "Shallow Bed" - in den USA ins Studio zu Producer Peter Katis (Interpol, The National etc), sondern neben London, der Heimatstadt der Band, nach Island. Mit einem gewissen nordischen Vibe ist Peter Liddle auch vertraut, war er doch als Sohn eines in der Ölindustrie arbeitenden Vaters zum Teil in Norwegen aufgewachsen. Die Streicher-Parts kommen nun von Valgeir Sigurdsson (Sigur Ros, Björk etc), einzig auf "Vessel" ist noch Will Harvey zu hören, und produziert haben Charlie Hugall (Florence & The Machine), Paul Savage (Franz Ferdinand) und Peter Miles (Futures).

Transgressive/PIAS
"Alarms In The Heart" von Dry The River ist bei Transgressive Records/PIAS erschienen.
"It´s peace I desire, but I can´t put the fire out." (Dry The River, "Rollerskate", 2014)
Dry The River wurden vor fünf Jahren in Stratford, einem Vorort im Osten von London, der zuletzt durch die olympischen Sommerspiele bekannt geworden war, gegründet. Ihre erste Single, "No Rest", erschien zwei Jahre später. Inzwischen hatte sich ein kleiner Hype um die Band aufgebaut. Ihre Einflüsse waren nicht der klassische Britpop von Blur bis zu Oasis, sondern vielmehr Radiohead, Tim Buckley, Americana-Folk, und auch Hardcore-Rock.
Schon ein paar Mal haben Dry The River in Österreich gespielt, etwa beim FM4 Frequency Festival, und sie kommen wieder, nämlich im November, zum zehnjährigen Jubiläum des Wiener Blue Bird Festivals. Wäre schön, wenn die Band zu diesem Auftritt einen ganz besonderen Special Guest mitnehmen würden: Emma Pollock, die schottische Musikerin, die man vielleicht mit ihrer Band The Delgados kennt. Emma Pollock singt am neuen Album von Dry The River ein Duett mit Peter Liddle - das wunderschöne "Roman Candle". Genauso schön: "It Was Love That Laid Us Low".
Im nervös-fahrigen Song "Med School" hingegen ist Peter Liddle wohl autobiografisch beeinflusst vom Medizinstudium, das er vor Dry The River angefangen hatte: "They´re cutting up the bodies in the med school basement and I am only watching on an academic placement", singt Peter Liddle: Der Atem stockt ihm, und er hat das Gefühl, er sollte hier nicht sein. Eine schwere Tür fällt im Song ins Schloss. Dr Liddle und die Gerichtsmedizin? Wer weiß, aber jetzt brauchen ihn noch die Musikbühnen.