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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

19. 9. 2014 - 13:40

Ein programmiertes Hit-Feuerwerk

Pharrell Williams, der Producer-Visionär und momentane It-Man des Mainstream-Pop, gastierte in Wien und unterhielt mit einer etwas berechenbaren Show für die Großfamilie - aber auch Auszügen aus seiner beeindruckenden Diskographie - sehr gut.

Pharrell Williams hat einen Lauf - wieder mal! Aber im Gegensatz zu den frühen 2000ern, als er gemeinsam mit Neptunes-Partner Chad Hugo (und ihrem größten "Konkurrenten" Timbaland) den Sound von HipHop, R&B und schließlich auch Pop dominierte, steht der 41jährige Produzent, Multiinstrumentalist und Sänger diesmal selbst ganz vorne. Als dominierende Stimme auf dem übererfolgreichen letzten Daft Punk Album und mit seinem eigenen Konsens-Hit Happy hat sich Pharrell seine erste Headliner-Tour nach 22 erfolgreichen Jahren im Musikgeschäft mehr als verdient.

Pharrell Williams

APA/Herbert Pfarrhofer

Diese führte den It-Man des Pop gestern mitten ins industrielle Entwicklungsland von Wien-Erdberg. Die in der Marx Halle vorhandene Mischung aus überdacht und trotzdem durchlüftet sollte sich in Folge als glücklich herausstellen, denn Zeit zum Durchatmen würde die Show wenig lassen: Nach epischem Intro ging es mit Come Get It Bae gleich schwungvoll los, die im Originalsong gastierende Miley Cyrus trug aus der Ferne die Choreographie, die sie weltberühmt gemacht hatte, bei. Die fünf ausführenden Tänzerinnen, die nach den kritischen Reaktionen auf Pharrells Plattencover offensichtlich mit mehr Bedacht aufs diversity management ausgesucht waren, hießen übrigens auch BAEs - kurz für best attitude ever...

Nach einem Abstecher zum ersten Solo-Erfolg Frontin ging es einige Songs lang durch das Repertoire des aktuellen Albums, Pharrell brachte zwischendurch die austrian girls mit Liebeserklärungen zum Kreischen, als wären gerade John, Paul, George und Ringo gelandet und setzte schließlich von der Songzeile Do you wanna get dirty, girl? (Gush) ausgehend zu einer kurzen Empowerment-Ansprache an:

Women should never feel sorry for wanting to be dirty!

Frauen dürfen aber eh auch sauber sein wollen - oder wie auch immer sie es wünschen, wie Pharrell zum Glück schnell nachlegte. Er selbst gemahnte dabei in Sachen Augen-Makeup etwas an Jack Sparrow und flanierte in Outfits des eigenen Labels über die Bühne, teils mit Punk-Referenzen garniert und gleichzeitig stark von einer deutschen Sportartikelfirma gebrandet (wie auch der Rest des Personals). Es folgte ein Medley großer Hits, die Pharrell für Nelly, Busta Rhymes und Jay-Z produziert hatte und dann durften die fünf BAEs schütteln, was ihnen ihre Mamas gegeben hatten.

Pharrell Williams

APA/Herbert Pfarrhofer

Weil er mit der Neptunes-Rockband N.E.R.D. seinerzeit nie so viel unterwegs war, holte Pharrell Williams das jetzt auf der eigenen Tour nach - inklusive Rapper Shay, der für seinen kurzen Part auf Europa-Urlaub mitgefahren ist. Mr. Williams wünschte sich für She Wants To Move einen Moshpit und holte dafür ein paar halbwüchsige Jungs auf die Bühne. Doch es ist 2014 und mehr als ein Selfie-pit ging sich da leider nicht aus. Pharrell wies die jungen Herren mit sanfter väterlicher Autorität (sein 5jähriger Sohn heißt Rocket) auf die Vorzüge der echten Welt hin. Bei Lapdance durften dann dafür ein paar Mädchen aus dem Publikum ohne Smartphones tanzen.

Mr. Williams fand das beautiful und leitete so mehr von ihm produzierte Hits anderer Leute ein, besonders schön klang dabei ein vom Publikum kollektiv gesungenes langgezogenes Snooooooooop. Einen geographischen Lapsus leistete sich Pharrell zwischendrin, als er sich von der Heimatstadt seines Mentors Hans Zimmer besonders inspiriert fühlte - das Frankfurt-Konzert ist aber erst nächste Woche! Andererseits, mal ehrlich: Wer hätte den Geburtsort des Hollywood-Maestro auswendig gewusst?

Anyway, Pharrells gute persönliche Freundin Gwen Stefani war auf keinen Fall ein Hollaback Girl, wir konnten nochmal den Anlassfall für die unschönen gerichtlichen Troubles entlang der verschwommenen Linie zwischen Inspiration und Plagiat nachvollziehen und waren außerdem alle schon viel zu lange wach, um mal Glück zu haben.

Pharrell Williams

APA/Herbert Pfarrhofer

Nach diesem etwas vorhersehbaren Hitfeuerwerk (zumal mit etwas gar viel studio magic alias vielstimmigen Chören vom Playback, die so etwas wie Livegesang nur erahnen lassen) drehten Pharrell und seine, im Gegensatz zu den Tänzerinnen namenlose, Band erstmal das Licht ab. Viele junge Konzertbesucher/innen, die das Spiel mit der Zugabe noch nicht kannten, sahen ihre Eltern fassungslos an: Geht der jetzt wirklich, ohne den Hauptgrund unseres Kommens zu performen? Tat er natürlich nicht, im Zugabenblock kamen aber zuerst noch die beiden weiteren Daft Punk-Kollabos Lose Yourself To Dance und (textlich etwas Banalität offenbarend) Gust Of Wind.

Zuletzt holte Pharrell eine ältere Dame auf die Bühne, die das alles eigentlich nicht wollte. Er liebt ja alle Frauen (was er im Laufe der Show, aber auch im Fernsehinterview nicht müde wurde, zu betonen) und nicht nur junge Damen in Model-Konfektionsgrößen! Im Anschluss wurden alle doch noch happy, spätestens als drei Konfettikanonen dem Moment noch etwas Extra-Magie verliehen. Nur die psychedelischen Visuals (vom französischen Niark1) wirkten währenddessen so übertrieben glücklich, dass sie so manchem jüngeren Fan vielleicht Albträume beschert haben.

Insgesamt eine mehr als solide Show voller Oberhits, für den kleinen Funken mehr fehlt Pharrell vielleicht noch ein wenig die Erfahrung als Live-Performer. Aber es war ja auch die erste Tour, nicht?