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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

1. 8. 2014 - 14:04

Zwischen Indieblues und Stadionpop

Das englische Trio Fink lässt den Blues und den Pop in die Herzen. Die Songs der neue Platte "Hard Believer", die größer klingen, als die Bühnen, auf denen sie gespielt werden.

Heute auf FM4

Listening Session zum neuen Album "Hard Believer" in FM4 Connected (15-19 Uhr) und anschließend 7 Tage lang on demand

In den ersten Minuten des Titelsongs von "Hard Believer" klingt es noch so, als wäre alles beim alten geblieben. Der stampfende Rhythmus, die knöcherne Reduktion, die ergreifende Stimme von Fin Greenall und die unmittelbare Intensität eines Trios, das schon tausende Konzerte hinter sich gebracht hat.

Auffällig ist zu Beginn lediglich das starke Blues-Element, das sich mit Slide-Gitarre, am Boden tappenden Füßen und traurigem Unterton in die Nummer einschleicht. So als würde auf dem Rücken des englischen Trios eine schwere Last liegen. Nach fünf Minuten legt sich ganz langsam der Wüstenstaub auf die Metallsaiten von Gitarre und Klavier. Fink sind angekommen.

Das Trio FINK

Tommy N Lance

Die Fink-Band: Fin Greenall, Tim Thornton und Guy Whittaker. Ein Trio das einen Sound kreieren kann, so dicht wie ein ganzes Orchester.

Let the stadion in

Das letzte Studioalbum "Perfect Darkness" war geprägt von dunkler Atmosphäre, ausgedrückt in filigranen und intimen Stücken, die einen Schlagzeugbeat oft nur erahnen ließen. Das mission statement für diese neue Platte war laut Sänger Fin und Schlagzeuger Tim ganz klar: "just go bigger, go large!"

Fink Albumcover "Hard Believer"

Fink

Das neue Album "Hard Believer" ist auf Ninja Tune Records erschienen.

Schon mit dem zweiten Stück "Green And Blue" hat das Trio ein eindrucksvoll breites, opulentes Stück aufgenommen, das zwar von der Struktur eines zurückgenommenen Fink-Songs lebt, allerdings einen großen Rockplüschmantel umgehängt bekommen hat. Ein bisschen Stadionatmosphäre kommt schon auf, wenn sich auf dem federleichten Soundteppich aus singenden Feedbackgitarren ein breiter Rhythmus mit chorartigem Refrain vermischt. Die Gitarrensoundfläche und eine sentimentale Basslinie bilden mit gehauchten Vocals den grandiosen Abschluss. Im wahrsten Sinne des Wortes großes Soundkino.

Ebenso auf einer großen Bühne im Dunkel der Nacht dürfte "White Flag" perfekt funktionieren. Eine schleppende und düstere Nummer, die mit Trip Hop- und Dub-Rhythmiken spielt. Dabei verlassen Fink jedoch nicht den Boden ihrer Singer/Songwriter-Realität. Zwar werden Gesangsfetzen zerstückelt und durch riesige Echoeffekte gejagt und trotz dem experimentellen Charakter des Stücks schaffen es Fink, auch hier einen Blick in die Seele des charismatischen Sängers und Songschreibers freizugeben.

Ein Punkt, wo sich "Perfekt Darkness" und "Hard Believer" fast überschneiden, ist das unglaublich epische Stück "Pilgrim". So wie "Warm Shadow", der bandinterne Lieblingssong des Vorgängers, entwickelt sich auch "The Pilgrim" erst langsam und behutsam mit den gewohnt präzise dahinhämmernden Akustikgitarrenakkorden und einer Dringlichkeit, die einen eiskalt erwischt. Mit dramatischen Harmoniewechseln schwingt sich diese siebenminütige Monsternummer zu einem der stärksten Momente des Albums auf. Hypnotisch und treibend ist die musikalische Basis, über die Fin sein Mantra spricht. Schlicht ergreifend.

Portrait Foto FINK

Tommy N Lance

Der sympathische Musiker Fin Greenall findet nichts schlechtes an Hipsters. Mit einem Lächeln beschreibt er sich selbst auch als einen, mit Bart und Wohnung in Berlin-Kreuzberg.

Let the Pop in

Die vielleicht auffälligste Neuerung bei Fink ist der unüberhörbare Hang zum Pop. Auch wenn Fin sich mit dem Begriff an sich schwer tut, bestätigt er, dass der vibe von Los Angeles, wo die Platte aufgenommen worden ist, sicher mit ein Grund dafür war, dass die Songs zugänglicher und teils beschwingter klingen. Auch Produzent Billy Bush, der mit Garbage, Beck und Foster the People gearbeitet hat, hatte Einfluss auf den Sound. Herauszuhören bei "Too Late", einem Song mit ganz großem Popappeal. Wie so oft beginnt er recht verhalten, doch mit seinen Ohrwurmgesangslinien und den herzergreifend gesummten Melodien wird die mögliche Massenkompatibilität recht klar.

Auch "Looking Too Closely", das vielleicht kommerziellste Stück der Platte, vereint intime Singer/Songwriter-Qualitäten mit der ganz großen Pop-Geste.

Fink live in Österreich

Aber all diese Veränderungen verdecken nicht den Ursprung von Fins Musik. Sie kommt tief aus seinem Herzen und bahnt sich unmittelbar den Weg in das seiner Hörerinnen und Hörer. Auch die Live-Qualität des Trios hat den Songs auf "Hard Believer" eine gehörige Portion Energie verschafft. Kein Wunder, nach achtzehn Monate auf Tour rund um die Welt (nachzuhören auf dem Live-Album "Wheels Turn Beneath My Feet") hat sich eine musikalisch symbiotische Verbindung zwischen den drei Musikern entwickelt, die ihre Songs auf die nächste Ebene gehoben hat. Bleibt nur mehr die große Vorfreude darauf, mitzuerleben, wie sich die neuen Stücke auf der Bühne perfekt in das oft zerbrechliche Programm von Fink einfügen werden.