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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

29. 5. 2014 - 16:33

Die Möglichkeit einer Insel

Die Band der Stunde in ihrem elften Jahr, Future Islands bei ihrem ausverkauften Gig im Flex.

Future Islands

Christian Pausch/FM4

Sam Herring, typische Handbewegung

Die Frage nach der Authentizität in der Kunst, sie wurde schon oft gestellt. Entstehen die besten Songs aus großen Gefühlen, egal welcher Art, oder gehört die Show, die Inszenierung, ebenso zum Pop dazu? Die Antwort darauf würde bei Lady Gaga wohl anders ausfallen als bei jemandem wie, sagen wir, Bryan Adams, und sie ist für den Rezipienten letzlich unwichtig, wenn die Message des (oder: als) Medium/s ankommt, und überhaupt kann ja auch die ästhetische Erfahrung alleine schon als Existenzgrundlage reichen.

Dennoch ist man versucht bei einer Band wie Future Islands, einer Stimme wie der von Sam Herring, einem berechtigten Hype um einen fantastischen TV-Auftritt, der von der Expressivität der Performance lebt, über die Begriffe realness und Show nachzudenken. Das vermeintliche Herauskehren des Innersten, die Hör- und Greifbarmachung von Schmerz, Freude oder Liebe auf Platte wie der Bühne ist nun natürlich keine Erfindung der Future Islands und Herring hat sich seine Tanzschritte auch nicht erst im Vorfeld der David Letterman-Show überlegt. Sein Flehen, Wüten, Schreien, Säuseln waren schon immer Markenzeichen der Band aus Baltimore, die sich in damals noch erweiterter Konstellation als Art Lord & The Self-Portraits im Jahr 2003 gründete und seit 2006 als Trio und unter dem Namen Future Islands unterwegs ist. Unterwegs meint in diesem Fall auch wirklich on the road - aktuell steht die Band bei etwa 850 Live-Auftritten.

Future Islands

Christian Pausch/FM4

Full House im Flex

Drei sehr gute Alben (allen voran "In Evening Air" aus dem Jahr 2010) hat die Band bisher veröffentlicht, bis ihnen mit ihrem aktuellen, vierten Longplayer "Singles", der dazugehörigen Songauskopplung "Seasons (Waiting on you)", einem Labelwechsel zu 4AD und dem besagten TV-Auftritt der sogenannte Durchbruch gelungen ist. Die Setlist im gestern bis zur aller-allerobersten Stufe ausverkauften Flex setzt sich zu großen Teilen aus Songs dieser aktuellen Platte zusammen. Mögliche Erwartungen an eine allzu exzentrische Bühnenperformance unterläuft Herridge, der geborene und von den anderen Bandmitgliedern gerne akzeptierte alleinige Frontman, indem er eben nicht ganz so theatralisch zuckt und sich windet wie in den Videoclips, die gerade um die Welt gehen. Mitreißend und intensiv ist die Show natürlich trotzdem, und gibt es jemanden, den ein Song und eine Stimmführung wie die in - als fast schon willkürliches Beispiel - "Before the bridge" kalt lassen?

"And if things had changed
I would have buried you deep in my heart
And if things had stayed the same
I would have carried you as far as the sky"

Future Islands

Christian Pausch/FM4

Im Flex ist da jedenfalls niemand. Gerade deshalb wirkt es ein bisschen wie epische Theater-Einlagen, wenn Herring, auch das war aber immer schon Teil der Bandshow, die Lieder vorab erklärt ("This is a song about the dark times in our lives"), um dann kontemplativ in ihnen zu versinken. Der besonders dramatische Effekt entsteht an diesem Abend auf der Bühne durch die vielen, vielen Brüche in seiner Stimme, mit denen Herring von normaler Tonlage zum kehligen Screaming des Metal wechselt. Dies in Verbindung mit weltumarmenden Synth-Harmonien, Ästhetiken aus Postpunk und, was noch allem!, Glam fügen sich für alle Menschen im Publikum zu einer irgendwie homogenen, wenn auch schwer fassbaren Mischung zusammen. Es hat bereits Kollege Philipp L'Heritier gesagt: Future Islands sind eine seltsame Band. Das meint in diesem Fall nur Gutes.

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