Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Souliges Goldkehlchen"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

5. 5. 2014 - 16:30

Souliges Goldkehlchen

Bo Saris zählt zu den absoluten Spitzen-Soulsängern der Gegenwart. Sein neues Album "Gold" festigt diesen Status und beweist, dass er auch ein gutes Songwriter-Händchen hat.

Auch wenn der erste Track des neuen Albums "Only God Knows" heißt, weiß es schon fast die ganze Welt. Der holländische Sänger und Songwriter Bo Saris wird im Musikbusiness hoch gehandelt, als eine jener Stimmen, die dem überzuckerten, klebrigen US-Soulpop einen alternativen Stil gegenwärtigen Soulmusik gegenüberstellt.

Klar wird auch bei "God Only Knows" auf organische Schlagzeugbeats, gesamplete Streicher und Bläser gesetzt, die funkige Gitarre darf ebenfalls hin und wieder im Soundspektrum aufblitzen. Aber trotzdem klingt der Beginn von "Gold", dem mittlerweile vierten Studioalbum von Boris Titulaer alias Bos Saris, frisch und geschmackvoll.

Portraitfoto Bo Saris

Universal Music / Decca Black

Giganten im Rücken

Mit seiner Single "She's On Fire" singt sich der Dreiunddreißigjährige in die Referenzliste von stimmlichen Größen wie Marvin Gaye, Al Green, Curtis Mayfield oder James Brown. Namen, die immer wieder Fallen, wenn Journalisten versuchen, Bo Saris' Stil und Gesangskunst zu beschreiben.

Albumcover Bo Saris "Gold"

Bo Saris/Universal Music

Diese Vergleiche machen den ruhigen und besonnenen Holländer überhaupt nicht nervös. Er nimmt es einfach als großes Kompliment, im Wissen, dass diese Sänger auch seine Vorbilder waren. Schließlich war sein Vater Jazzsänger und hat den kleinen Bo nicht nur einmal zu Proben mitgenommen. Insofern war das Singen immer schon Bestandteil seiner Erziehung, denn auch seine Mutter hat zuhause meist Soul- und Funk-Musik auf dem Plattenteller rotieren lassen.

Bo Saris hat sich diesen natürlichen Zugang zur Musik bewahrt, wobei auch Prince ein großer Einfluss für sein Schaffen geworden ist. Die hohen Gesangsparts bei "She's On Fire" erinnern daran, wie auch die Gesangslinien bei "Get To Know You Better", das einen der coolsten Refrains parat hat und durch herrliche Reduktion glänzt.

Dass die Platte "Gold" so überragend klingt, hat Bo Saris der Zusammenarbeit mit Produzentenlegende Dre Harris zu verdanken, der schon mit Michael Jackson, Mary J. Blige oder Macy Gray gearbeitet hat. Immer transparent, mit genügend Druck und gleichzeitiger Wärme unterstützt der Sound perfekt die guten Arrangements, die trotz klassischer Songstrukturen die eine oder andere Überraschung parat haben.

Wenn alles Gold ist was glänzt

Bei "Gold" geht es nicht um Reichtum im materiellen Sinne. Auch nicht um den Wunsch nach der Vergoldung der eigenen Schallplatte. Vielmehr steht das innere Wachstum im Vordergrund und so ist der Titeltrack bewusst ans Ende der Platte gesetzt, als Symbol für den Zustand der Zufriedenheit und des Glücks, auf den das ganze Werk hinzielt.

Natürlich dürfen Liebe, Sex und Zärtlichkeit wie auch hedonistische Partynächte nicht fehlen. Und trotzdem ist "Gold" weder ein Album der flachen Plattitüden, noch eine seichte feel good Partyplatte. In dem Song "The Addict" zum Beispiel geht es um eine wahre Begebenheit: Einen engen Freund von Bo Saris, der mit seiner Abhängigkeit gekämpft hat.

Bo Saris erfindet mit "Gold" die Soulmusik klarerweise nicht neu. Manche mögen ihn vielleicht auch in eine Reihe mit Amy Winehouse & Co. stellen, aber der beseelte Sound des Holländers hat durchaus etwas sehr Eigenständiges zu bieten. Seine frühe Jugendliebe zum Hip Hop darf manchmal ebenso durchblitzen, wie die Verehrung der großen Soulhelden. Und dass Dre Harris der Platte dann noch die international konkurrenzfähige Produktion verpasst hat, macht "Gold" vielleicht wirklich zum Anwärter der im Musikbusiness beliebten Edelmetallauszeichnung.