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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

19. 4. 2014 - 11:55

"I´m always writing Love Letters"

Beatgetriebene Liebesschwüre im Sixties-Style und Effektgerätetuning. Metronomy im Prisma zwischen altem und neuem Sound in der Arena Wien.

fm4.ORF.at/musik

Konzertreviews, Bandporträts und Albenkritiken

Sollte es jemand noch nicht mitbekommen haben: Metronomy klingen jetzt anders. Auf dem vierten Album "Love Letters", das im März erschienen ist, wurde auf den - bisher digital produzierten - Metronomy-Sound mit allerlei Soundeffekt-Spielereien verzichtet, ja die Computer gar nicht erst angeschaltet. Stattdessen hat sich Band-Mastermind Joseph Mount im Toe Rag-Studio in East London vergraben, wo auch schon etwa The Kills oder die White Stripes ihre Alben aufgenommen haben, um dort warmen analogen Sound zu produzieren. Ein bisschen DIY schwebt durch "Love Letters", 60er-Jahre Pop und Mowtown-Soul, ohne dabei retro zu wirken.

Die neue Metronomy-Identität zeigt sich auch am Outfit der Band: statt digitalen LED-Lichtern auf der Brust tragen die Briten nun klassische rote Sakkos und weiße Stoffhosen als Banduniform. Dass sich dieser neue Metronomy-Sound durchaus mit den alten Elektronik-Klängen verbinden lässt, in sich sogar eine durchgestylte Dramaturgie ergibt, hat die Band Freitag Abend in der ausverkauften Wiener Arena bewiesen.

Vorband waren übrigens die grandiosen We Were Evergreen, die ihr Debütalbum im Mai veröffentlichen werden. Das Trio hat mit Percussion-Instrumenten, Ukulele, Gitarre, Xylophon und digitalen Loops das perfekte Intro für Metronomy gegeben.

Sacher-Torte mit Metronomy-Plakat

Metronomy, twitter

Angekündigt waren Metronomy zunächst im WUK, doch die Karten waren schnell weg und das Konzert wurde in die größere Arena verlegt. Doch auch dort war der Platz fast schon zu knapp, alle Tickets wurden vergeben. Die Band feiert das ausverkaufte Konzert mit einer Sacher-Torte.

Zu fünft stehen Metronomy diesmal auf der Bühne, als die Orgelklänge von "Monstrous" erklingen, dem hypnotischen Eröffnungstrack des Konzerts. Der Song besticht durch seine Reduziertheit, Monotonität und den melancholischen Zwischentönen, die Joseph Mount zu lieben scheint. "This wasn´t meant for me and you", singt er und das Publikum nickt.

Bis auf "Never Wanted" spielen Metronomy alle Songs von ihrem aktuellen Album "Love Letters". Aber wie so häufig sind die neuen Songs noch nicht in jedermans Gehörgang angekommen. Spätestens ab dem dritten Lied aber, bei "The Look", hat auch der Rest des Publikums die Ohren gespitzt und zu tanzen begonnen. Mehr und mehr werden die Fans in Metronomys Bann gezogen.

Metronomy

Tedi Božičković

Eigentlich ist Joseph Mount aus Totnes in England derjenige, der bei Metronomy das Sagen hat. Seit 2006 komponiert und textet er alle Songs. Auf der Bühne präsentiert sich die Band aber keineswegs als Ein-Mann-Formation mit dazugeleasten Behelfsmusikern. Alles wirkt harmonisch und stimmig. Die fünf wechseln zwischendurch Positionen und Instrumente, gleichberechtigt erhält jedes Bandmitglied Ruhm und Applaus und darf mal im Mittelpunkt stehen. Bei "Naked Smile" torkelt etwa Oscar Cash über die Bühne mit dem Mikro in der Hand, verpasst nach seiner persönlichen Ansprache den Einsatz, lacht ins Publikum und eiert dann zum leiernden Beat, alles supersympathisch. Von Zwang und Konstruktion keine Spur. Und auch Schlagzeugerin Anna Prior erhält ihr Gesangssolo bei "Everything Goes My Way". Ihre Augen funkeln, als sie "I´m in Love again" singt und sie versprüht soviel Charme, dass wohl auch sie einige Love Letters nach dem Konzert im Tourbus erwarten kann. Der geheime Publikumsliebling aber ist Gbenga Adelekan am Bass, der die Massen durch das ganze Set treibt, hochenergetisch, und die Fans immer wieder zum tanzen und klatschen auffordert.

Metronomy

Tedi Božičković

Obwohl Joseph Mount bekannt ist für seine ausgefallenen und kreativen Remixe diverser Künstler wie Roots Manuva, Franz Ferdinand, Gorillaz, Ladytron, Lykke Li und Lady Gaga, wenn er mit Metronomy auf der Bühne steht liebt er es klassisch: wenig Soundexperimente, keine neuen Beats, alles klingt wie auf den Alben. Und das im positivsten Sinn. Wie oft wirken Songs auf Konzerten ganz anders, als auf dem Album. Wie häufig geht man von Konzerten heim, enttäuscht nicht den Song gehört zu haben, wie man ihn wochenlang im Kopf mitgesungen hat. Metronomy besticht durch reproduzierte Qualität.

Kleinere Fehler, wie etwa der nicht ganz astreine Chorus bei "Love Letters" oder der etwas vermasselte Ausstieg bei "The Bay" konnten dem Gig gestern Abend nichts anhaben. Sie werden einfach mit einem Lächeln der Band hinweg gestrahlt. Man spürt, dass Musiker auf der Bühne stehen, die Spaß und Lust an dem haben, was sie machen. Und dieses Gefühl hat sich auch auf das Publikum übertragen. Egal ob beim mantrahaften "So you want me to yourself. Well, you must know that won't happen" von "Holiday" mit Fanfare, Wahwah und kickenden Beats oder beim sphärigen "Shubdudub Aah"-Space-Gewabere von "I´m Aquarius": Metronomy haben mit ihrem hervorragenden Konzert unterhalten und gute Laune verbreitet. Danke dafür.

Metronomy

Tedi Božičković

Song aus dem Album
Monstrous Love Letters
Month Of Sundays Love Letters
The Look The English Riviera
She Wants The English Riviera
Boy Racers Love Letters
Call Me Love Letters
Holiday Nights Out
Radio Ladio Nights Out
Love Letters Love Letters
Everything Goes My Way The English Riviera
I´m Aquarius Love Letters
Reservoir Love Letters
Side Two Nights Out
Corrine The English Riviera
The Upsetter Love Letters
Naked Smile (Metronomy remix) Box Codax
The Bay The English Riviera
Zugabe
Some Written The English Riviera
Heartbreaker Nights Out
The Most Immaculate Haircut Love Letters