Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Ohne Kathleen Hanna wäre die Welt schlecht"

Susi Ondrušová

Preview / Review

3. 3. 2014 - 17:28

Ohne Kathleen Hanna wäre die Welt schlecht

Die Riot Grrl-Ikone kommt mit ihrer Band Julie Ruin nach Europa. Eine Doku gibt es auch. Eine Dankesrede.

Danke Kathleen Hanna!

Kurt stinkt. Nach diesem Parfüm namens "Teen Spirit". Also sprüht es Kathleen Hanna an seine Zimmerwand und Cobain bringt mit dieser Zeile die Grunge-Lawine ins Rollen. Die war schon wichtig, aber viel wichtiger war die Riot Grrl-Bewegung. Punkrock kombiniert mit feministischen Ideen, an feministischen Orten, mit feministischen Zielen. Zu einer Zeit, als Frauen in der Musikszene (nämlich auf und vor der Bühne) unterrepräsentiert waren und es auch im Alltag nur wenig Stimmen gegen Sexismus gegeben hat, ist unter dem Riot Grrl-Deckmantel eine neue Heimat für Künstlerinnen entstanden, auf die sich heute noch Musikerinnen berufen. Teilweise aus einer noch immer bestehenden Notwendigkeit. Beth Ditto ist ein Riot Grrl. Genauso wie PJ Harvey, Grimes oder Anna Calvi.

Julie Ruin spielen am 1. August im Wiener WUK.

"The Punk Singer - A Film About Kathleen Hanna" ist im Rahmen der Poolinale zu sehen.

"Girls to the front!"

Kathleen Hanna hat damit angefangen. Punk als Selbsthilfegruppe. Gott sei Dank. Um dem weiblichen Publikum bei Punkshows ein "safe space" statt nur einen von dudes angeführten Moshpit zu bieten, hat sie einfach vor jedem Gig gesagt "Girls to the front" und nicht zu spielen begonnen, bis in den ersten Reihen nur Frauen waren.

Aliya Naumoff

Um den Fragen nach Mode und Frisur zu entgehen, weil sie ja doch nicht über Texte und Inhalte gefragt wurden, hat sie gesagt: keine Interviews. Was man wissen sollte, stand in Fanzines. Heute steht es in ihrem Blog. Keine Musikerin hat so viel für feministische Popkultur getan wie Kathleen Hanna. Sie hat feministische Selbstermächtigung vertont und inspiriert seit mehr als zwanzig Jahren zu ebensolcher. Mit "Rebel Girl" oder "Hot Topic" oder dem neuen Song "Run Fast". Nach Bikini Kill kam Le Tigre und jetzt also Julie Ruin.

Neu ist relativ. Julie Ruin ist der Name ihres ersten Soloalbums gewesen und der Name ihrer aktuellen Band. Es ist ein wenig wie eine Auferstehung. Kathleen Hanna war schwer erkrankt und wusste nicht, ob sie leben und überleben wird. Sie wollte noch ein Album machen mit ihrer "Traumband" (unter anderem mit dabei: Cathy Wilcox von Bikini Kill) - entstanden ist eigentlich ein ziemlich fröhliches Album, das wahlweise an alte Bikini Kill-Songs erinnert und sobald ein Synthesizer-Sound einsetzt auch auf einem Le Tigre-Album Platz gehabt hätte. Kathleen Hannas stimmliche Akrobatik muss man halt mögen. Letztens hat mir jemand gesagt, "Schrille Vocals gehen gar nicht!". Letztens hat mir auch jemand tatsächlich gesagt, "Bob Dylan kann nicht singen!" Naja.

bikini kill

"Girls Like Us"

Während ich das hier tippe, hab ich Kathleen Hanna im Rücken.

Vier Umzüge in den letzten zehn Jahren und jeden davon hat dieses ausgeleierte Kathleen Hanna-Bild, das hinter meinem Schreibtisch hängt, überlebt. Weil ein Zeitungsausschnitt ein Picasso sein kann. Es gibt schlimmere Vorbilder als solche, die sich kein Blatt vor den Mund nehmen, und sich für Gleichberechtigung aussprechen.

Wenn man wieder auf der Straße, beim Fernsehen oder am Arbeitsplatz etwas hört, was verniedlichend, geschlechtspolitisch fragwürdig und diskriminierend ist und dann nach Hause kommt zum Ausatmen und Überlegen, was man anders machen kann oder vor allem anders machen wird: Für solche Situationen hab ich Kathleen Hanna im Rücken und ihre Musik im Ohr. Damit ich weiß, wo ich herkomme und wo ich hingehe. Eine Orientierungshilfe. Wie sie klingt?

So: