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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

15. 1. 2014 - 17:00

Rave Tapes

Das achte Studiowerk der Schotten Mogwai besticht durch Spiel- und Experimentierfreude: Zwischen 1970er Jahre Sci-Fi Soundtracks und psychedelischem Post-Krautrock.

Eines gleich vorweg: Ich liebe diese Band.

Nicht nur wegen ihres schottischen Akzents. Oder wegen ihrer großartigen Konzerte, wie letztens im Wiener WUK. Dem Quintett Mogwai gelingt etwas, was den wenigsten Bands gelingt. Sie schaffen es, instrumentale Tracks zu schreiben, die nicht langatmig werden und denen auch der Gesang nicht fehlt. Das clevere Verweben von Harmoniebögen in einem breiten Soundteppich haben Mogwai derart perfektioniert, dass sie sich von Album zu Album ganz dem Genre-übergreifendem Stilmix widmen können. Und der klingt 2014 frisch, eigenwillig und überaus witzig.

Bandfoto Mogwai

Gullick

Wenn sich Kraftwerk und John Carpenter treffen

Auf dem letzten Studiowerk "Hardcore Will Never Die" ist schon angeklungen, was die fünf Musiker auf ihrem neuen Album "Rave Tapes" ganz an die Oberfläche haben dringen lassen. Die elektronisch und analog generierten Sounds. Sie kommen von der Liebe zu alten Synthesizern und nicht minder alten Science-Fiction Filmen.

Mogwai Plattencover "Rave Tapes"

Mogwai

Das achte Studiowerk "Rave Tapes" von Mogwai

Keyboarder und Gitarrist Barry Burns erzählt im Interview, dass sich mit dem Kauf von monologen Keyboards der Mogwai Sound stark verändert habe. Da keiner in der Band genau wusste, wie man mit den neuen Instrumenten professionell Klänge generiert, haben Mogwai diesmal mehr denn je experimentiert.

Die erste Single (wenn man sie überhaupt mit diesem Label versehen kann) "Remurdered" macht hörbar, wie man durch Reduktion und Wiederholung zwirbelnder Analogsounds einen unheimlichen Sog erzeugen kann. Ganz dürfen da die E-Gitarren natürlich nicht fehlen. Das wäre übrigens der perfekte Soundtrack zu einem Remake der Carpenter Klassikers "Escape From The York".

Mogwai Casette Rave Tapes

Mogwai

Das wirkliche, einzig wahre Mogwai "Rave Tape". Für alle, die noch einen Kassettenrecorder besitzen!

Auch "No Medicine For Regret" macht den Hang zu Krautrock bei Mogwai hörbar. Selbst wenn der Beat ein schleppender ist und die verzerrte Gitarrenwand erst langsam Stück für Stück aufgebaut wird. Eine epische Schwere kann man diesem Song wirklich nicht absprechen. Dagegen ist "Repelish" ein aberwitziger Song, bei dem ein befreundeter Künstler und Sprecher einen Text vorliest, den ein Moderator eines christlichen Radiosenders in den siebziger Jahren seinen Hörern gepredigt hat. In seiner Show hat er die damals langläufige Überzeugung zu beweisen versucht, dass beim Rückwärtsspielen verschiedener Rockplatten satanische Botschaften zu hören sind. Untermalt mit der elegischen Soundbreite und dem geschickten Arrangement eines Mogwai-Tracks erhält dieser Text eine ganz andere, ironisch-witzige Dimension.

Ach ja, mit "Hexon Bogon" befindet sich auch ein richtig erdiger, dreckiger und kraftvoller "Rocksong" auf dem neuen Mogwai Album. Ganz ohne halten es die Schotten nämlich nicht aus. Und als schönen Abschluss gibt es mit "The Lord Is Out Of Control" auch ein Stück mit dem heiß geliebten Vocoder.

Kein Musiker ohne die Maschine

"Rave Tapes" ist sicher nicht die allerbeste Platte vom bisherigen Veröffentlichungskatalog der Schotten. Aber sie vermitteln uns auf ihrem achten Studioalbum einmal mehr genau das, was die Band ausmacht. Spiel- und Experimentierfreude, wobei sie nie auf ihre Wurzeln und ihren hart erarbeiteten Sound vergessen.

Wenn man Berry Burns danach fragt, was Mogwai am laufen hält, was die fünf Musiker inspiriert, eine Platte und eine Tour nach der anderen zu machen, dann ist das neben der immer währenden Liebe zur Musik und dem Sich-Beschäftigen mit neuen Instrumenten auch die wirtschaftliche Notwendigkeit, immer wieder neuen Sprit in die Musikbusiness-Maschine zu füllen. Denn wie soll man sich sonst neue Synthies und ähnliches Kaufen? Und die Miete muss schließlich auch bezahlt werden.

Bandfoto Mogwai

Mogwai/Gullick

Noch dazu verändern sich die Lebensumstände kontinuierlich. Denn obwohl Berry seit einigen Jahren in Berlin lebt und sich dort sehr wohl fühlt, hätte er gerne einen Platz in seiner Heimat Glasgow. Dass sich da keine Rockstar-Villa ausgeht ist klar. Ihm schwebt auch eine andere, billigere Möglichkeit im Kopf rum:

"Ein Haus geht sich natürlich nicht aus. Eher wohl ein Auto, in dem ich schlafen könnte. So ein großer, alter Volvo Kombi."

Nicht zuletzt ist genau dieser trockene und liebevoll ironischer Humor ein Grund, warum man Mogwai einfach lieben muss.