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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

18. 12. 2013 - 13:37

Der letzte Disco-Freak

Die heutige "Reissue of the day" stammt vom Rhythmus-Gitarristen und Produzenten Nile Rodgers, der dank Daft Punk ein verdammt gutes 2013 hatte, und seiner Chic Organization.

Nile Rodgers kam 2013 so eindrucksvoll zurück, wie es in Vergessenheit geratenen Musikern seiner Generation nur selten gelingt. Seine funky Rhythmusgitarre spielte neben Sänger Pharell Williams die Hauptrolle in Daft Punks großem Hit Get Lucky und einigen anderen Songs auf dem Album Random Access Memories. Kein Zufall, wollten die zwei Franzosen doch der klassischen Disco-Ära Tribut zollen - und Nile Rodgers ist einer der ganz wenigen Musiker, die das "party life" Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre lebendig und in Vollbesitz ihrer chops überstanden haben.

Chic

Rodgers und sein Bass spielender Partner Bernard Edwards brachten mit ihrer Band Chic einen sehr reduzierten funky Disco-Sound an die Spitze der Charts. Sie nannten diesen Sound selbst "breakdown music", weil die instrumentalen Stellen, wo nur Schlagzeug, Bass und/oder Gitarre den Groove weitertrugen, mindestens genau so wichtig waren wie die eingängigen Refrains. Schon während der aktiven Chic-Zeiten produzierten Rodgers und Edwards auch für andere Künstler, seien es die jungen Label-Kolleginnen von Sister Sledge oder die Soul-Diva Diana Ross. Immer ging es ihnen auch darum, dass die Songs mit den ausführenden Sänger/innen eins wurden. Als Nile Rodgers zum Beispiel bemerkte, dass Diana Ross in der New Yorker Schwulen-Szene als Ikone angesehen wurde, schrieb er ihr das wenig codierte I'm Coming Out auf den Leib, das danach zu einer wahrhaftigen Hymne wurde.

Nicht lange danach sollten die Disco Demolition Night , My Sharona und die HipHop-Bewegung dem Höhenflug von Chic und Nile Rodgers einen kurzen Dämpfer verleihen. Aber der war und ist ein Stehaufmännchen, wie auch in seiner empfehlenswerten Biographie Le Freak nachzulesen ist (trotz seines jahrzehntelang eher toxischen Lebensstils hat der Gute auch ein hervorragendes Gedächtnis!). In den 80ern produzierte er unter anderem für Madonna, Duran Duran oder David Bowie.

Und nach zwei Jahrzehnten, in denen er Alkohol, Kokain und den Krebs besiegte, legte Nile Rodgers eben auf der diesjährigen Konsensplatte ein veritables Comeback hin. Dass die dort so präzise groovende Rhythmusgitarre schon vor mehr als 30 Jahren sein Markenzeichen war, kann man jetzt auch auf Up All Night nachhören, einer Sammlung von Hits und Produktionen von Nile Rodgers, Bernard Edwards und ihrer Chic Organization. Auch die auf keiner Hochzeit fehlende Band Sister Sledge ging übrigens soundtechnisch auf ihr Konto...