Erstellt am: 26. 11. 2013 - 16:03 Uhr
Psychedelische Wiederentdeckung
fm4.ORF.at/musik
Albenrezensionen, wiederentdeckte MusikerInnen und Konzertreviews
Es ist eine dieser hollywood-tauglichen Musiker-Wiederentdeckungs-Geschichten, Marke Searching For Sugarman: Der Italoamerikaner David Del Conte alias Damon spielte 1968 Song Of A Gypsy ein, ein psychedelisches Meisterwerk von einem Album mit Wurzeln zwischen Folk und Blues. Mangels fähiger und interessierter Labels erschien die Platte damals selbstgepresst und in Mini-Auflage - und wurde deshalb ab den 90er Jahren zu vierstelligen Beträgen gehandelt. Jetzt kommt endlich eine würdige Wiederveröffentlichung heraus - und Damons Geschichten und Songs bekommen zum Glück die Aufmerksamkeit, die ihnen zusteht.

Damon
Als ich den freundlichen älteren Herren telefonisch in seinem Haus in Kalifornien erreiche, hat er gerade ein Interview mit dem Rolling Stone hinter sich und ist begeistert. Nie zuvor hatte seine Musik soviel mediales Interesse hervorgerufen wie 2013, dabei ist Song Of A Gypsy gute 45 Jahre alt. Ich müsse nur sagen, wann er zu reden aufhören soll, meint er vor dem Interview, denn Geschichten habe er viele. Und nicht nur das: er erzählt sie mit außerordentlicher Präzision, die banalen ebenso wie die wirklich wichtigen.
Zum Beispiel von diesem Nachmittag in den Spät-60ern im Esalen Institute im kalifornischen Big Sur: Damon lebte am Rande des luxuriösen Massage- und Meditationszentrums zeitgeistig in den Tag hinein, als ihm eine Gitarrenseite riss. Seine ursprüngliche Enttäuschung wurde aber schnell davon abgelenkt, dass gerade George Harrison und Ravi Shankar mit einem Helikopter landeten.
Bei der allabendlichen Jamsession - sie schrieben schließlich die späten 60er Jahre! - kam es dann zu einem kleinen Erleuchtungserlebnis. Damon stimmte die verbliebenen fünf Saiten seiner Gitarre so, dass sie zu den Sitars der beiden prominenten Mitmusiker passen würde (er glaubt, es war D-A-D-A-D). Vom neuen Sound seiner Gitarre war er dann so inspiriert, dass er gleich am nächsten Tag zwei Songs schrieb, den späteren Titeltrack seines Albums ebenso wie das etwas optimistischere Oh What A Good Boy Am I.

Damon
Aufgenommen wurde Song Of A Gypsy etwas später in Los Angeles. Eine wichtige Rolle hatte dabei neben der funky Rhythmussektion auch Charlie Carey an der "singenden Gitarre". Dabei war Damon beim ersten Treffen noch skeptisch gewesen, schließlich stellte sich Charlie in breitestem Südstaatendialekt mit Howdie! vor, und der hippe Damon wusste nicht, was er mit so einem Landei anfangen sollte - bis er ihn spielen hörte!
Nachdem das Album Song Of A Gypsy beim ersten Erscheinen wenig wahrgenommen wurde, rutschte Damon in die Kleinkrimininalität ab, fand später Gott und managte schließlich eine Bowlingbahn in Kalifornien. In der Zwischenzeit hatten Psychedelik-Sammler rund um den Planeten seine Platte entdeckt und wegen ihrer kleinen Auflage war sie sehr begehrt und wertvoll. Damon erhielt plötzlich Anrufe aus Deutschland oder Korea, und verkaufte einige seiner Rest-Exemplare weit unter ihrem Wert. Bis er schließlich einmal nachfragte und laut eigenen Angaben beim Hören der Antwort fast umgefallen sei.
Weil Song Of A Gypsy mit seiner Kombination aus funky Rhythmik, psychedelischem Sound und dem charismatischen Gesang von Damon verschiedene Sorten Musikfans anspricht, gab es in den vergangenen Jahren schon mehrere Versuche mit Reissues und Bootlegs. Jetzt ist bei Now Again Records aber eine besonders liebevoll gestaltete Anthologie erschienen, wo auf ausführliche Linernotes ebenso Wert gelegt wurde, wie auf einen möglichst wahrhaftigen Sound. Und das Resultat gibt allen Beteiligten recht - auch wenn es in diesem Fall vielleicht nicht zu Filmruhm und Oscar reichen wird.