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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

22. 8. 2013 - 17:00

Raritäten von Belle & Sebastian

Die schottischen Indiepopsters Belle And Sebastian veröffentlichen mit "The Third Eye Centre" ein Album mit B-Sides und Rarities. Ein Muss für alle Langzeit-Fans der Band, oder auch eine Möglichkeit, erstmals ins Universum der Band einzutauchen.

Es ist so, als ob es erst gestern gewesen wäre: Ich stehe in der Küche jener Londoner Wohnung, die ich damals mit einer lieben Freundin zusammen gemietet hatte. Im Radio - XFM, einem damals wirklich guten Londoner Stadtsender - läuft ein Song, der mich nimmer loslässt. Ich hatte dem Moderator, John Kennedy, nicht zugehört und den Namen der Band, die er jetzt spielen würde, nicht mitbekommen.

Belle & Sebastian spielen am 19. Juni 2014 ein Konzert in der Wiener Arena, supported von Naked Lunch.

Es muss 1996 gewesen sein, aber es fühlt sich wirklich ein wenig wie gerade erst gestern an. Hoffentlich sagt John Kennedy den Song ab, dachte ich, und ja, er tat es. Das Stück hieß "Judy And The Dream Of Horses" und kam von einer Band aus Glasgow namens Belle And Sebastian. Tags darauf ging ich in das HMV-Plattengeschäft auf der Oxford Street und kaufte das zu "Judy And The Dream Of Horses" gehörige Album "If You´re Feeling Sinister". Im selben Jahr - ja, es war ´96 - war bereits ein Longplayer dieser damals für mich neuen Band namens Belle And Sebastian erschienen, aber nur in kleiner Stückzahl. "Tiger Milk" wurde dann drei Jahre später "richtig" veröffentlicht.

Albumcover Belle And sebastian 2013

rought tradebeggarsgroup

"The Third Eye Centre" von Belle And Sebastian ist bei Rough Trade erschienen.

Der jingle-jangly-Sound, die Stimme, die Melancholie gepaart mit leichtfüßiger Freude, diese kleinen Stories. Es stimmte einfach alles bei Belle & Sebastian. "Judy And The Dream Of Horses" erinnerte mich in Momenten außerdem an die Musik von Nick Drake, jenem tragischen englischen Folk-Pop-Künstler aus den 70er Jahren, der in den 90ern wiederentdeckt wurde. Einmal kein lärmiger Glasgow-Indierock, sondern Musik voller zarter Schönheit. Der Beginn einer Lovestory, auch wenn ich irgendwann die SchottInnen rund um Mastermind Stuart Murdoch - inzwischen in Besitz eines richtigen UK-Chartshits mit "Legal Man" - immer wieder ein wenig aus den Augen verlor. Es ist höchste Zeit, wieder einzutauchen ins Universum von Belle & Sebastian.

Belle And Sebastian
Scottish band

gisinparis.com

Belle et Sebastien

Belle And Sebastian sind benannt nach einer französischen Fernsehserie aus den 1960er Jahren: Belle et Sebastien, erdacht von der französischen Autorin Cecile Aubry, wurde in 13 Folgen ausgestrahlt. Eine tiefsinnige Schwarz-Weiß-Familienserie am Samstagabend im französischen Fernsehen, rund um den Buben Sebastien und einen großen streunenden Hütehund namens Belle, angesiedelt in den französischen Alpen zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Belle et Sebastien erschien übrigens heuer auch als Film des französischen Regisseurs Etienne Laroche und vermag noch immer zu berühren.

Belle et Sebastien TV-Serie Frankreich 1965

boutiqueina.fr

Belle et Sebastien

Zweite Compilation der Band

Stuart Murdoch hatte begonnen, Musik aufzunehmen, als er arbeitslos war. Alan Rankine von der schottischen Postpunk/New-Wave-Band The Associates ("Party Fears Two", "Club Country","Perhaps") war mittlerweile Musikprofessor an einem College in Glasgow, und im Rahmen eines Music-Business-Course konnte er für das Plattenlabel vom College Musik aufnehmen. Das war der Beginn von Belle & Sebastian.

Die Stücke, die Belle And Sebastian auf "The Third Eye Centre" gepackt haben, stammen aus den Aufnahmesessions zu den Alben "Dear CatastropheWaitress" (2003), "The Life Pursuit" (2006) und "Write About Love", dem bisher letzten Album von Belle And Sebastian, das 2010 erschienen ist. Davor gab es schon einmal ein Compilation-Album der schottischen Band: "Push Barman To Open Old Wounds" (2005). Auf dem neuen Sampler findet sich neben Rarity-Titeln wie "Suicide Girl", "Heaven In The Afternoon" oder "I Took A Long Hard Look" - der B-Seite von der "Funny Little Frog"-Single, 2006 - etwa mit "Your Cover´s Blown" auch eine neue Single: Das Stück von der 2004er EP "Books" im neuen Soundgewand des Glasgower Electronic-Mannes Miaou Miaou. Mein persönlicher (Remix-)Liebling kommt aber von den australischen Elektronik-Poppern Avalanches. Sie erfinden "I´m A Cuckoo", eine der Singles vom "Dear Catastrophe Waitress"-Album, regelrecht neu. Zur Stimme von Stuart Murdoch gesellen sich Flöte, Percussion und ein südsudanesischer Chor. Großartig.

Das Album "Dear Catastrophe Waitress" war ein Schritt weg von der eher am DIY orientierten Herangehen an das Musimachen von Belle And Sebastian, hin zu einem ausproduzierteren Sound. Trevor Horn (ABC, The Art Of Noise etc), einer der erfolgreichsten britischen Producer der 80er und 90er Jahre, erhielt die Aufgabe, das bereits fünfte Album der Band aufzunehmen. Die Zusammenarbeit stellte sich als gelungen heraus, mit Belle And Sebastian weiterhin als Indie-glaubwürdigem Bandkollektiv. Songs hießen "Step Into My Office, Baby" oder "I´m A Cuckoo", Letzteres samt der Textzeile "I´d rather listen to Thin Lizzy".

Der nächste Belle-Longplayer, "The Life Pursuit" entstand in Kalifornien, zusammen mit dem Producer Tony Hoffer (Beck etc) und enthielt die Single "Funny Little Frog", die recht weit vorne in den britischen Charts einstieg.

Hier ein paar weitere Stücke aus der mittlerweile also schon recht langen Karriere dieser schottischen Lieblinge namens Belle And Sebastian:

P.S.: Stuart Murdoch ist unter die Filmemacher gegangen. Einige Jahre lang hat er an seinem Independent-Streifen "God Help The Girl" gearbeitet. Der Film soll jetzt endlich heuer noch erscheinen.