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Susi Ondrušová

Preview / Review

22. 7. 2013 - 14:16

Colours Of Ostrava Festival

Ein Wochenende mit Sigur Ros, Woodkid, Damien Rice und anderen.

FM4 Festivalradio

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Die mährische Stadt Ostrava hat kein farbenprächtiges Image, aber Humor. Für die Staubwerte und Grautöne bekannt, nennt sich das Musik-Festival der Stadt einfach Colours Of Ostrava.

Austragungsort: Die Eisenwerke im Stadtteil Vítkovice. Diese imposante Industrie-Anlage, wird manchmal liebevoll „Hradcany“ genannt. In Anlehnung an die Prager Burg. Der Hochofen gehört zum Stadtbild von Ostrava wie die Burg zu Prag. In diesem stillgelegten Eisenwerk-Areal wurde früher Kohle gefördert, Roheisen erzeugt, Stahl veredelt, heute gibt es hier ein interaktives Museum und einmal im Jahr kommen 30.000 Musikfans um sich schöne Konzerte anzusehen. Wie das ausschaut? So:

Und hier eine Liste von acht schönen Sachen, die ich gelernt bzw rausgefunden habe:

1. Quiet ist noch immer the new loud.

Das Festival hatte einige Bands im Programm, die man sich auch in einem Konzertsaal anschauen sollte. Bands, denen man nicht wünscht, gegen eine laute, betrunkene Wand aus Menschen anzuspielen. Bei The XX hat man ja gewusst, was man bekommt. Das Trio versteht es, die Musik auf großen Openair-Bühnen mit der entsprechenden Lichtshow aufzupimpen. Bei einem wie Devendra Banhart war das schon anders. Ob er absichtlich so leise ins Mikro gehaucht hat ist nicht überliefert. Die Menschen sind dadurch jedenfalls näher zusammengerückt.

petr piechowicz

2. Klatschen

Wenn die angesetzte Beginnzeit einer Band gekommen ist und 5 Minuten später noch immer keine Band auf der Festivalbühne: fange an zu klatschen und zu kreischen. So wurde ungefähr jede Band hier auf die Bühne gelockt. Sehr begeisterungswürdig und ansteckend war das Publikum hier.

matyas theuer

3.Woodkid ist ein glückliches Kerlchen

Nie hätte er sich gedacht, dass sein Album „The Golden Age“ so aufgeht und es den Musiker/Regisseur in alle möglichen Ecken der Welt bringen wird: nach Polen, wo er herkommt oder nach Tschechien zum Colours Festival wo er der Headliner vom zweiten Festivaltag war. Sein Zugang zur Kunst: Wo etwas Unvorhersehbares passiert, entsteht Neugier. Und Kunst muss neugierig machen. Also: durchgeplante Mainstream-Hollywood-Filme bei denen man von Anfang bis zum Ende weiß, wer der Gute und wer der Böse ist? Nicht so der Knaller. Woodkids Welt aus Streichern, Drums, Beats, Visuals und seinem Gesang? Knaller.

Woodkid

Ivana Prokopa

4. Sigur Ros finden Festivals eigentlich scheiße

Solche, die bei ihnen trotzdem bleibenden Eindruck hinterlassen, bekommen Medaillen. Der Festivalchefin vom Colours of Ostrava hat es gefallen. Das Konzert hat mich jedenfalls mit den Isländern wieder versöhnt, vielleicht war es der gute Sichtplatz vorne links oder die Tatsache, dass mir die Band mit dem letzten Album so wurscht geworden ist, dass ich gar keine Meinung oder Emotion zu ihrem Auftritt haben wollte. Sie haben sich da jedenfalls wieder in mein Fanherz erspielt. Und das mit einem Set ohne die ganzen Hoppipoppoladings-Hits.

Sigur Ros

Matyas Theuer

5. Damien Rice hasst auch Festivals.

Noch so einer! Und warum? Weil's da so laut ist! Der irische Musiker ist ein seltener Vogel, nicht weil er in unseren Breitengraden sehr wenig tourt, sondern weil er bislang nur zwei Alben veröffentlicht hat. ZWEI! Auf dem Debüt „O“ von 2002 gibt es quasi keinen Song, der schlecht ist. Album Nummer Zwei heißt „9“ und ist auch nicht schlecht aber schon sieben Jahre alt. Und dann steht dieser Mann an der Gitarre im Hauptabendprogramm vor tausenden Menschen und die kleben ihm an den Lippen. Ich natürlich auch. „O“ ist schon wirklich eines dieser sehr guten Indie-Folk-Alben. Damien Rice befriedigt all die Drake, Dylan & Buckley-Sinne.

Damien Rice

Ivana Prokopa

Und so still und schüchtern der Mann während dem Konzert auch war, so unglaublich waren dann die letzten 15 Minuten als er einen Tisch auf den Bühnensteg hat holen lassen um die Geschichte vom Song „Cheers Darling“ nachzuerzählen. Dafür hat er eine junge Frau auf die Bühne geholt. Das alleine birgt normalerweise Gefahr für entweder #Aufschrei oder Fremdschämen für den Rest des Abends. Und war dem so? Nein. Natürlich nicht. Vielleicht das Konzert des Jahres. Schon auch ohne die Tisch-Aktion. Aber seht hier nach. You will not regret it. Und wenn doch dann ist euer Herz aus Stein.

6. The Knife klingen gut am Album

Und am Papier. Aber ihre theatralische Performance hat die Menge am Festival in zwei Lager gespaltet: Viel yeah und null yeah. Ich so: null yeah. Das was der Aufwärm-Aerobic-Meister mit seinem sportlichen Einheiz-Programm versprochen hat (Spannung!? Tanz?!) wurde nicht eingehalten. So super auch der Kollektiv-Gedanke bei The Knife ist auch das Verwirrspiel rund um wer eigentlich wer ist im Ensemble: Es war leider auch langweilig, noch nie hat „Licht aus&neues Instrumentensammelsurium auf die Bühne“ so sehr den Fluss einer Show gestört. Klar, ein Konzert durchchoreographieren ist nicht schlecht, aber irgendwie hätt's ein Abend vorm Fernseher auch gebracht.

7. Gratis Wlan ist auch super.

ondrusova

Hier im Bild My Jerusalem, die sich ihre FM4 Acoustic Session nochmal anschauen und anhören.

8. FM4 hat die besten HörerInnen.

Armbänder an Handgelenken

FM4 / Susi Ondrusova