Erstellt am: 12. 7. 2013 - 14:11 Uhr
Return of the Boom Bap
Krs One war in der Stadt. Und alle sind gekommen. Bereits kurz nach 20 Uhr waren die Tickets für eine der raren Europa-Live-Shows von Kris Parker aka Krs One aka "Knowledge Reigns Supreme Over Nearly Everybody" ausverkauft. Denn oft hat man nicht die Gelegenheit, den Blastmaster auf einer Bühne zu sehen. Das Hip Hop-Urgestein aus der South Bronx steigt in kein Flugzeug und reist zu allen Konzerten per Land- oder Wasserweg an. Dementsprechend lange ist es her, seit er das letzte Mal in Österreich war...1992 war das, um genau zu sein.
The MC & seine Familie
Der New Yorker Rapper verkörpert bei seinen Konzerten die Hip Hop-Kultur in all ihren Facetten. Das hat er im WUK eindrucksvoll gezeigt. Da werden DJs gewürdigt, wird Graffiti-Writern Respekt gezollt, werden Breakdance-Crews auf die Bühne geholt und Rap in seiner pursten Form zelebriert. One MC & One DJ. Die Ur-Form von Rap-Musik. Doch alles der Reihe nach.
Mittlerweile ist aus Krs One ein Familienunternehmen geworden. Der Sohn macht den DJ, die Tochter steht beim Merchandise-Stand und die Frau ist die Managerin.

Christof Moderbacher
Den offiziellen Soundcheck lässt Krs One ausfallen und integriert diesen als Opener-Segment in seine Show. Noch bevor er die Bühne betritt, spricht er aus dem Backstage-Bereich zum Publikum. Und klingt dabei wie auf Platte. Die kraftvolle, charakteristische Stimme des Rappers lässt gar nichts anderes zu, als gebannt auf die Bühne zu schauen um den Moment nicht zu verpassen, wenn Krs One den Raum betritt.
Mit einem Freestyle begrüßt er das euphorische Wiener Publikum und leitet sein etwas mehr als einstündiges Medley ein. Große Hits wie "MCs act like they don't know" oder "Sound of the police" werden erstaunlich bald gespielt und mit alten Songs aus der Boogie Down Productions-Zeit kombiniert.

Christof Moderbacher
Der selbsternannte Teacher wird seinem Namen gerecht, denn Krs One hat einen Bildungsauftrag wenn er auf der Bühne steht. Hip Hop-Geschichtsunterricht könnte nicht besser klingen. Kool Herc, Grandmaster Flash, Afrika Bambaataa, die Rock Steady Crew... niemand wird vergessen. Ein Medley widmet Krs One den "fallen soldiers", den verstorbenen Rap-Kollegen. Er fordert das Publikum auf, Strophen von Ol Dirty Bastard, Notorious B.I.G., etc mitzusingen und zollt so ehemaligen Weggefährten Respekt.
Back to the roots
Krs One hat jamaikanische Wurzeln, was im Laufe seiner Karriere immer wieder auf seinen Alben zu hören war. Reggae und Dancehall-Einflüsse ziehen sich durch seine gesamte Diskografie. So war auch ein kurzer Reggae-Block Teil der WUK-Show. Gewidmet allen Mexikanern, die von der amerikanischen Regierung via Hochsicherheitszaun ferngehalten werden. In seinem Text erinnert er daran, dass Kalifornien und Arizona eigentlich den Mexikanern gehören und es absurd ist, dass eine imperialistische Regierung zuerst Land wegnimmt um dann eine Mauer aufzubauen und Menschen "illegal" nennt.
"No human being is illegal, this is the earth. We are supposed to walk free on this planet. This is our planet."
Statements zu 9/11 und Kritik an der US-Regierung oder an weichgespülten Medien, die die Masse verblöden, haben Krs One in der Vergangenheit schon öfter in die Schlagzeilen gebracht. Der Rapper nutzt die Bühne um zu "predigen" und die Menschen zum Nachdenken zu animieren. Und die Leute im WUK danken es ihm mit Applaus und Euphorie. Goldketten und Statussymbole haben an diesem Abend Pause, hier spricht jemand, der etwas zu sagen hat.

Christof Moderbacher
Zum Ende der Show holt Krs One verschiedene Breakdance-Crews auf die Bühne, um danach ins Publikum zu steigen und dort mit jedem und jeder Fotos zu machen während er seine letzten Songs des Abends rappt. Etwas unfair ist sein Verhalten gegenüber der Tontechnikerin, die er gefühlt 100 mal dazu auffordert, den Monitor Sound lauter zu drehen und die er irgendwann frustriert beschimpft, weil sie angeblich keine Ahnung von Musik hätte. Vielleicht hätte er einfach doch zum Soundcheck kommen sollen.
Für mein Gefühl war die Show etwas zu früh und vor allem zu abrupt vorbei. Doch der Eindruck, den Krs One als "One Man-Army" auf der Bühne hinterlassen hat, ist ein bleibender.
Talent, Selbstsicherheit, eine einzigartige Stimme, Bühnenpräsenz, Verständlichkeit, smarte Texte, Kommunikation mit dem Publikum. Krs One ist die Allegorie des Wortes MC.