Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Christoph Strasser - Der Held auf dem Rad "

Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

19. 6. 2013 - 21:43

Christoph Strasser - Der Held auf dem Rad

In der neuen Rekordzeit von 7 Tagen und 22 Stunden 52 Sekunden durchquert der Grazer Amerika von der West- an die Ostküste und gewinnt klar das Race Across America.

Dienstag, 11. Juni 2013 13:07 Uhr, Strandpromenade in Oceanside Kalifornien. Christoph Strasser fährt als Vorletzter von der Startrampe. Über 4.800 km liegen vor ihm. Dazu gut 30.000 Höhenmeter und Temperaturunterschiede von bis zu 50 Grad. Das Teilnehmerfeld ist heuer besonders stark - die fünf besten Ultraradfahrer sind am Start. Sehr stark auch die österreichische Beteiligung. Sieben Österreicher wollen ihren Traum verwirklichen.

Die Strecke führt vom Pazifik zu einem Hochplateau auf gut 1.000 Metern vorbei an üppigen Orangenhainen und einer bezaubernden Landschaft. Die Temperatur steigt schnell auf 37 Grad. Diesen Streckenabschnitt kennt Christoph mittlerweile fast auswendig. Zu Trainingszwecken ist er ihn in den letzten Jahren mehrmals gefahren.

2009 nimmt er erstmals beim Race Across America teil. Damals endet das härteste Radrennen der Welt für ihn frühzeitig in der Intensivstation in einem Kaff in Kansas.

Zwei Jahre später stellt er sich der Herausforderung erneut. Und gewinnt.

Im Vorjahr muss er sich nach einem harten und langen Duell dem Schweizer Reto Schoch geschlagen geben.

Und heuer will er es noch einmal wissen.

christoph strasser auf dem rad

Lupi Spuma

Es sei einfach zu faszinierend, mailt er im Jänner. "Ein paar Mal darf man schon das Gleiche machen und mit Ehrgeiz versuchen sich zu verbessern. Ergebnisse sind ja nicht so wichtig, drum ist’s ja auch nicht so, dass man nach einem ersten Platz aufhören will."

Seit Herbst hat er sich vorbereitet. In acht Monaten etwa 25.000 km abgestrampelt. Nicht nur physisch habe er alles ausgereizt, vor allem psychisch sei er in bester Verfassung. Mental sei er in den letzten Jahren extrem gewachsen, erklärt Jürgen Pauritsch, einer seiner Betreuer.
Die Niederlage vom Vorjahr habe Strasser zu denken gegeben, heuer wolle er nichts dem Zufall überlassen.

christoph strasser aufm rad

lupi Spuma

Also ist er nicht beim Race Across Slowenia mitgefahren, sondern stattdessen in die USA geflogen, um den letzten Rennabschnitt in Ruhe zu trainieren. Denn diese letzten 1.500 km kennt er nur aus der Rennsituation. Einer extremen Situation am Rande des körperlichen Zusammenbruchs mit nahezu unerträglichem Schlafdefizit. Die Wahrnehmung längst getrübt, der Körper funktioniert wie eine Maschine - gesteuert vom Betreuerteam.
Und weil das Rennen häufig im letzten Abschnitt entschieden wird, trainiert Christoph diesen.

Fast scheint es, dass er sich auf dieses bekannte Gebiet besonders freut. Anders lässt sich nicht erklären, wie er dermaßen motiviert in dieser unglaublichen Geschwindigkeit radeln kann. Zurück zum Rennen.

Auch wenn er anfangs noch etwas verhalten fährt - ein Hitzeschlag hat ihn im Vorjahr viel Energie und folglich Zeit gekostet - so holt er schnell auf und dominiert ab Kilometer 240 das Race Across America. Christoph hat heuer neben seinem Straßenrennrad eine "Zeitfahrmaschine" dabei, ein aerodynamisches Triathlonrad, das ihm auf flachen Etappen bei Geschwindigkeiten über 35 km/h Vorteile bringt.

strasser auf dem rad in den usa

Lupi Spuma

Geschlafen hat Christoph erstmals nach 776 km. Gerade mal einen 10-minütigen Powernap gönnt er sich. Und das bei Temperaturen von 42 Grad.

Apropos Wetter - mit dem Regen haben alle Fahrer und Fahrerinnen gleich zu kämpfen. Immerhin gibt es heuer keine Sturmwarnungen - im Gegenteil, zeitweise sogar Rückenwind.

strasser im regen

Lupi Spuma

Dass ausgerechnet im Gebiet um die höchste Stelle der Strecke, dem 3.300 Meter hohen Wolf Creek Pass, Waldbrände die eh schon dünne Luft noch zusätzlich verschlechtern, ist einer der unvohersehbaren Umstände. Christoph fährt wie bereits in der Wüste mit Mundschutz.
Auch ein Sturz mit Schürfwunden steckt er locker weg.
Am letzten Abend sei er noch mal gestürzt, habe sich in der Früh die Schulter ausgekegelt, sei dann noch mal in den Straßengraben gefahren, aber ansonsten sei nichts Gravierendes passiert, resümiert der Teamarzt und Leiter des Betreuerteams, Rainer Hochgatterer.

Sechs bis sieben Stunden hat Christoph in Summe geschlafen - aufgeteilt auf vier lange (60 bis 70 Minuten) und vier kurze (max. 20 Minuten) Schlafpausen. Die Motivation sei heuer kein Problem gewesen, erklärt Hochgatterer. "Wenn der Rennverlauf für den Sportler spricht, dann tut man sich mit der Motivation viel leichter. Dann rollt das Ganze." Rollen im wahrsten Sinne des Wortes.

Auch mental ist Christoph bis zum Schluss in einer großartigen Verfassung. Auf blöde Schmähs reagiert er mit noch blöderen Antworten und "Kopfrechnen kann er momentan immer noch besser wie ich," meint Hochgatterer trocken.

Neben dieser starken mentalen Leistung von Christoph sieht Hochgatterer das Erfolgsgeheimnis hinter dieser unglaublichen Leistung in der äußerst genauen Planung und in einer enorm effizienten Arbeit des Betreuerteams - sie hätten die Boxenstopps wie in der Formel Eins geübt und um Sekunden gekämpft.

Die wichtigste Aufgabe des Betreuerteams ist aber die Motivation des Fahrers und des Teams. Damit steht und fällt jeder Erfolg. Im Team von Christoph Strasser scheint alles bestens zusammengepasst zu haben.

Herzliche Gratulation allen!

Impressionen vom RAAM 2013

Neben Christoph Strasser fahren auch noch sechs andere Österreicher mit: David Misch und Eduard Fuchs und Gerald Bauer sind derzeit unter den besten Zehn. Franz Preihs hat auch noch Chancen darauf. Franz Wintersberger führt bei den Senioren.
Gerhard Gulewicz musste vorzeitig aufgeben.