Erstellt am: 9. 6. 2013 - 16:55 Uhr
Fidlar = Yolo
Fidlar sind schuld daran, dass meine Hosentaschen-Disko kaputt gegangen ist. Ihre räudige Energie hat meinen MP3-Player außer Gefecht gesetzt. Fidlar schaufeln dreckigen Sand ins Getriebe und geben ordentlich eins aufs Brett. Sei es das Surfbrett oder das Skateboard.
Das junge Quartett aus Los Angeles komprimiert in seinen ratzfatz kurzen und druckvollen Songs den Punkrock ihrer Heimatstadt. Punk liegt zwei Bandmitgliedern sogar im Blut, denn der Vater der Brüder Elvis und Max Kuehn spielt bei der Hardcore Punkband TSOL, The Sound Of Liberty. Neben Einflüssen aus der seriösen Punk-Historie aus Papas Plattensammlung verarbeiten Fidlar auch den Fun-Punk ihrer Jugend: Green Day, Blink 182, NofX und The Offspring.
"I. Drink. Cheap. Beer. So. What. Fuck. You!" könnte eventuell die Festival-Hymne der Saison werden.
Hedonismus pur
Fidlars gleichnamiges Debüt-Album dauert keine 40 Minuten. Es ist rohe Energie, Spaß und Verzweiflung. Fidlar sind jung und ungestüm, alles ist ihnen egal: das Pleitesein, das Betrunkensein. Auf ihren Exzess sind sie stolz. Kein Wunder, dass der auch ausgiebig in ihren Texten thematisiert wird: es geht um Drogen, vorzugsweise billiges Bier, billiges Gras, billiges Koks und "Shitty Pills", das verlorene Handy, das kaputte Auto und die Ex-Freundin, die einen beschissen hat. Und natürlich geht's auch ums Skaten und Surfen, wie z.B. in "Max can't surf":
Der Bandname "Fidlar" ist ein weit verbreitetes Akronym in der Skate-Szene von L.A., das mittlerweile auch als Party-Terminus verwendet wird. Fidlar bedeutet "Fuck It Dog, Life's A Risk" und ist gemessen am Scheiss-drauf-Spirit mit dem "deutschen Jugendwort 2012" Yolo, "You only
live once" zu vergleichen. Wenn es nach Sänger Zac Carper gegangen wäre, hätte die Band auch nach Patti Smiths "Fuck the Clock"-T-Shirt benannt werden können. Dass die Vier nichts mit der Uhr und konventionellen Arbeitszeiten am Hut haben, beweisen sie in Songs wie "Five to Nine".
Punk-Frühschoppen am Nova Rock
Fidlar eröffnen am Sonntag, den 16. Juni um 12:15 die Hauptbühne. Mehr Infos hier.
Apropos Arbeit: Zac Carper und Elvis Kuehn haben sich in dem Studio kennengelernt, in dem Carper gearbeitet und auch geschlafen hat. Der Chef wusste zwar nichts davon, aber hey, er war jung und brauchte den Platz. Elvis Kuehn hat dort an ein paar Hip-Hop-Nummern gebastelt und nach den Aufnahmen haben die beiden zusammen gejammt. Weil es sich so gut angefühlt hat, wurde kurzerhand eine Band gegründet. Dass das musikalische Ergebnis der Vier Garagen-Punk und doch nicht Hip-Hop ist, ist reiner Zufall. Aber vielleicht kommen sie ja nochmal darauf zurück.
Das Intro im obenstehenden Video kommt übrigens von einem Crystal-Meth-Präventions-Clip mit Henry Rollins. Mit seiner Band Black Flag werden Fidlar auch oft verglichen, doch Fidlar verbreiten weit mehr Spaß, als Black Flag das je wollten.
Fidlar sind sich ihrer Referenzen klar bewusst. Deshalb muss es auch kein Zufall sein, wenn sie einen Song "No Waves" nennen, denn Ähnlichkeiten mit den Wavves sind nicht von der Hand zu weisen.
Ihr Skate-Punk und Sixties-Surf klingt zwar dreckig, dennoch ist ihr Debüt-Album keine billige Punk-Platte. Die Produktion ist auf hohem Niveau und die dahingerotzen Songs sind explosiv und hoch melodiös. Nachdem man ihr Album durchgehört hat, fühlt man sich ähnlich zugedröhnt, wie wenn man all die Substanzen genommen hätte, die sie besingen. Diese gute halbe Stunde Krach hat etwas kathartisches, ansteckend fröhliches.