Erstellt am: 6. 4. 2013 - 17:18 Uhr
In einem Eiswürfel, der schmilzt
FM4 und Red Bull Music Academy: Durch die Nacht
Mit einer Gondel zu einer Party in einem Iglu zu fahren ist schon was Besonderes, zumindest für Nicht-Après-Ski-Geeichte, Polarkreis-Unerfahrene wie mich. Der Cloud 9-Iglu befindet sich auf 2000 Metern Seehöhe, inmitten einer verschneiten und eiskalten Nebelsuppe. Die Motivation des Publikums kann das aber nicht trüben. Vor dem Iglu gibt’s ein wärmendes Lagerfeuer, drinnen wartet der Welcome-Shot. Wie baut man eigentlich so einen riesigen Iglu mit drei Räumen, in den fast 500 Leute passen? Kindheitserinnerungen an kläglich gescheiterte Iglu-Eigenbau-Versuche werden wach.

Thomas Steinlechner

Thomas Steinlechner
Um zehn Uhr ist die Schneehütte fast voll, Sebastian Schlachter übergibt nach einem tiefgefrorenen Techno- und Electro-Set an den Innsbrucker Resident-DJ Precious K, der mit pumpendem und deepem House das Gefrierfach, in dem der eigene Atem zur Nebelmaschine wird, in eine Tropfsteinhöhle verwandelt. Gut, dass das DJ-Pult mit einer Plane überdacht ist, somit bleiben die CD- und Plattenspieler vor dem Schmelzwasser verschont, das dem restlichen Publikum auf Haube und Haare tropft. Es ist wie in einem Eiswürfel, der von innen schmilzt, denn die immung beginnt regelrecht zu kochen. Auf einmal ist man froh, dass es im April noch Minusgrade hat, weil die Angst auftaucht, dass diese Eiskonstruktion der Thermodynamik im Inneren nachgeben könnte. Es wird heftig getanzt, geflirtet, getrunken und gelacht. Was für ein entzückendes und freundliches Publikum!

Thomas Steinlechner
Die Musik wabert durch die Eishallen und wird auch draußen in voller Lautstärke übertragen. Anrainer-Probleme gibt es hier oben keine!
Dann kommt Nina Kraviz. Die Deep-House-Doyenne ist frostige Temperaturen gewöhnt, immerhin kommt sie aus Sibirien. Sie wird überschwänglich vom Publikum begrüßt, die Leute rufen ihren Namen und russische Allgemeingut-Formeln wie Sdráßtwuj und Na sdorowje! Das Mädchen neben mir sagt zu ihren Freundinnen, dass sie auch DJ werden will. Vorbildwirkung erfüllt!

Thomas Steinlechner
Nina Kraviz freut sich natürlich über so viel liebevollen Zuspruch und gibt diese Zuneigung zurück. Sie startet ihr Set relativ technoid und schnell und wechselt dann auf den von ihr favorisierten Acid-House. Endlich Acid, da geht mir das Herz auf wie anderen bei einem Kinderlachen! Und ich bin nicht alleine: das Publikum zuckt aus und beginnt zu schreien. Eine Blondine trägt einen gestrickten Pulli mit Smiley. Wie passend!

Thomas Steinlechner
Fotos: Thomas Steinlechner
Von Mitternacht bis Zwei Uhr morgens feiert Nina Kraviz mit dem Publikum, dann muss Schluss sein, denn die letzte Gondel fährt um halb drei und hat nur ein Fassungsvermögen von 95 Personen. Aber das Publikum gibt nicht auf und bettelt um Zugaben, die es natürlich auch bekommt. Nina Kraviz zückt die Trümpfe aus der Dance-Mania-Abteilung und macht alle glücklich! Dann fährt sie mit ihren neuen Freunden in der letzten Gondel talwärts, um am nächsten Morgen zurückzukommen. Aber nicht zum Auflegen, sondern zum Schifahren! Am Abend geht’s dann nach Barcelona. DJ-Jet-Set-Leben halt.

Thomas Steinlechner
Und weiter
Die Party mit ihr war spitze und ich bin gespannt, wie es heute durch die Nacht geht: In der Linzer Stadtwerkstatt mit Floating Points, Trishes und Abby Lee Tee und im Sakog in Trimmelkam mit James Holden, Patrick Pulsinger und Felix the Houserat. Details dazu hier