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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

13. 3. 2013 - 17:56

Die Vertrauensfrage

Die Bemühungen um ein einheitliches Jugendschutzgesetz sind so weit wie nie zuvor. Warum wehren sich immer noch einige dagegen?

In der Steiermark darf man mit 15 Jahren bis 23 Uhr ausgehen. In Niederösterreich aber bis 1 Uhr Nachts. In Kärnten dürfen 17-Jährige keine gebrannten alkoholischen Getränke kaufen und in der Öffentlichkeit konsumieren. Sie dürfen auch die Grenze von 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration nicht überschreiten. In Wien kann man im gleichen Alter trinken, was und so viel man will.

Für Jugendliche ist es eine Herausforderung, überall zu wissen, wann man wo nicht mehr alleine unterwegs sein oder trinken darf. Ganz abgesehen davon, dass diese unterschiedliche Gesetzgebung die deutliche Sprache der Willkür spricht.

Vereinheitlichen!

Schuld daran ist die österreichische Spielart des Föderalismus: Die Bundesländer haben in einigen Bereichen - bei Baurecht, im Naturschutz oder eben beim Jugendschutz – das Recht auf alleinige Gesetzgebung. Jedes Recht, das wegfällt, schwächt die Gestaltungsmacht der Bundesländer und das gefällt Landesregierungen tendenziell gar nicht. Dazu kommt die unterschiedliche Auffassung, welche Erziehungsaufgaben die Politik wahrnehmen soll. Dass das hier aber Vorstellung und Wirklichkeit auseinanderdriften ist eine Sache.

Eine andere: das für viele Bereiche die Altersgrenzen in den vergangenen Jahren gesenkt wurden. So darf man mit 16 Jahren wählen gehen, allerdings ist man für manche Landegesetzgeber nicht reif genug zu wissen, wann man genug getrunken hat. Für das Vertrauen darf man sich bedanken.

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Ein Kompromissvorschlag

Die Bundesjugendvertretung hat sich in den vergangenen Jahren der Sache angenommen und einen Vorschlag für eine einheitliche Regelung gemacht. Vergangenes Jahr konnten sich sieben Bundesländer schließlich bei einem Jugendschutzgipfel in Graz auf ein Memorandum einigen, das an diesen Positionen sehr nahe dran ist: Bis 14 Jahre darf man künftig bis 23 Uhr ausgehen, bis 16 liegt die Grenze bei ein Uhr Nachts, für alle Älteren gibt es keine Beschränkungen mehr. Alkohol ist ab 16 Jahren in jeder Form und Menge erlaubt.

Nur Tirol und Vorarlberg ist dieser Kompromiss zu liberal. Und der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl ist auch unzufrieden. Er hat eine Petition dagegen gestartet und bringt seine Position gegenüber ORF-Steiermark auf den Punkt: "Sie können heute mit den Lehrern reden, mit Polizisten reden, mit Sozialarbeitern. Ich finde, wo immer ich hinkomme, kaum Verständnis für diese Regelung, und so hoffe ich, dass der Herr Landeshauptmann auch eingreifen wird."

Und was bei der Debatte von den Vertretern der Politik ebenfalls gerne vergessen wird: der gemeinsame Vorschlag ist nur ein Rahmen. Dieser mag zwar den Jugendlichen in den meisten Bundesländern mehr Rechte gegenüber dem Staat geben. Allerdings haben die Erziehungsberechtigten trotzdem immer noch das letzte Wort.

Update (15.März 2013)

So schnell kann's gehen: Seit Jänner ist Michael Schickhofer von der SPÖ neuer Jugendlandesrat in der Steiermark, schon beugt er sich dem Druck, den die Petition des Grazer Bürgermeisters aufgebaut hat. Offiziell war eine Empfehlung der Landespolizeidirektion ausschlaggebend, letztlich ist der Grund aber wurscht und gestern hat er die Umsetzung des einheitlichen Jugendschutzgesetzes abgesagt.

Kaum eine Stunde nach dieser Bekanntgabe sehen sich auch Oberösterreich und das Burgenland nicht mehr an die Vereinbarung gebunden. „Indem der Initiator selbst aussteigt, ist das Abkommen für das Burgenland nichtig.“ sagt die dortige Landesrätin Verena Dunst (SPÖ) und verweist auf die funktionierende gemeinsame Regelung mit Wien und Niederösterreich. Salzburg will daraufhin auch erst einmal abwarten, wie sich die Sache entwickelt.

Es bleibt also wieder einmal alles beim Alten und das augenscheinlich nur, weil einige PolitikerInnen entweder nicht verstanden haben oder der Öffentlichkeit nicht vermitteln können, dass Eltern ihren 14jährigen Kindern jederzeit verbieten könnten, bis ein Uhr Nachts auszubleiben.