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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

15. 2. 2013 - 14:00

Erfahrungen mit "Smart Meters" in Österreich

Heute endet die Meldefrist für den Wiener Pilotversuch mit "schlauen Stromzählern". In Ferlach (Kärnten) und in Feldkirch (Vorarlberg) hat man bereits langjährige Erfahrungen damit.

In Wien geht heute die Anmeldefrist für das Pilotprojekt mit intelligenten Stromzählern zu Ende. Ab Mai werden bei mehreren tausend Haushalten im Versorgungsbereich von Wien Energie die analogen, schwarzen Ferraris-Zähler durch elektronische Geräte ersetzt.

Wechselstrohmzähler

CC

Die alten Stromzähler

In Ferlach (Kärnten) und in Feldkirch (Vorarlberg) verfügen die Stromversorger bereits über mehrere Jahre Erfahrung mit vernetzten, intelligenten Zählern. Dafür müssen neuartige Kommunikationsnetze eingezogen werden, die einigermaßen komplex sind, weil krass unterschiedliche Funk- und Netztechnologien, Protokolle und existierende Netze zusammenspielen müssen.

Das trifft auf alle drei erwähnten Pilotversuche zu, auch wenn Dimension und Vorgangsweisen, Hardware, Funktechniken, Management, Prozessabläufe etc. teilweise bis stark differieren.

Komplexe Abläufe

In Ferlach war bereits 2009 entlang der entsprechenden EU-Richtlinie und der später erfolgten Verordnung des österreichischen Regulators E-Control ein Pilotprojekt mit nur 360 Haushalten in Angriff genommen worden.

"Dafür haben wir aber aber die gesamten Prozesse bis hin zur Kundenabrechnung minutiös durchgespielt und tun das weiterhin täglich" sagte Projektleiter Gerald Obernosterer, "die rein technischen Abläufe sind ja nur ein Teil des Projekts. Die dahinter nötigen Prozesse im Unternehmen von der Netzwerküberwachung bis hin zur Kundenbetreuung sind ebenfalls recht komplex." Vom Organisatorischen her sei nämlich weitaus mehr zu tun gewesen, als bei Projektstart angenommen worden war.

Die eingesetzte Technik

Vom Technischen her wurden bei der KELAG-Tochter Kärnten Netz an 11 Trafostationen jeweils zwischen 30 und 50 Prozent der Abnehmer auf die neuen elektronischen Zähler umgestellt.

Die Tagesdatensätze mit den viertelstündlich aufgezeichneten Werten werden dabei jede Nacht ab ein Uhr aus den Haushalten übertragen. Dieser Vorgang, sagt Obernosterer, sei zumeist bis etwa vier Uhr morgens abgeschlossen.

Ein Mesh-Netzwerk

Der technischen Komplexität und den damit verbundenen Unwägbarkeiten trägt die betreffende EU-Richtlinie zu Smart Metering insofern Rechnung, weil sie eine "wenn, dann"-Bestimmung enthält. Wenn die vorgeschriebenen Pilotversuche erfolgreich seien, dann seien bis 2018 80 Prozent der Haushalte mit "Smart Meters" zu versorgen, heißt es in der Richtlinie. Beim Regulator E-Control geht man offenbar davon aus, dass der flächendeckende Einsatz schon funktionieren wird und hat eine "Muss"-Verordnung daraus gemacht.

Da alle Zähler im Bereich einer Trafostation ein und dieselbe Leitung zur Übertragung nutzen, müssen die Daten nacheinander abgerufen werden.

Intelligenter Stromzähler

CC

Die neuen Stromzähler

Dazu kommt, dass die Zähler auch untereinander funken müssen, sie bilden nämlich ein sogenanntes "Mesh"-Netzwerk, man sie etwa von WLAN-Mesh-Netzen kennt. Die einzelnen Knoten sind untereinander vermascht und funktionieren sozusagen als Relaissationen.

Das ist notwendig. damit auch jene Anschlüsse, die am weitesten von der Trafostation entfernt sind, ihre Daten bis dorthin durchbringen.

Sinuswellen, Antennen wider Willen

Die schwachen Signale der kleinen Langwellensender in den Stromzählern müssen sich über mächtige Wellenberge - eine 50 Hertz Sinusschwingung, die alle 20 Millisekunden ihre Phase umdreht - bis zum Langwellenempfänger im Trafohäuschen durchkämpfen.

Diese digitalen, verschlüsselten Signale gehen jedoch über ein Netz, das nicht für die Funkübertragung von Daten gebaut ist. Ein nicht geerdeter, unabgeschirmter Draht, auf den elektromagnetische Schwingungen aufgebracht werden, nennt sich "Antenne" und als solche wirkt das Stromnetz auch.

Langwellige Signale

Es wird über die Leitungen, wenn auch relativ schwach abgestrahlt, leider empfängt diese "Stromantenne" in dem Fall aber auch Störungen aller Art. "Bei einer ländlichen Struktur wie in Ferlach und entsprechend vielen Freileitungen fängt man sich natürlich auch die enstprechenden Störungen ein" sagt Obernosterer.

Ein frei aufgespannter Draht von mehreren hundert Metern Länge wie bei Freilandstromleitungen ist nachgerade gerade ideal, um Langwellensignale aufzufangen. Die mächtigen Sinuswellen des Stroms rollen unbeeindruckt weiter, die mitreisenden, digitalen Datenpaketchen aber werden durch die Einstrahlung unlesbar.

Feldkirch, unterirdisch

Dieses Problem hat man in Feldkirch wiederum kaum. "Mit unserer städtischen Struktur sind wir gegenüber dem ländlichen Raum natürlich im Vorteil", sagte der für das Stromnnetz der Stadt zuständige Energiemanager Hans-Jörg Mathis zu ORF.at. Da von 600 Kilometern Stromkabel rund 98 Prozent bereits unterirdisch verlegt seien, halte sich dieser "Antenneneffekt" in sehr engen Grenzen.

Derzeit seien es weniger als ein Prozent der Zähler, an denen in Feldkirch solche Übertragungsprobleme aufträten. Das sei in der Regel dann, wenn im Einzugsbereich einer Trafostation noch zuwenige oder keine neuen Zähler in physischer Nähe derselben angeschlossen seien.

Das für den ländlichen Raum typische Verteilernetz für Niederspannung von Ferlach und das kleinstädtisch-urbane Netz in Feldkirch im Vergleich.

Die eingesetzte Hardware

In Feldkirch wird dieselbe Langwellentechnik wie in Ferlach verwendet, aber sonst sind sowohl die eingesetzte Hardware wie auch Vorgangsweise, die Abläufe und vor allem die Dimensionen der Installation ziemlich anders.

Während in Ferlach die einzigen damals in Österreich bereits zertifizierten Smart-Meter von Siemens kombiniert mit einem Übertragungssystem von Alcatel eingesetzt werden, sind es in Feldkirch Zähler der US-Firma Echelon, implementiert werden sie von Kapsch Energy.

Die Motive in Vorarlberg

Auch sind die Ansätze beider Projekte völlig verschieden. In Ferlach wurde ein sehr früh begonnener Test eines Systems für 300.000 mögliche Anschlüsse in einem für Kärnten typischen ländlichen Bereich an 360 Anschlüssen durchgeführt.

Wie Feldkirch setzt auch Wien auf von Kapsch Energy gelieferte Zähler. Wie zu erfahren war, wird in Wien ein System von Siemens zur Übertragung der Daten vom Trafohäuschen bis zur IT der Wiener Stadtwerke zum Einsatz kommen.

In Feldkirch wurde ein bereits fast vollständig unter die Erde gelegtes Netz zu einem passenden Zeitpunkt umgestellt. "56 Prozent unserer alten Ferraris-Zähler waren gleichzeitig eichpflichtig", sagte Mathis zu ORF.at, deshalb habe man gleich auf eine Umstellung gesetzt.

10.000 Anschlüsse, noch mehr Funk

Dem kam entgegen, dass zu diesem Zeitpunkt mit den Echelon-Geräten ein zweiter Zählertyp das Zertifikat zum Einsatz in den österreichischen Stromnetzen erhalten hatte. Etwa 10.000 von insgesamt 18.000 Feldkircher Anschlüssen sind bereits umgestellt, die von Konzentratoren in den Trafohäuschen gesammelten Datensätze werden dort direkt ins Glasfasernetz des Stromversorgers geleitet.

Die Verhältnisse im Wiener Stromnetz wiederum lassen sich insgesamt mit keinem der beiden anderen Projekte direkt vergleichen. Von der schieren Dimension ganz abgesehen, sind da auf engstem Raum vier Kraftwerke, eine schwer überschaubare Zahl von Umspannwerken, Schaltzentralen und weitere Großverbrauchernetze wie jenes der U-Bahn usw. angeschlossen. Wie sich all das auf die Datenübertragung mit Langwellenfunk auswirkt, lässt sich von niemandem seriös vorraussagen.

Wo dies noch nicht möglich ist wird GPRS, also das Handynetz benutzt, beim Kärtner Pilotversuch wurde zusätzlich noch ein drittes, proprietäres Funksystem von Alcatel getestet.

Wohin die Datensätze gehen

Wie in der Verordnung der E-Control vorgesehen, werden die Datensätze des Verbrauchs den Kunden anderntags im Netz zur Verfügung gestellt. In Ferlach wie in Feldkirch wird betont, dass dabei keineswegs die gesammelten Daten in eine Datenbankanwendung im Netz geladen werden.

Vielmehr wird der gesamte Datensatz eines Anschlusses nur für jene Kunden, die sich dafür online angemeldet haben, in eine Webapplikation gespielt, betonen beide Netzmanager. Einen Ansturm auf diese alle Viertelstunde erhobenen Daten gibt es in beiden Bundesländern dabei nicht, das Kundeninteresse bewegt sich im einstelligen Prozentbereich.

Offene Frage Skalierung

Das entspricht den bekannten Umfragewerten bei Stromkunden quer durch Österreich, auch in Wien ist also nicht viel anderes zu erwarten. Weitgehend unbekannt und auch nicht getestet ist bei allen Projekten allerdings noch ein Faktor, der in der vernetzten Welt das Wohl und Wehe jeder Netzarchitektur bestimmt: Die Skalierungsfähigkeit.

Nach dem heutigen Wissens- und Erfahrungsstand lässt sich schlichtweg nicht voraussagen, was passiert, wenn statt weniger tausend Anschlüsse eine halbe Million oder mehr solcher "intelligenter" Zählgeräte Daten in ein- und dasselbe Stromnetz senden.

Dieser und weiteren offenen Fragen, wie Manipulations- und Datensicherheit wird daher in Folge nachgegangen werden.