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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

14. 11. 2012 - 19:08

Bock auf Bleiben

Die Benefiz-Veranstaltungen "Bock auf Kultur" sammeln wieder Geld für Ute Bocks Flüchtlingsprojekt. Zum Beispiel für das Wohnheim in der Zohmanngasse in Favoriten. Ein Lokalaugenschein.

Es ist kalt, nieselt und im Grätzl rund um die Zohmanngasse 28, wo sich das Ute Bock Flüchtlingsprojekt befindet, ist um sechs Uhr abends nicht viel los. Im Mai ist Frau Bock mit ihrer Beratungseinrichtung vom zweiten in den zehnten Bezirk in Wien übersiedelt, begleitet von massiven Anrainerprotesten, die sich um die Sicherheit in Favoriten Sorgen gemacht haben. Ein halbes Jahr ist seither vergangen und ich höre mich um, ob sich die Bedenken gegenüber den neuen Nachbarn gelegt haben.

Ute Bock - Lokalaugenschein

Die Lage ist mittlerweile entspannt. Regelmäßig organisiert das Team von Frau Bock Anrainertreffen, wo Lautstärkenbeschwerden, der nichterwünschte Aufenthalt der Flüchtlinge im Hof des benachbarten Gemeindebaus und ähnliches thematisiert werden.

Schon einmal war das Flüchtlingsprojekt von Frau Bock in der Zohmanngasse 28 zu Hause, doch nach der berüchtigten Operation Spring Ende der Neunziger Jahre wurde das Heim geschlossen.

Daniela Derntl

Zohmanngasse 28

Grundsätzlich war das Haus für 72 alleinstehende Männer geplant. Zwei Zimmer wurden für Notschlafstellen eingerichtet, in denen allerdings jetzt Familien aus Tschetschenien oder alleinstehende Mütter mit ihren Kindern wohnen.

Wenn man das vierstöckige, orange Gebäude betritt, fallen einem als erstes die grünen Plastikkisten voller Brotlaibe und Gemüse am Boden auf. Das sind private Lebensmittelspenden oder milde Gaben der Wiener Tafel, erklärt mir der Hausbetreuer Christian Penz, der seit der Eröffnung im Mai hier arbeitet. Er ist einer der Ansprechpartner der Bewohner, zahlt ihnen das Essensgeld aus und organisiert Deutschkurse.

Christian führt mich durch das Haus und erzählt mir von seinem Arbeitsalltag:

"Vor 10 Minuten war eine Familie aus Tschetschenien bei mir, die den zweiten Asylbescheid rechtskräftig negativ erhalten hat,. Da liegt also eine Ausweisung vor. Die können wir noch zur Caritas schicken, denn die bieten Rückkehrberatung an, wo sie unterstützt werden, wenn sie freiwillig zurückkehren wollen. Oder sie tauchen unter in die Illegalität."

Der rechtliche Status der Bewohner, die aus 30 verschiedenen Nationen stammen, ist unterschiedlich. Hier leben subsidär schutzberechtigte, anerkannte Flüchtlinge, sogenannte Konventionsflüchtlinge und Asylwerber, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden oder schon in zweiter Instanz rechtskräftig abgelehnt worden sind.

Daniela Derntl

Flugzeugtechniker Haile aus Äthiopien

Einen der Konventionsflüchtlinge treffe ich im Stiegenhaus. Es ist Haile, ein Flugzeugtechniker aus Äthiopien, der seit zwei Jahren in Österreich lebt. Ihm geht’s besser als dem Großteil der Bewohner hier, denn er hat als Konventionsflüchtling Zugang zum Arbeitsmarkt. Dennoch war es für ihn nicht einfach, einen Arbeitsplatz zu finden, denn all seine Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse befinden sich in seinem Heimatland, in dass er als politischer Flüchtling nicht mehr zurückkehren kann. Jetzt arbeitet er als Flugzeugtechniker bei einer österreichischen Fluglinie, allerdings in einer weit niedrigeren Position als in Äthiopien. Haile könnte sich dank seines Jobs durchaus die Miete für eine Wohnung leisten, aber ihm fehlt das Geld für die Kaution und Provision. Deshalb wohnt er bei Frau Bock.

Daniela Derntl

Diese Danksagungen hängen im Stiegenhaus des Flüchtlingswohnheims

Während wir im Stiegenhaus tratschen, toben ein paar Kinder umher. Insgesamt wohnen zehn Kinder in der Zohmanngasse und mit einer Mutter komme ich ins Gespräch. Natascha ist mit ihrem Sohn, ihrem Mann und ihrer Schwägerin aus der Ukraine geflohen, denn ihr Mann wurde politisch verfolgt. Seit zwei Monaten ist die Familie in Österreich. Zuerst waren sie im Auffanglager in Traiskirchen, dann in einer Pension in Oberösterreich. Doch dort wollten sie nicht bleiben:

„We are four Members of the Family, for just one room. They give us just one time in the Morning to eat, no money and no good medical help. My husbands sister has a lot of problems. She has diabetis, is only 26 years old and now she can´t see anymore. Because of her diabetis, she got blind.”

Weil Natascha und ihre Familie nach Wien übersiedelt sind, fallen sie nun aus der Grundversorgung raus. Denn die bekommt man nur, wenn man in dem zugewiesenen Bundesland bleibt. Das bedeutet, dass die Familie keine Krankenversicherung hat. Jetzt kommt Frau Bock für die ärztliche Behandlung von Nataschas diabetiskranker und blinder Schwägerin im Krankenhaus auf. Ich frage Hausbetreuer Christian, woher Frau Bock das Geld dafür nimmt?

„Das Haus ist fast ausschließlich von privaten Spenden organisiert. Im Tätigkeitsbericht kann man nachlesen, dass 5-10% der gesamten Ausgaben vom Fonds Soziales Wien finanziert werden. Das sind drei dreißig Stundenstellen im Haus. Der Rest, die gesamten Wohnungskosten und dergleichen werden von privaten Spenden finanziert.“

Private Spenden sind gefragt!

Möglich ist das hier oder bei einer der zahlreichen Bock auf Kultur-Benefizveranstaltungen.